SIMPLE-QUALITY
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Quality - Keep it simple...!!

Prüfmittel selber Kalibrieren

Beitrag 20.10.2010, 05:45 Uhr
Graf_Gotter
Level 1 = Community-Lehrling
*
Hallo zusammen,

ich arbeite in einem Unternehmen aus der Elektronikbranche. Wir fertigen für verschiedenen Sparten Komplettgeräte, von der Elektronik, bis zum Gehäuse. Das Unternehmen ist nach EN 9001, TS 16949, ISO 9100 und ISO 13485 zertifiziert. Ich bin noch ziemlich neu im Qualitätswesen und somit habe ich auch noch keine große Erfahrung.

Ich bin jetzt seit fast 3 Monaten für die Prüfmittelüberwachung zuständig. Zur Zeit werden unsere Prüfmittel alle zu einem externen Dienstleister geschickt und dort Kalibriert. Das betrifft ca. 1500 Prüfmittel. Leider sind diese Prüfmittel dann auch oft bis zu drei Wochen unterwegs und diese führt zu teils erheblichen Engpässen in der Produktion. Die Anzahl der Prüfmittel soll allerdings nicht erhöht werden um diese Lücken zu schließen.

Mein Vorgesetzter ist nun auf die Idee gekommen, das wir einfache Prüfmittel selber Kalibrieren könnten. Dies würde unter anderem Messschieber, Bügelmessschrauben, Multimeter, und Spannungsquellen betreffen. Diese könnten ja bei einer Eigenkalibrierung wieder schnell der Fertigung zugeführt werden.

Jetzt meine Frage: Was muss ich alles einhalten um solch einfache Prüfmittel zu Kalibrieren. Ich habe mich ja schon ein wenig in diesem Forum und beim DKD belesen und komme zu keinem richtigen Ergebnis.

Fragen wie etwa: Müssen die Mitarbeiter, die Prüfmittel Kalibrieren, speziell geschult werden?
ODER: Muss ein Messraum vorhanden sein?
ODER: Muss das Unternehmen speziell zertifiziert werden, um die Kalibrierung durchführen zu können? Blieben mir bis jetzt unbeantwortet.

Es wäre wirklich schön, wenn mir jemand im Bezug auf meine Fragen helfen könnte.
   
Beitrag 20.10.2010, 06:09 Uhr
SQ-ChrisCross
Level 2 = Community-Facharbeiter
**
Guten Morgen,

natürlich ist es möglich mit entsprechender Ausstattung eigene Kalibrierungen vorzunehmen.
Für geometrische Längenmesstechnik empfehle ich Dir die VDI 2618. Dort wirst Du speziell für Messschieber und Bügelmessschrauben fündig. Bei Messgeräten zur Messung von elektrischen Merkmalen kann ich leider keine Auskunft geben, aber ich denke, dass DKD-Richtlinien dort entsprechende Ausführungen bieten (findet man mit etwas suchen auch kostenlos im Netz).

Was musst du einhalten?
- Kalibrieren nach einem gewissen Standard (DKD, VDI)ist immer die beste Lösung
- Du brauchst Normale, die auf nationale Normale rückführbar sind
- Mitarbeiter sollten eingewiesen werden, anhand einer festgelegten Kalibriervorschrift (siehe VDI, DKD), die als Grundlage der späteren Kalibrierung dient (Stichwort: Reproduzierbarkeit)
- Es muss eine Messunsicherheit ermittelt werden, die alle entscheidenden Einflussfaktoren beinhaltet (hierbei spielt die Unsicherheit des Normals und die Unsicherheit aufgrund von Umgebungseinflüssen eine entscheidende Rolle)
- abhängig von der selbst festgelegten, maximal zulässigen Messunsicherheit sind Entscheidungen über die Genauigkeitsklasse eines Normals und der Einsatz eines klimatisierten Messraumes zu treffen
- eine Zertifizierung kommt nur dann in Frage, wenn man sich als Kalibrierlabor nach DKD auf dem Markt aufstellt

Hilfreich könnte der Einsatz einer Kalibriersoftware zur Durchführung, Dokumentation und Archivierung der Kalibrierprotokolle sein. Ansonsten gehts auch mit Excel.

Erste Meinungen von mir dazu.
Beste Grüße
Chris
   
Beitrag 21.10.2010, 04:41 Uhr
Graf_Gotter
Level 1 = Community-Lehrling
*
Vielen Dank für die schnelle Antwort Chris.

Du fragst was ich einhalten muss. Ich denke mal wenn wir nach DKD Kalibrieren würden, sollte dies bei zukünftigen TÜV – Audits keine Probleme machen.
Der Einsatz einer Kalibriersoftware wäre sicherlich sehr hilfreich. Ich arbeite zur Zeit mit einer Datenbank von unserem externen Kalibrierdienst. Diese sagt mir wann welches Prüfmittel Kalibriert werden muss und außerdem sind hier auch sämtliche Prüfprotokolle hinterlegt.

@ Chris: Könntest du mir eine Software empfehlen, bei der es auch möglich ist digitale Kalibrierscheine zu hinterlegen bzw. bei der diese leicht abzurufen sind?
   
Beitrag 21.10.2010, 04:57 Uhr
SQ-ChrisCross
Level 2 = Community-Facharbeiter
**
Hallo Mirko,

ich hab mich ungeschickt ausgedrückt. Es war eine rhetorische Frage, die mit den Anstrichen selbst beantwortet wurde...

Ihr könnt nach DKD kalibrieren oder nach VDI 2618. Es ist nur der Ablauf im Vorfeld zu dokumentieren, damit er nachvollziehbar ist. Dies kann bereits durch eine hinzugekaufte Software geschehen oder durch selbständiges Vorgehen per Excel.

