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16MnCr5/16MnCrS5 einsatzgehärtet schlecht schleifbar, Fälle in denen sich der Werkstoff fast nicht schleifen lässt

Beitrag 21.10.2016, 16:34 Uhr
Machine_Head
Machine_Head
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Mitglied
Mitglied seit: 05.12.2011
Beiträge: 4

Hallo an euch alle, die ihr diesen Eintrag lest,

wir verarbeiten u. a. sehr viel 16MnCr5/16MnCrS5 (EC80) zu Präzisionsteilen mit unterschiedlichsten Abmessungen und Geometrien. Der Schwerpunkt liegt bei rotationssymmetrischen Basisstrukturen. Das sind typischerweise Einzelteile bzw. Lose mit sehr kleinen Stückzahlen. So gut wie ausnahmslos werden die Teile einsatzgehärtet und (rund-)geschliffen.

Unregelmäßig, selten aber bereits über viele Jahre immer wieder auftretend haben wir die Erscheinung, dass Teile offensichtlich Strukturen haben, die den Werkstoff wesentlich resistenter gegen Abrasion werden lassen, als es der Werkstoff normalerweise ist. Die Rockwellhärte entspricht dabei aber dem geforderten üblichen Wert. In der Praxis bereitet es uns erhebliche Schwierigkeiten, diese Teile zu schleifen. Die Schleifbarkeit ist in diesen Fällen mit der von 1.2379 (X153CrMoV12) o. ä. vergleichbar. Diejenigen unter Euch, die sich damit beschäftigen (dürfen/müssen) wissen, dass das nicht wirklich gut geht.

Kennt jemand diese Erscheinung auch? Könnt ihr mir vielleicht sogar die Ursache für diese Erscheinung nennen?

Mit unseren Härtereien und Materiallieferanten haben wir bereits mehrfach über die Problematik gesprochen. Die Erscheinung scheint jedoch allgemein unbekannt zu sein. Erklärungen dafür gibt es deshalb auch nicht.

Betroffen sind eigentlich immer für uns große und komplexe Teile (260 < Ø < 320). Wir haben oft nur eines davon. In dem steckt dann auch eine erhebliche Wertschöpfung. Das, und der zum Zeitpunkt des Schleifens meist gefährlich nahe Liefertermin, haben uns bis jetzt davon abgehalten, Gefügeuntersuchungen an den betroffenen Teilen durchführen zu lassen.

Mit Spannung erwarte ich eure Erfahrungen oder Meinungen dazu.
Danke im Voraus.
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Beitrag 21.10.2016, 18:43 Uhr
Schleifgott
Schleifgott
Level 3 = Community-Techniker
***
Gruppe: Mitglied
Mitglied seit: 17.05.2015
Beiträge: 153

Hallo,
im Grunde ist mehr oder weniger alles zu schleifen.
Wichtig ist erstmal zu wissen, mit welchen Technologien ihr vorgegangen seit.
Folgende Angaben wären erstmal interessant:
1. Wie sind die Maschinen ausgelegt (konventionell oder CNC gesteuert)?
2. Welches Schleifmittel ( Korund; Siliziumcarbid usw.) bzw. wessen Schleifscheibenhersteller verwendet ihr?
3. Welche Korngröße haben die verwendeten Schleifscheiben?
4. Welche Schnittwerte (Schnittgeschwindigkeit der Schleifscheibe, Rotationsgeschwindigkeit vom Werkstück) verwendet ihr?
5. Wie werden die Schleifscheiben abgerichtet?
6. Wie ist die Konzentration der Emulsion?
7. Wie ist die Strategie des Rundschleifens (Oszillierend, pendelschleifend, einstechschleifend usw.)
8. Welche Oberflächenbeschaffenheit wird gefordert?
9. Wie sieht es mit Schleifrissen aus? Schon mal geprüft?
10. Treten während des Schleifprozesses Schwingungen auf?
Sorry für die vielen Fragen. Aber sinnvoll einen Ratschlag zu geben fehlen solche Angaben.
Gruß SG
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Beitrag 22.10.2016, 01:29 Uhr
zahnstange
zahnstange
Level 6 = Community-Doktor
******
Gruppe: Mitglied
Mitglied seit: 08.03.2006
Beiträge: 887

Hallo,

16MnCr5 gehärtet lässt sich mit der richtigen Schleifscheibe und ausreichender Kühlung eigentlich sehr gut schleifen. Aus meiner Erfahrung ist der
einzige Knackpunkt dabei die verzunderte Oberfläche nach dem Härten. Hierfür sollte die Schleifscheibe möglichst grob abgerichtet sein. Sandstrahlen sorgt hier auch meist für Abhilfe.

