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die Industrie im Saarland - der Tod in zwei Akten, Das Ausmaß und die Verheimlichung der industriellen Zerstörung!

Beitrag 10.01.2020, 16:04 Uhr
hpoperator
hpoperator
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Mitglied seit: 06.07.2015
Beiträge: 42

Hallo liebe Community,

aus gegebenem Anlass würde ich gern mal über die IST-Situation im Saarland berichten, speziell aus der Metall-, Automotiv, Maschinenbaubranche.
Leider wird meiner Meinung nach viel zu wenig davon Deutschlandweit berichtet besonders von den ganzen mittelständigen Betrieben, von Großkonzernen wie Saarstahl AG, Festo, HallbergGuss und wie sie alle heißen hört man sehr wohl hin und wieder etwas. Ich dachte vor etwas längerer Zeit auch mal, das die Probleme nur bis deren Bordsteinkante gingen und wir, die in mittelständigen Betrieben arbeiten, verschont blieben..... wie naiv ich damals war sad.gif

Kurz zu meiner Person:
Ich bin gelernter Zerspanungsmechaniker (fachr. Frästechnik), arbeitete als CNC-Fräser (3- und 5-Achs), programmierte NC-Programme an der Maschine direkt oder aber, gegen Ende hin, via SolidCAM (/InventorCAM). Konstruierte zudem etwaige Spannvorrichtungen selbst per Inventor, die auch nutzbringend zum Einsatz kamen. Übernahm zum Ende hin die Werkstattleitung und war überwiegend in der AV tätig. Dort kalkulierte ich Fremdaufträge und auch für die Eigenproduktion. Ich hatte/habe somit auch zahlreiche regionale Kontakte in Betrieben aus eben jenem Industriebereich, die ich sehr wertschätze (erwähne dies nur, um zu verdeutlichen, dass ich Regional einen weiträumigen Einblick hatte). Befinde mich zur Zeit noch in einem berufsbegleitenden Fernstudium der DAA (staatl. geprüfter Maschinenbautechniker).
So viel dazu smile.gif

Nun hat man zwangsläufig auch Kontakt zu Werkzeugvertretern, die einen freuen sich über deren Besuch, andere aber Fluchen über diese. Ich gehöre ganz klar zur ersten Kategorie. Jedenfalls kommen diese Tag täglich rum und klären GROB über die regionale Marktsituation auf - wie läufts generell draussen auf dem Arbeitsmarkt? Klagen die Firmen über zu wenig Arbeit….gar zu viel Arbeit?(?) Was macht, wie gehts XYZ bei ABCD GmbH und so weiter?
Kennt man ja.

Aber was die Werkzeugvertreter gegenwärtig zu berichten haben und was ich selbst von anderen Einkäufern/Mitarbeitern/GF/Produktionsleitern aus anderen Firmen zu hören bekam.... ließ mich erschaudern! Unzählige Firmen/Unternehmen meldeten Insolvenz an, mussten Mitarbeiter entlassen, meldeten Kurzarbeit an. Die die noch EXISTIEREN, wissen schon längst nicht mehr weiter. Angespartes Kapital ist das was sie vor dem "Aussterben" rettet und selbst dies ist nach so langer Zeit schon fast aufgebraucht. Privates Vermögen wurde in das Unternehmen gepumpt, Kredite wurden aufgenommen. UNVORSTELLBAR was da gerade abgeht!
Es war in unserer Branche bzw auch in unserer Region schon immer so, maximal 7 Jahre gings gut, Aufträge kamen rein, man konnte sich etwas "Speck" anfressen und da kam 1 Jahr, in der es wieder "bergab" ging, in der man seinen "angefressenen Speck" wieder opfern musste (wenns wirklich sehr schlecht lief). Doch so einen, alles niederzerschmetternden Radikalschlag habe ich noch nie erlebet und die, mit denen ich bisher geredet habe / reden konnte, ebenfalls nicht.
Stellenweise/Zeitweise werden hier ganze Turnhallen im Saarland zu einem "Arbeitsamt" umfunktioniert/zweckentfremdet, um den aufkommenden Ansturm an Arbeitslosen abzuwenden/umzulenken.

Auch mich und meine überaus geachteten Arbeitskollegen hat diese Welle auch erwischt. Unser Unternehmen schloss die Fertigung vor 2 Monaten um evtl. eine Insolvenz noch abwenden zu können, leider vergebens - Sie mussten vor knapp 2 Wochen Insolvenz anmelden.
Auch in unserer Straße gab es einen Betrieb der auch unserer Branche zugehörig, dieser meldete ebenfalls Insolvenz an. Mein Ausbildungsbetrieb (eine Koryphäe im Formenbau) schoss ebenfalls vor 3 Monaten für immer seine Tore. Auch das Unternehmen für das ich direkt im Anschluss tätog war, ist seit kurzer zeit nicht mehr auf dem Markt anzutreffen.
Nun hatte ich vor einer Woche ein Vorstellungsgespräch in dem alles Dingfest gemacht wurde. Arbeitsantritt sollte nun der 02.Januar gewesen sein. Im Nachgang, doch noch vor dem generellen Arbeitsbeginn, stellte sich heraus, das der AG nicht mehr regelmäßig die Löhne begleichen kann und dieser nun Kurzarbeit angemeldet hat. Hege keinen Groll gegen den GF, sehe die Ganze Problematik auch aus seiner Perspektive und habe auch Verständnis für seinen Kampf.
Jeder ächzt und stöhnt!

Ich verstehe nur nicht, weshalb von der Politik hier keine Gegenmaßen getroffen werden. Bin ein Konsument etwaiger Medienkanäle und nirgendwo wird auch nur annähernd über dieses Ausmaß berichtet. Klar, wie anfänglich erwähnt gibt es "Aufhänger", die über einzelne große Unternehmen hier im Saarland berichten, doch wird hier nicht über das große Ganze informiert.
Der Blick auf den Arbeitsmarkt lässt ebenfalls wenig Hoffnung gedeihen. Es sind fast keine Stellen vakant.
Ich möchte mich hier auch nun nicht über meine momentane Arbeitssituation /Lebenssituation auslassen. Vielmehr war es mir nur wichtig zu informieren, gerade hier im Forum!

Denn ich habe etwas Angst, was meine berufliche Zukunft hier im Saarland betrifft sad.gif

Vielleicht kann ich dadurch auch eine Diskussion anstoßen, wäre sehr willkommen.
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