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Digital Industries, Motion Control, Machine Tool Systems

Siemens 840D powerline (Programmierung), Zurück in die Steinzeit?

Beitrag 04.08.2014, 18:00 Uhr
unic69
Level 1 = Community-Lehrling
*
Hallo zusammen!

Ich möchte euch mal um eure Meinung zu meinem Problem bitten!

Ich arbeite nun schon mehr als 10Jahre an dieser Steuerung. War vorwiegend in der Einzelteilfertigung unterwegs und habe dadurch recht viel Erfahrungen beim
programmieren. Habe mir selbst Masken aufgebaut, sie mit Grafiken versehen, eigene Zyklen geschrieben mit grafischer Unterstützung usw.
Nun habe ich in einer anderen Firma angefangen, wo die Programme fertig aus dem Büro übers Firmennetz an die Maschine kommen. Im Büro arbeitet man mit
einem mir nicht bekannten Postprozessor. (keine Zyklen, jeder Schnitt einzelner Satz, bei bestimmten Schneidenradius)
Eigentlich nur das Programm laden, Maschine rüsten und Simulation!

Leider geht das nicht so einfach.
1. Werkzeuge sind nicht richtig angelegt (z.B. Drehwerkzeug als Winkelkopffräser deklariert)
2. Schneidenlage stimmt oft nicht
3. Mal wird mit G97 und mal mit G96 programmiert (z.B. Schruppbearbeitung Drehen)
4. Mit G41 und G42 wird grundsätzlich nicht programmiert (Postprozessor), trotzdem steht vor jedem Programmende G40???
5. Teilweise gravierende Fehler, die zwangsläufig zur Kollision führen würden

Ich muss jedes Programm durchschauen (Satz für Satz). Jedes Teileprogramm hat diverse Unterprogramme. Für jedes Werkzeug ein gesondertes UP. Dazu muss
ich noch erwähnen, es handelt sich hier um eine Doppelspindel Drehmaschine mit Werkzeugrevolver, Frässpindel, Belade- und Entladeportal.
Das einfahren eines Programms dauert manchmal mehr als eine Schicht. Die meiste Zeit nimmt die Programmkorrektur in Anspruch.
Ich habe nun mal nach meiner Art programmiert (SIEMENS)! WWP, NPV, WZG-Aufruf, Abspanzyklus, Kontur als Label hinter M17.
Funktioniert nach wie vor gut und war natürlich um ein vielfaches schneller als sonst.
Die Anwort kam promt: wir programmieren ohne Zyklen, das haben wir schon immer so gemacht!!!???
Ich muss noch eins hinzufügen, an den Maschinen ist ein Überwachungssystem (Artis), welches aktiviert und angelernt werden muss. Selbst dieses habe ich mit
eingebunden und es hat funktioniert.
Kennt jemand von euch Artis? Hat das irgendwelche Auswirkungen auf die Art der Programmierung? Was könnte noch der Grund sein, dass mir soviel Widerstand
entgegen kommt? Muss ich meine ganzen Erfahrungen über Bord schmeißen?
Bitte gebt mir mal ein Feedback!

Danke im voraus,
mfg unic69
   
Beitrag 05.08.2014, 09:10 Uhr
gekufi
Level 7 = Community-Professor
*******
Hallo

QUOTE
Was könnte noch der Grund sein, dass mir so viel Widerstand entgegen kommt?

QUOTE
Die Antwort kam promt: wir programmieren ohne Zyklen, das haben wir schon immer so gemacht!!!???

Lernunwilligkeit und ein schon zu breiter Hintern auf einem Stuhl. Die Leute haben Angst, dass Du an ihrem Ast sägen könntest und sie sind unfähig neues zu lernen oder zu akzeptieren.

QUOTE
Das einfahren eines Programms dauert manchmal mehr als eine Schicht. Die meiste Zeit nimmt die Programmkorrektur in Anspruch.
Ich habe nun mal nach meiner Art programmiert (SIEMENS)! WWP, NPV, WZG-Aufruf, Abspanzyklus, Kontur als Label hinter M17.
Funktioniert nach wie vor gut und war natürlich um ein vielfaches schneller als sonst.

Alles Aufschreiben und die Laufzeiteinsparungen schriftlich auch direkt an die Geschäftsführung. Bei gleichem Kundenpreis steigt dadurch der Gewinn enorm, da sollte jeder Wasserkopf aufwachen.

QUOTE
1. Werkzeuge sind nicht richtig angelegt (z.B. Drehwerkzeug als Winkelkopffräser deklariert)
2. Schneidenlage stimmt oft nicht

QUOTE
5. Teilweise gravierende Fehler, die zwangsläufig zur Kollision führen würden

Und spätestens hier würde ich mal beim Einfahren von einem unveränderten Programm aus der Programmierabteilung einen Geschäftsführer oder den Chef daneben stehen haben. Und kurz vor Crash anhalten und die Situation erklären nebst der wahrscheinlichen Kosten bei Maschinenausfall zusätzlich zum Maschinenausfall.