Ich habe bisher nur mit einer Software Erfahrung, die für sich alleine steht, d.h. nicht in einem CAQ-System eingebunden ist. Ich verweise da mal auf einen anderen Beitrag von mir: Klick mich

Beste Grüße
Chris
   
Beitrag 21.10.2010, 17:19 Uhr
E_Pauer
Level 5 = Community-Ingenieur
*****
Hallo Mirko

Ein Tipp von mir: Gehen Sie es nicht allzu kompliziert an !
Wie vom Vorredner schon angemerkt, schaffen Sie sich ordentliche Normalsätze an,
schulen Sie die Kalibrier Mitarbeiter entsprechend ein und los gehts.
In jedem Fall sind Sie mit der Selbstkalibrierung auf dem richtigen (kostengünstigeren !) Weg

MFG E.Pauer
   
Beitrag 11.11.2010, 16:18 Uhr
msbasis2
Level 1 = Community-Lehrling
*
Hallo Zusammen,

sorry für den späten Beitrag, ich bin noch nicht so lange im Forum dabei und schau mir die Themen an, die mich interessieren.

Ich kann mir nicht vorstellen, wie man mit einer „Selbst-Kalibrierung“ gegenüber einer externen Vergabe Geld sparen kann? Könnt Ihr das belegen?

Der Wettbewerb bei den Kalibrierdiensten ist so hart, dass da nur mit Minipreisen Umsatz gemacht wird. In Deutschland gibt es ca. 70 akkreditiere Labore, die z.B. für unter 7 Euro einen Messschieber kalibrieren (google: Kalibrierdienst Preisliste) und die meisten machen das binnen einer Woche.

3 Wochen Durchlauf ist nur bei Super-Spezialitäten und Reparaturen akzeptabel, nicht aber für Handmessmittel!

ChrisChross hat das ja super erklärt, was alles nötig ist: Schulung, Referenznormale, Messunsicherheitsberechnung, Software, klimatisierter Raum….

Ich glaube, man kann eher extern sparen und sich dann lieber ein paar Reserve-Messschieber oder BMS hinlegen. Statt neu eine interne Kalibrierstelle aufzubauen, nutzt den Wettbewerb!

Gruß msbasis2
   
Beitrag 12.11.2010, 09:18 Uhr
Bobbelsche72
Level 1 = Community-Lehrling
*
Ich kann mich meinem Vorredner da nur anschließen. Du schreibst Ihr habt ca. 1500 Messmittel. Wie lange wollt Ihr denn Kalibrieren bis Ihr da mal durch seid? Dies extern zu vergeben ist allemal der kostengünstigere Weg.

Natürlich sind 3 Wochen viiiiel zu lang. Das akzeptierte ich ebenfalls nicht. Vielleicht sollte man eher über einen Wechsel des Kalibrierdienstanbieters nachdenken. Denn wie msbasis2 schon sagte: dieser Markt ist stark umworben.

Wir haben unsere PM-Überwachung z.B. auch nach extern vergeben. Allerdings OHNE die Teile aus dem Haus geben zu müssen. Denn unser Anbieter nimmt die Teile direkt bei uns im Werk ab. OHNE Zusatzkosten für Anfahrt oder sonstigen Quatsch. Alles Verhandlungssache. Und bei 1500 Prüfmitteln habt Ihr schon ein schlagkräftiges Argument.

Wenn Du Adressen brauchst: PN an mich

Gruß aus Hagen wink.gif
   
Beitrag 19.11.2010, 11:26 Uhr
tommmili
Level 5 = Community-Ingenieur
*****
Hallo zusammen,
bitte nicht ausser Acht lassen: das Unternehmen hat TS, das bedingt dann dass zumindest für die im automotiven Bereich verwendeten PMs eine DKD-Akkreditierung für diese PMs vorliegt. ICh kann mir nicht vorstellen, daß es sich hierbei um eine attraktive Angelegenheit handelt, zumal das m. W. für jede Meßgröße auch noch seperat beantragt und nachgewiesen werden muss..
Es gibt Kalibrierer, die kommen per LKW mit Kalibriereinrichtung und machen das vor Ort - vielleicht tatsächlich lieber in der Richtung denken.
grüßle
T
   
Beitrag 11.07.2014, 09:00 Uhr
Clipi
Level 1 = Community-Lehrling
*
Hallo zusammen,

ich habe mal den alten Thread wieder herausgekramt, da ich eine Gegenüberstellung von interne zu externer Kalibrierkosten machen soll. Ich bin ebenso der Meinung wie die Schlussredner das man den Wettbewerb der externen Laboratorien ruhig nutzen sollte.
Wenn man es doch intern machen möchte, was würde man alles brauchen?
Bsp. Messschieber
- Erstellung einer Prüfanweisung 2618-9
- geschultes Personal - gibt es dafür Lehrgänge?
- Kalibriernormale - z.B. Endmaßsatz - Dakks kalibriert
- Verwaltungssoftware - Ablage Kalibrierschein, Dokumentation wann, wo, wer etc.
- Nachweis der Messunsicherheit?
- benötigt man zwingend einen klimatisierten Messraum? Oder erhöht sich "einfach nur" die Messunsicherheit wenn ich bei 28° messe - kann ja eine Temperaturkompensation machen?!
- eine Dakks Kalibrierung scheint ja nicht zwingend notwendig zu sein? Außer der Kunde erfordert es?

Ich hoffe ich habe zunächst einmal alle Punkte erwischt und hoffe ihr könnt mich ein wenig aufklären bzw. von Erfahrungen berichten wie es bei euch läuft.
Als Hintergrundinfo, bei uns handelt es sich um fast 3000 MM.

Grüße
clipi
   
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