Katharina Dienes

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Management

Das Post-Corona-Büro
als Erlebnis- und Lernwelt

Die Covid-19-Pandemie löste einen weltweiten Wandel aus. Konstante Prozesse verloren an Stabilität, Zukunftsprognosen aller Wissensgebiete wurden hinfällig. Von heute auf morgen brachte das Virus das mühevoll aufgebaute wirtschaftliche und soziale System an seine Grenzen. Vor allem das berufliche Umfeld wurde schwer und teilweise vollkommen unvorbereitet von den veränderten Umständen getroffen. Covid-19 wirkte wie ein Brandbeschleuniger auf die Umsetzung von Digitalisierungsstrategien in Unternehmen.

Digitale Kommunikationsplattformen wurden von heute auf morgen etabliert, digitale Whiteboards zur virtuellen Zusammenarbeit bereitgestellt. Viele Mitarbeitende und Führungskräfte gewannen, teilweise das erste Mal, Erfahrungswerte mit einer räumlich verteilten Arbeitsweise. Insgesamt stellte man fest: Homeoffice kann funktionieren!

Weiter noch: Homeoffice bietet durchaus einige Vorteile. Nicht nur in Bezug auf eine Zeit- und Kostenersparnis durch die Reduktion von Geschäftsreisen und den Wegfall der täglichen Pendelstrecke, sondern teilweise auch durch eine überraschende Leistungsfähigkeit trotz Homeschooling und Kinderbetreuung.

Vor allem Tätigkeiten, die eine hohe Konzentration voraussetzen, konnten von vielen im Homeoffice besser bewältigt werden. Laut einer aktuellen Umfrage im Rahmen des Office21-Projekts vom Fraunhofer-Institut in Stuttgart gaben zwei Drittel der 2300 befragten Büroarbeitenden an, sich im Homeoffice besser konzentrieren zu können. 39 Prozent hatte sogar das Gefühl im Homeoffice grundsätzlich produktiver zu sein als am Arbeitsplatz im Büro. Und auch der allgemeine Informationsfluss nahm nach einigen Wochen im Lock-Down deutlich zu. Es wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass die positiven Erfahrungswerte mit dem räumlich verteilen Arbeiten unsere Arbeitsstrukturen – und Prozesse nachhaltig prägen wird.

Das Konzept für das Büro der Zukunft muss neu entwickelt werden. Die alten Raumstrukturen im Büro gehören vermutlich der Vergangenheit an. Bild: TeraVector – AdobeStock/Fraunhofer IAO

Doch was bedeutet dies für das Büro der Zukunft? Welche Beweggründe zum Arbeiten im Büro gibt es noch? Und: Wie kann ein Bürosterben in Zukunft verhindert werden? Die guten Erfahrungen mit dem mobilen Arbeiten werden in vielen Unternehmen zu einem Umdenken und zu einem dauerhaft niedrigeren Zeitanteil der Mitarbeitenden in den Büroräumen führen. Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass Büro- und Wissensarbeiter zukünftig sowohl Freiheit benötigen als auch Zugehörigkeit. Denn was virtuelle Kommunikationsplattformen wie Teams und Zoom nicht auffangen konnten, war der informelle Austausch und das Lernen über Köpfe. Zwar wurde auf kreative Weise versucht, die soziale Interaktion mit den Kollegen in virtuellen Kaffeeküchen oder Afterwork-Veranstaltungen anzuregen, allerdings fehlen oft die Spontaneität und der Überraschungseffekt.

Kreative Ideen als Basis für Lösungsansätze entstehen meistens nicht in einem geplanten Zusammentreffen im Meetingraum oder isoliert am eigenen Schreibtisch. Der Kern von Kreativität liegt viel mehr in unverhofften Begegnungen und dem aktiven Face-to-Face-Austausch – bestenfalls im interdisziplinären Kontext. Sogenannte Schnittstellen wie Kaffeeküchen oder Kantinen sind wichtige Orte des Wissenstransfers zur Förderung von kreativen Denkanstößen.

Arbeitsweisen und Prozesse verändern sich. Daraus ergeben sich neue Anforderungen an Büro und Workspace. Foto: Fraunhofer IAO UNStudio ASPLAN

Wenn man von einem Post-Corona-Büro spricht, sind demnach informelle Plattformen ein noch wichtigerer Bestandteil als zuvor. Das Büro muss zu einer inszenierten Erlebnis- und Lernwelt heranwachsen und ein Ort der emotionalen Erfahrungen werden. Nicht nur ein Raum als reiner funktioneller Baustein, sondern ein Raum als Bühne.

Eine Bühne ist ein Ort geprägt von Begeisterung und Emotional Experience. In der Veranstaltungsbranche gelten Events mit einem hohen Grad an Inspiration und Netzwert für die Teilnehmenden als erfolgreich. Inspiration entsteht nicht nur durch informative Formate, sondern vor allem durch Schlüsselmomente, die lange im Gedächtnis bleiben.

Diese Momente entstehen nur durch emotionale Bindungen, etwa durch soziale Interaktion mit Teilnehmenden oder persönlich geprägten Vorträgen. Schlüsselmomente können bei der Entwicklung von kreativen Lösungsansätzen und der Weiterentwicklung von Ideen helfen. Das Büro der Zukunft muss daher nicht nur eine vielfältige Bürolandschaft sein, sondern eine inszenierte Erlebniswelt – ein Ort zum Tanzen.

Beispiele für emotionale Büroflächen mit einer Vielzahl von Orten der Vernetzung findet man unter anderem in der Coworking-Landschaft. Das Modell der Coworking Spaces basiert auf einer lebendigen Community mit einem regen – moderierten – Austausch zur ständigen Vernetzung sowie einem inspirierenden Umfeld. Gestaltungsparadigmen, die für das Büro der Zukunft immer wichtiger werden.

Es kann angenommen werden, dass es zukünftig ebensowenig eine 100-prozentige Verlagerung des Arbeitsplatzes ins eigene Zuhause geben wird wie eine 100-prozentige Rückkehr zur alten, statischen 9-to-5-Regelung. Vielmehr wird es zu einer hybriden Form des Arbeitens kommen, sowohl mit anteiligem Arbeiten im Homeoffice als auch in den Büroräumlichkeiten. Entscheidend ist dabei, dass es sich nicht mehr um ehemalige Raumstrukturen im Büro handeln darf. Ebenso wie Arbeitsweisen und Prozesse muss auch das Konzept für das Büro der Zukunft maßgeblich neu gedacht werden.

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Katharina Dienes

Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team „Workspace Innovation“
Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO)
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