Es ist zwar beim Programmeinfahren für eine Serie Aufgabe des jeweiligen Maschinenbedieners, auf evtl. Kollisionen zu achten. Aber da geht es hauptsächlich um die Spannmittel und die Spannlage bzw. bei Mehrachszentren, ob bei Schwenkbewegungen nichts im Weg ist. Oder bei euch, das die Gegenspindel beim Abgreifen nicht im Eilgang bis ins Futter der Hauptspindel fahren möchte bzw. das die Revolver dabei auf sicheren Positionen stehen.
Es ist hierbei NICHT die Aufgabe, jeden einzelnen Programmsatz durchzugehen!
Die Programme an sich müssen hierbei schon Serientauglich (direkte und kleinere Optimierungen ausgenommen) und Prozesssicher ausgeführt sein. Wenn man erst jedes Programm aus der Programmierabteilung Satz für Satz durchgehen muss, braucht man keine Programmierabteilung mehr und die Leute könnte man genauso gut direkt rausschmeißen!!

Gruß Gerd


--------------------
Wer das Konzept der Unendlichkeit verstehen will, muss nur das Ausmaß menschlicher Dummheit betrachten.
Voltaire
   
Beitrag 05.08.2014, 19:36 Uhr
unic69
Level 1 = Community-Lehrling
*
QUOTE (gekufi @ 05.08.2014, 09:10 Uhr) *
Hallo



Lernunwilligkeit und ein schon zu breiter Hintern auf einem Stuhl. Die Leute haben Angst, dass Du an ihrem Ast sägen könntest und sie sind unfähig neues zu lernen oder zu akzeptieren.


Alles Aufschreiben und die Laufzeiteinsparungen schriftlich auch direkt an die Geschäftsführung. Bei gleichem Kundenpreis steigt dadurch der Gewinn enorm, da sollte jeder Wasserkopf aufwachen.



Und spätestens hier würde ich mal beim Einfahren von einem unveränderten Programm aus der Programmierabteilung einen Geschäftsführer oder den Chef daneben stehen haben. Und kurz vor Crash anhalten und die Situation erklären nebst der wahrscheinlichen Kosten bei Maschinenausfall zusätzlich zum Maschinenausfall.

Es ist zwar beim Programmeinfahren für eine Serie Aufgabe des jeweiligen Maschinenbedieners, auf evtl. Kollisionen zu achten. Aber da geht es hauptsächlich um die Spannmittel und die Spannlage bzw. bei Mehrachszentren, ob bei Schwenkbewegungen nichts im Weg ist. Oder bei euch, das die Gegenspindel beim Abgreifen nicht im Eilgang bis ins Futter der Hauptspindel fahren möchte bzw. das die Revolver dabei auf sicheren Positionen stehen.
Es ist hierbei NICHT die Aufgabe, jeden einzelnen Programmsatz durchzugehen!
Die Programme an sich müssen hierbei schon Serientauglich (direkte und kleinere Optimierungen ausgenommen) und Prozesssicher ausgeführt sein. Wenn man erst jedes Programm aus der Programmierabteilung Satz für Satz durchgehen muss, braucht man keine Programmierabteilung mehr und die Leute könnte man genauso gut direkt rausschmeißen!!

Gruß Gerd




Danke für deine klare Antwort. Ich werde deinem Rat folgen und das nächste Mal die Zeiten genau dokumentieren. Natürlich werde ich meiner Sorgfaltspflicht
weiterhin im vollem Umfang nachkommen, aber beim nächsten gravierenden Fehler werde ich einen Vorgesetzten hinzuziehen.
Mal sehen, ob sie dann begreifen, warum sie mich eingestellt haben. smile.gif

Gruß unic69

Der Beitrag wurde von unic69 bearbeitet: 05.08.2014, 19:44 Uhr
   
Beitrag 05.08.2014, 21:38 Uhr
Guest_guest_*
Themenstarter
QUOTE
Kennt jemand von euch Artis? Hat das irgendwelche Auswirkungen auf die Art der Programmierung? Was könnte noch der Grund sein, dass mir soviel Widerstand
entgegen kommt? Muss ich meine ganzen Erfahrungen über Bord schmeißen?


Artis ist Spezialist für Werkzeugbruch-Überwachung.
Es gibt da wohl auch verschiedene Systeme. Am verbreitetsten ist wohl die Überwachung der Hauptspindel-Stromaufnahme.
Im NC-Programm muß, soweit ich weiß, nur die Funktion ein und nach dem Schnitt wieder ausgeschaltet werden. Das wird in der Regel mit vom Maschinenhersteller erstellten M-Funktionen gelöst. Einstellungen für Artis werden normalerweise in einer Herstellermaske gesetzt.
Beim Einschalten (aktivieren) von Artis sollte man aber beachten, das es eine kleine Verzögerung gibt, bis Artis das Profil geladen hat. Je nach Einstellung kann das bis zu einer Sekunde sein. Das sollte aber von Artis dokumentiert sein.

