Alexander Broos

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Industrie 4.0

Maschinen brauchen
die gemeinsame Sprache

Der Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW) hat eine Initiative zur Konnektivität für Industrie 4.0 gestartet. Mehrere Mitgliedsunternehmen machen sich auf die Suche nach einer gemeinsamen Sprache für Werkzeugmaschinen, damit sie künftig herstellerübergreifend mit EDV-Systemen oder Cloud-Infrastrukturen kommunizieren können.

Bisher fehlt es an einem universellen „Industrie-4.0-Stecker“ für Maschinen. Unterschiedliche Steuerungen, proprietäre Schnittstellen und isolierte Software-Ökosysteme machen das Leben der Nutzer schwer, hinzu kommt eine Vielzahl an Steuerungen und Sonderlösungen, die sich im Einsatz befinden.

Der Vorstand des VDW hat das Projekt in Angriff genommen, weil es bisher an einer einheitlichen und durchgängigen Lösung fehlt. Ziel ist es, einen Standard für die Anbindung unterschiedlicher Maschinensteuerungen über eine gemeinsame Schnittstelle zu entwickeln und als Software zu implementieren. Für Maschinenhersteller wird dies eine deutliche Entlastung von Aufgaben sein. Der angestrebte Standard befreit das einzelne Unternehmen von der zeitraubenden Beschäftigung mit Infrastrukturthemen, denn die Aufgaben müssen zwar dringend erledigt werden, jedoch gehören sie nicht zum Kerngeschäft und verursachen hohe Kosten.

Jüngste Entwicklungen lassen vermuten, dass insbesondere bei Steuerungen der Trend zu proprietären Systemen anhält. Diesem Trend will der VDW entgegenwirken und insbesondere mit den Steuerungsherstellern eine Entwicklungspartnerschaft etablieren, um die geplante VDW-Spezifikation auf breiter Basis anwendbar zu machen.

Einheitliche Maschinensprache für Industrie 4.0: Der Branchenverband VDW setzt sich für eine herstellerübergreifende Vernetzung der Werkzeugmaschinen ein. Foto: PTW

An der ersten Projektphase ist ein Kernteam des VDW mit den Unternehmen Chiron, DMG Mori, EMAG, Grob, Heller, Liebherr-Verzahntechnik, United Grinding und Trumpf beteiligt. Auch die im Verband organisierten Steuerungshersteller sind bereits einbezogen. Ferner wurden weitere internationale Steuerungshersteller angesprochen und Gemeinsamkeiten mit Partnern in den USA und Japan ausgelotet.

Im Rahmen des Projekts sollen zunächst die folgenden Aspekte umgesetzt werden:

  • Gemeinsame Erarbeitung einer Schnittstellenspezifikation
  • Implementierung eines so genannten Connectors, der Signale aus unterschiedlichen Steuerungsschnittstellen nach OPC Unified Architecture (OPC UA) übersetzt
  • Implementierung eines Gateways, das auf Basis der OPC-UA-Datenstruktur die sichere Anbindung an unterschiedliche EDV-Systeme und die Cloud via Standardprotokoll erlaubt

Mit Hilfe einer bereits vom VDW entwickelten und seit Juli 2017 veröffentlichten Companion Specification konnte das Projektteam sofort nach der EMO Hannover mit der Erweiterung dieser Schnittstellenspezifikation beginnen. „Unser Ziel ist die durchgängige Vernetzung der Produktion; das Vehikel dafür ist OPC UA und die Energie, die uns antreibt, ist der gemeinsam festgelegte Gleichanteil der Daten, die wir dafür austauschen müssen“, erläutert der Vorstandsvorsitzende des VDW, Dr. Heinz-Jürgen Prokop.

Bereits in den nächsten Wochen sollen Ergebnisse vorliegen. Angestrebt ist die Präsentation des Grunddatensatzes, der öffentlich im Rahmen der üblichen Standardisierungsprozeduren kommentiert werden kann. Die Anforderungen sollen spezifiziert, die Grundspezifikation programmiert und so viele konsensfähige Datensätze wie möglich beschrieben sein. Zwischenergebnisse werden bereits während der METAV in Düsseldorf präsentiert. Der erste Demonstrator wird voraussichtlich zur AMB 2018 zu sehen sein.

Vorsitzender Dr. Heinz-Jürgen Prokop. Foto: Trumpf

Wenn die Daten in einem einheitlichen Format vorliegen, muss noch die Schnittstelle zum „Rest der Welt“ definiert werden. Hierfür gibt es bereits standardisierte Protokolle, ähnlich wie sie von der Übergabe an einen Internetbrowser mittels HTTPS bekannt sind. Der Zugriff auf diese Daten muss allerdings reguliert sein, er erfordert Authentifizierung und Zugangsschutz. Auch müssen Daten vorverdichtet und gepuffert werden, da gerade Rohdaten in höherer Auflösung nicht in Echtzeit durch das Netzwerk geschickt werden können, ohne die Maschinenperformance zu beeinträchtigen. Diese Funktionen übernimmt ein Gateway, das als zweite Projektphase spezifiziert und implementiert wird.

Die dritte Projektphase beschäftigt sich mit dem Test der erarbeiteten Lösungen bei unterschiedlichen VDW-Mitgliedern. „Darüber hinaus werden wir analysieren, welche Anbieter für Infrastruktur und Cloudservices insbesondere den Bedarf kleinerer und mittelständischer Maschinenhersteller am ehesten abdecken“, beschreibt Prokop das weitere Vorgehen. Denn die Datenschnittstelle stellt quasi das untere Ende der Vernetzung dar. Am oberen Ende sollte eine möglichst einheitliche technologische Plattform stehen, für die jeder Maschinenhersteller wiederum eigene Apps entwickeln kann, um aus den Daten einen Mehrwert für seine Kunden zu generieren. „Damit kann jeder Maschinenhersteller wieder seine eigene Kreativität und Kompetenz in die Waagschale werfen und sich vom Wettbewerb unterscheiden“, erläutert Prokop.

Branchenkooperation ist nützlich

Mit dieser Kooperation betreten die Werkzeugmaschinenindustrie und der VDW Neuland. Ohne einen allgemein gültigen Standard werden es die Lösungen zu Industrie 4.0 schwer haben, Marktakzeptanz und damit schnell eine größere Verbreitung zu finden.

„Nach unserer Überzeugung ist es gut und richtig, das Prinzip des Teilens von Wissen zu übernehmen und an einer gemeinsamen Lösung zu arbeiten“, resümiert Prokop. Mit den Ergebnissen werden auch mittelständische Unternehmen schnell handlungsfähig.

Bei diesen Aktivitäten spielt Vertrauen eine große Rolle. In der Projektgruppe sind Unternehmen unterschiedlicher Segmente vertreten. Kompromisse werden daher die Bedürfnisse der im Verband organisierten Unternehmen widerspiegeln, so die Erwartung des VDW. Die gebotene Eile, die sich aus den rasanten Veränderungen der Informations- und Kommunikationstechnologien ergibt, gerät mit der konventionellen, langwierigen, konsensbasierenden Standardisierungsarbeit in Widerspruch. Aus diesem Grund soll die Gruppe von engagierten Unternehmen vorangehen. Die Unternehmen haben sich dazu verpflichtet, eine erhebliche Eigenleistung in das Projekt zu stecken. Zudem finanziert der VDW die Kooperation mit dem Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen der Universität Stuttgart für die methodische Begleitung und Software-Umsetzung.

Kontakt

Dr. Alexander Broos

Leiter Forschung und Technik
VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken)
Frankfurt am Main
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