Matthias Schneider

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

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Erste 5G-Standalone-Netze im Betrieb

Koordiniert vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) bauen Forscher an fünf Standorten in Baden-Württemberg die ersten 5G-Standalone-Netze auf. Diese Testumgebungen stehen kleinen und mittleren Unternehmen offen um zu erforschen, welche Möglichkeiten ihnen der neue Mobilfunkstandard bietet. Zu Beginn der Testphase hat Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut den Standort am Campus Schwarzwald in Freudenstadt besucht.

In Metropolen wie Berlin, Hamburg oder München können die Kunden der großen Mobilfunkanbieter bereits 5G nutzen. Doch was viele nicht wissen: »Ein reines 5G-Netz gibt es bisher nur in den Laboren der Mobilfunkausrüster«, sagt Matthias Schneider vom Kompetenzzentrum DigITools am Fraunhofer IPA.

Derzeit ist noch eine Übergangslösung in Gebrauch, das sogenannte 5G Non-Standalone: Einige Funktionen beruhen dabei auf dem 4G-Standard und nur die Datenübertragung erfolgt bereits über 5G. So wird zwar eine höhere Datenübertragungsrate erzielt, viele weitere Optimierungen und neue Funktionen, die 5G bieten wird, sind jedoch erst mit 5G Standalone verfügbar.

Die ersten 5G-Standalone-Netze in Deutschland stehen kurz vor der Fertigstellung. Zu ihnen zählen die 5G-Testumgebungen, die Wissenschaftler mehrerer Hochschulen und Forschungseinrichtungen unter der Leitung des Fraunhofer IPA in Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Reutlingen und Freudenstadt aufgebaut haben. Sie bilden zusammen das 5G-Transferzentrum für kleine und mittlere Unternehmen – kurz: Transferzentrum 5G4KMU.

Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, zusammen mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus Baden-Württemberg in den Testumgebungen konkrete Problemstellungen und Potenziale von 5G für vernetzte Produkte und Maschinen sowie smarte Dienstleistungen und neuartige Geschäftsmodelle zu erforschen.

Die Ehrengäste und Redner hatten in Freudenstadt gut lachen (von links) Unternehmer Kurt Schmalz, Oberbürgermeister Julian Osswald, Landrat Klaus Rückert, Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut, IPA-Institutsleiter Professor Thomas Bauernhansl und IHK-Präsidentin Claudia Gläser gaben im Campus Schwarzwald den Startschuss für die nächste Phase des Projekts »Transferzentrum 5G4KMU«. Foto: Fred Nemitz/Fraunhofer IPA

Transferzentrum 5G4KMU

Der neue Mobilfunkstandard berücksichtigt erstmals die Bedürfnisse der Industrie. Er ermöglicht die bedarfsgerechte Vernetzung mit hoher Bandbreite, niedriger Latenz und der Möglichkeit eine hohe Anzahl von Endgeräten zu verbinden. Damit bildet 5G die Grundlage für Industrie 4.0 sowie das Internet der Dinge.

5G bietet im Vergleich zu bisherigen Mobilfunkstandards einen einfacheren Aufbau privater Campusnetze und damit eine störungsfreie und besonders sichere Datenübertragung. »Ein solches privates 5G-Netz erfordert derzeit noch hohe Investitionskosten«, sagt Wissenschaftler Schneider, der das Transferzentrum 5G4KMU koordiniert. »Das sind Kosten, die KMU nicht oder nur mit Mühe tragen können. Die Unternehmen wollen sich daher sicher sein, dass sich die Investition langfristig lohnt.«

Schneider rechnet zwar damit, dass die Kosten für private 5G-Campusnetze und entsprechende Endgeräte in den kommenden Jahren fallen. »Einfach abzuwarten ist aber der falsche Weg«, warnt er. »Wer das tut, setzt seine Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel.« Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg fördert das Transferzentrum 5G4KMU mit rund 5,9 Millionen Euro, überwiegend aus Mitteln der Landesstrategie digital@bw.

Regional verteilter Ansatz

„Der neue Kommunikationsstandard 5G ist die Grundlage für eine umfassende Digitalisierung von Wirtschaft und Industrie“, sagt Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut. „Wir müssen die Chancen der 5G-Technologie nutzen, damit unsere Unternehmen in Baden-Württemberg auch im zukünftigen Wettbewerb mithalten können. Der regional verteilte Ansatz des Transferzentrums minimiert örtliche Einschränkungen und ermöglicht es den Betrieben, mit einer lokalen Testumgebung zusammenzuarbeiten«. Sie hat den Standort am Campus Schwarzwald in Freudenstadt besucht. Anhand von Demonstratoren hat sich die Ministerin zeigen lassen, was mit 5G in Industrie, Logistik oder Medizintechnik möglich sein wird.

KMU erhalten bei einer Zusammenarbeit mit dem Transferzentrum 5G4KMU Zugang zu 5G-Netzen, sowie fachliche Unterstützung bei der Umsetzung und Erforschung ihrer konkreten Anwendungsfälle. Durch die frühzeitige Entwicklung und Optimierung von Anwendungsfällen sowie von innovativen Lösungen und Geschäftsmodellen wird die künftige Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sichergestellt.

Unterschiedliche Schwerpunkte

Am Transferzentrum 5G4KMU sind neben dem Fraunhofer IPA in Stuttgart und der zugehörigen Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie PAMB in Mannheim auch das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, das Reutlinger Zentrum Industrie 4.0, das Centrum für Digitalisierung, Führung und Nachhaltigkeit Schwarzwald (kurz: Campus Schwarzwald) in Freudenstadt und das wbk Institut für Produktionstechnik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) beteiligt.

Abhängig von den Kernkompetenzen setzen die 5G-Testumgebungen jeweils andere Schwerpunkte. So konzentriert sich das Fraunhofer IPA auf die Potenziale von 5G für Fabriken und Produktionssysteme, während sich das Fraunhofer IAO mit Smart Services und Smart Products beschäftigt. Am KIT beleuchten Forscher Fragestellungen rund um die vorausschauende Instandhaltung von Maschinen und die dafür nötige Auswertung von Daten durch intelligente Algorithmen. In Freudenstadt legt der Campus Schwarzwald den Fokus auf die Produktion, wobei der Maschinenbau und die Fertigungsindustrie im Mittelpunkt stehen.

Zudem stehen Fragen des Dialogs und der Akzeptanz von 5G sowohl vor Ort am Campus wie auch in KMU auf der Agenda. Dabei soll es um Anspruchsgruppen und deren Bedürfnisse sowie zentrale Aspekte der Kommunikation und Beteiligung gehen. Am Reutlinger Zentrum Industrie 4.0 stehen Logistik und die Informationsbereitstellung in Unternehmen im Fokus. In Mannheim untersuchen Forscher der PAMB, welche Möglichkeiten sich für Kliniken und medizinischen Labors durch 5G eröffnen.

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Matthias Schneider

Projektleiter Transferzentrum 5G4KMU
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