Ansonsten schließe ich mich vollinhaltlich gekufi an...

Den Spruch: "Ha noi, des hebbet mir scho emmer so gmacht. Mir fanget do jedschd koi noie Mode aa." kenne ich nur zu gut... wink.gif
   
Beitrag 06.08.2014, 18:37 Uhr
unic69
Level 1 = Community-Lehrling
*
QUOTE (guest @ 05.08.2014, 22:38 Uhr) *
Artis ist Spezialist für Werkzeugbruch-Überwachung.
Es gibt da wohl auch verschiedene Systeme. Am verbreitetsten ist wohl die Überwachung der Hauptspindel-Stromaufnahme.
Im NC-Programm muß, soweit ich weiß, nur die Funktion ein und nach dem Schnitt wieder ausgeschaltet werden. Das wird in der Regel mit vom Maschinenhersteller erstellten M-Funktionen gelöst. Einstellungen für Artis werden normalerweise in einer Herstellermaske gesetzt.
Beim Einschalten (aktivieren) von Artis sollte man aber beachten, das es eine kleine Verzögerung gibt, bis Artis das Profil geladen hat. Je nach Einstellung kann das bis zu einer Sekunde sein. Das sollte aber von Artis dokumentiert sein.

Ansonsten schließe ich mich vollinhaltlich gekufi an...

Den Spruch: "Ha noi, des hebbet mir scho emmer so gmacht. Mir fanget do jedschd koi noie Mode aa." kenne ich nur zu gut... wink.gif


Danke guest, mein Selbstbewusstsein ist wieder etwas gestärkt! smile.gif
Mit Artis hast du natürlich recht. Meine Bedenken waren nur, arbeit Artis auch mit meiner Art zu programmieren? Bisher war es so, dass die Maske am Programmanfang mit Parametern versorgt werden musste (welcher Kanal, welche Achse soll überwacht werden usw). Dann wurde die Überwachung mit M172 am Anfang der Bearbeitung, vor einem bestimmten Satz, eingeschaltet und danach mit M173 wieder ausgeschaltet. Ich habe ebenso die Maske am Programmanfang definiert und habe dann die Überwachung mit M172 vor dem Abspanzyklus ein- und danach wieder ausgeschaltet. Es hat funktioniert, nur ich weiß nicht, ob das richtig so ist oder ob der Widerstand vielleicht daher stammt. Aber ich werde mich nochmal belesen. Ich denke, dass meine Art zu programmieren ja nun nichts außergewöhnliches ist, oder?

Vielen Dank nochmal,
Gruß unic69
   
Beitrag 06.08.2014, 19:00 Uhr
Guest_guest_*
Themenstarter
Alle Werkzeug-Bruch-Überwachungen, die ich kenne, überwachen entweder eine Schall- oder Stromkurve. eine aufgezeichnete (angelernte) Kurve stellt die Referenz dar, die mit einer einstellbaren Toleranz mit dem aktuellen Wert verglichen wird. Weicht der aktuelle Wert von der Kurve über die Toleranz ab, gibt es ein Fehlersignal aus. Dann kommt es darauf an, ob die Bearbeitung z.B. mit LIFTFAST beendet wird. Das hat aber nichts mehr mit Artis zu tun. Artis gibt nur zwei Signale aus. Das erste, gibt den Aktivierungsstatus zurück. Das zweite (Störung oder Fehler), wird entweder von einer Überwachungsroutine in der NC und/oder der PLC ausgewertet und löst damit eine, wie auch immer geartete Reaktion aus.
Im NC Programm wird Artis jedoch nur aktiviert, gestartet und gestoppt.
Je nach Version, können es auch nur START und STOP sein.

Der Beitrag wurde von guest bearbeitet: 06.08.2014, 19:03 Uhr
   
Beitrag 26.09.2014, 20:22 Uhr
Crash86
Level 1 = Community-Lehrling
*
Hallo Unic69,
bei ARTIS kannst du in der Regel nichts falsch machen.
Ich aktiviere ARTIS in der Regel nach der Positionierung des Werkzeuges um die Eilgangbewegung da nicht drin zu haben.
Genauso wähle ich ARTIS auch wieder ab, bevor ich wieder auf WZW Pos fahre.
Erfahrungsgemäß funktioniert die Überwachung aber nur gut, wenn die Teile relativ gleichmäßig sind,
also keine Unwucht haben oder starke Maßschwankungen vorherrschen (Gußteile).
Es geht aber auch zu beginn, nach dem Werkzeugwechsel, das kommt auf die Maschine an.
Wenn es läuft ist es gut daumup.gif


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Späne fliegen, Bohrer brechen, aber unsere Leidenschaft bleibt, das ist ein versprechen.
   
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