Ich würde dem Schleifscheibenhersteller die Problematik schildern. Der kann Euch sicher die passende Scheibe liefern. Das Material ist ja kein Exot.
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Beitrag 22.10.2016, 03:21 Uhr
one4all
one4all
Level 2 = Community-Facharbeiter
**
Gruppe: Mitglied
Mitglied seit: 30.08.2014
Beiträge: 66

Hallo,

kurz zu den Schwankungen der Festigkeit /Zähigkeit sind grade bei den großen Abmessungen oft anzutreffen. Das gilt für fast alle Stähle.
Wir haben schon 42CrMo4 mit VA Platte bearbeitet und mit einer für Guss. Laut 3.1b Zeignis sind die Festigkeit von 800-1000 N/mm^2 zulässig. Und was nach dem Härten passiert, kann man schwer vorher sehen.
Gleiche Problematik hatten wir auch bei C45, S355, und 16MnCr5.
Aber auch bei Hochlegirten Werkzeugstähle.
Die geforderte Härte war stehts ok, doch die anschließende Bearbeitung sehr unterschiedlich.

Mit dem Rundschleifen haben wir aufgegeben. Die Drehteile 0,5mm im D größer lassen und dann mit der Hartdrehplatte TH1000 vom schwedischen Hersteller bearbeitet.
Klar, es wird nicht die Oberfläche eines Schleifbildes erreicht, aber wird auch bei unseren Teilen selten gefordert.

Zu den Werkstoffzeugnissen: da steht auch der Hersteller und Land... Und bei einigen ist mir schon die Kinnlade runtergefalle. :-)
Papier ist bekanntlich sehr geduldig...
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Beitrag 24.10.2016, 07:51 Uhr
Machine_Head
Machine_Head
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Mitglied
Mitglied seit: 05.12.2011
Beiträge: 4

Vielen Dank für Euer Feedback,

Grundsätzlich schleifen wir sehr viel 16MnCr5. Die üblicherweise bei unseren Teilen geforderten Maß- und Geometrietoleranzen machen das auch nötig. Andere Fertigungsverfahren sind deshalb keine Option. Ausgestattet sind wir für diese Schleifaufgaben sicher auch sehr gut. Wir haben mehrere CNC-Universal-Rundschleifmaschinen. Die neuesten Maschinen sind mit rotierenden Abrichtern ausgerüstet. Der Normalzustand ist der, dass wir die Prozesse beherrschen.

@zahnstange:
Deine Einschätzung zum Werkstoff teile ich. Er lässt sich üblicherweise sehr gut schleifen. Mit verzunderten Oberflächen haben wir überhaupt keine Probleme. Die Teile werden unter Schutzgas gehärtet.

@one4all
Ihr habt offensichtlich bereits ähnliche Erfahrungen mit schwankender Bearbeitungsfähigkeit gemacht.

Die beschriebenen Fälle treten nicht sehr häufig auf (ca. 5 – 8 x übers Jahr verteilt), aber über viele Jahre immer wieder. Wir hatten letzte Woche wieder einen solchen Fall. Das veranlasste mich, hier im Forum aktiv zu werden. @Schleifgott, die grundsätzlichen Prozessparameter, die du abfragst, betrachte ich als stimmend. Wie gesagt, wir schleifen sehr viel, auf mehreren Maschinen quasi rund um die Uhr. Ich tippe auf eine Ursache für diese Erscheinung auf der Werkstoffseite. Deshalb habe ich das Thema auch ganz bewusst hier ins Werkstoffforum gestellt.

Mir stellt sich folgende Frage:
Kann es unter bestimmten, seltenen Konstellationen sein, dass sich in der Oberfläche Fe3C (Zementit) bildet?

In meinem Eingangsbeitrag habe ich die Schleifbarkeit der fraglichen Teile nicht umsonst mit 1.2379 verglichen. Die besondere Widerstandsfähigkeit dieses Werkstoffes gegen abrasiven Verschleiß beruht, soweit ich weiß, darauf, dass viel Fe3C (Zementit) im Gefüge vorliegt. Durch das „Aufkohlen“ des 16MnCr5 kann sicher genug Kohlenstoff für die Karbidbildung in die Oberfläche kommen. Und Eisen ist ja sowieso da. Sollte es zur Karbidbildung kommen, könnte das die Erscheinung - miserable Schleifbarkeit bei stimmenden HRC-Werten - erklären. Das 3.1B Zeugnis hilft nicht weiter. Der fragliche Werkstoff hat, zumindest nach Zeugnis, keine Auffälligkeiten.

An alle: Weiß jemand mehr darüber?
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