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Lärmreduzierung in der Zerspanungstechnik, Fachbeitrag zum Newsletter Q1-2008

Beitrag 01.03.2008, 18:34 Uhr
REDAKTION-01
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Lärmreduzierung in der Zerspanungstechnik

Blasluft zum Reinigen und Entspänen ist in der Zerspanung an modernen Werkzeugmaschinen nicht mehr wegzudenken. Oftmals sind es nur einfache Rohre, aus denen durch hohen Energieaufwand gewonnene Pressluft auf das Werkstück geblasen wird, was nicht selten Lärmpegel von über 100 dB(A) verursacht. In der Stahlindustrie werden annähernd 80% der Gehörschädigungen durch Druckluftlärm verursacht. Die eigentliche Ursache dieses Lärms sind Turbulenzen der Blasluft, die durch die Form der Blasdüse verursacht werden. Wird hier der Hebel angesetzt, werden sowohl Lärmemission als auch Energieaufwand verringert werden können, was nicht nur zu einer Kostenersparnis führt, sondern auch das Arbeitsmilieu verbessert, was wiederum zu einer Steigerung der menschlichen Leistungsfähigkeit führt.

Der Lärmeinfluss

Von den fünf menschlichen Sinnen ist der Gesichtssinn der wichtigste, gefolgt vom Gehörsinn, der sogar im schlafenden zustand Impulse aufnimmt und an das Gehirn weiterleitet. Es dient als Warnmechanismus und der Kommunikation mittels Sprache.
In der modernen Welt ist das Ohr das am leichtesten und öftesten zu schaden kommende Sinnesorgan, da es für eine solche industrielle Umgebung einfach nicht geschaffen ist. Durch starke wiederholt auftretende Lärmeinwirkung kann es ernstlich geschädigt werden, was bis zur völligen Isolation des Betroffenen von seiner akustischen Umwelt führen kann. Am Gehör entstandene Lärmschäden sind zudem nicht heilbar.
War früher eine lärmende Maschine Symbol für Kraft, Macht und Wohlstand, die Existenzsicherung und Einkommen bedeutete, braucht man sich heute nicht mehr damit abfinden. Lärm gilt heute bei vielen Forschern und Fachleuten als Umweltproblem Nummer Eins.

Anatomie des Ohres

Eine das Ohr treffende Schallwelle wird in Signale umgewandelt an das Gehirn weitergeleitet, dies geschieht in den drei Teilen des Ohres:

der Ohrmuschel und dem Gehörgang
dem Mittelohr
dem Innenohr



Die Ohrmuschel verstärkt durch ihre spezielle Form die ankommenden Schallwellen und leitet sie durch den Gehörgang zum Trommelfell, das dadurch in Schwingung gebracht wird. Über die Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel im Mittelohr, werden diese Schwingungen dann weiter verstärkt ans Innenohr weitergegeben. Das ovale Fenster ist dort die Schnittstelle, von dem aus sich die Schallwellen über die Innenohrschnecke bis ins eigentliche Hörorgan, dem Cortischen Organ geleitet werden. Hier ist der Sitz von über 30.000 Hörzellen, auch Haarzellen genannt, die die Reize der Schallwellen in elektrische Impulse wandeln, die dann über die Nervenbahnen zum Gehirn gelangen.


Einwirkungen des Lärms

„Musik, als störend oft empfunden, weil sie mit Geräusch verbunden“, in diesem kleinen Vers steckt viel Wahrheit über den Einfluss des Lärms auf uns Menschen. Als Lärm emfpindet der Mensch Töne, die ihm unerwünscht sind. Dabei unterscheidet man 3 Arten des Lärmeinflusses:

I. psychischen Lärm, der durch ständige oder sich wiederholende Geräusche wie Verkehrsrauschen oder das tropfen eines Wasserhahnes auch in geringer Lautstärke schon zu Irritationen auch im Schlaf führt. Solche Irritationen am Arbeitsplatz steigen noch mit der Lautstärke und werden besonders bei hohen Frequenzen als störend empfunden und setzen die Leistungsfähigkeit des Menschen herab.

II. maskierender Lärm, der das Ohr daran hindert, andere Signale aufzufassen. Hier sind die Nebengeräusche gemeint, die zum Beispiel ein Gespräch stören oder akustische Warnsignale übertönen können.

III. physischer Lärm, tritt plötzlich zum Beispiel bei Explosionen auf oder ist ständig, wie bei einer großen Industrieanlage und führt zu direkten Schäden am Innenohr. Auch werden Blutdruck, Atmung und auch die Magensäureproduktion dadurch beeinflusst. Kopfschmerz, Übelkeit und Ermüdung sind direkte Folgen einer physischen Lärmbelastung.


Erkennen von Gehörschädigungen
An Lärm kann sich der Mensch entgegen landläufiger Meinung nicht gewöhnen. Eine positive Einstellung zu umgebenden Lärm bewirkt zwar eine Herabsetzung physischer Symptome aber die negativen Auswirkungen auf das Hörorgan direkt sind nicht dadurch zu verhindern. Der Lärm verursacht im Frequenzbereich in dem er am stärksten ist, eine Veränderung an den Hörzellen durch eine Veränderung des Zellstoffwechsels. Haben die Zellen Gelegenheit sich von dieser Belastung wieder zu erholen können sie danach wieder normal funktionieren. Bei täglicher Belastung aber verändern sich der Zellstoffwechsel und die –blutversorgung so sehr das keine Normalisierung mehr möglich ist. Schlimm ist, das man diese Entwicklung zunächst nicht bemerkt, denn zuerst werden höhere Frequenzbereiche betroffen, die oberhalb der Sprachfrequenzen liegen. Vogelgezwitscher oder zirpende Grillen werden so nicht mehr wahrgenommen. Aber später wird dann auch der Sprachbereich betroffen, Konsonanten werden zuerst nicht mehr wahrgenommen, schließlich auch keine Vokale mehr. Aber die Hörzellen sind dann dennoch nicht völlig abgeschaltet und produzieren noch Impulse, die zum Gehirn als einzelne Töne oder Tonkomplexe geleitet werden und als Sausen oder Pfeifen wahrgenommen werden. Der Mensch kann sich also nicht an den Lärm gewöhnen, nur bedingt anpassen und zahlt dafür aber dann einen hohen Preis.
Das Ohrensausen ist solch ein Symptom, dem man nicht entrinnen kann, hat man es erst einmal, denn es ist eine Wahrnehmung, die ohne physikalische Ursache entsteht. Man kann nur den Kopf unters Kissen stecken und hoffen, dass es vorbei geht. Noch schlimmer ist der Tinnitus. Ihn kann man nicht mildern und er führt sogar zu chronischen Schmerzen – ärztliche Hilfe ist geboten. Allerdings kann man nicht operativ vorgehen sondern nur unterstützend und lindernd behandeln. Mittlerweile wird die zahl der Tinnitusgeschädigten in den Industrieländern auf ca. 20% geschätzt, 5% davon sind in ihrem täglichen Leben stark behindert, sei es in Freizeit oder Beruf.


Vermeidung von Lärmschädigungen
Lärmvorschriften

Vorschriften über die zugelassenen Lärmexpositionspegel an Arbeitsplätzen werden u.a. in den EU-Richtlinien 2003/10/EG und OSHA 1910.95 „Occupational noise exposure" angegeben.
In einigen anderen Ländern gelten sogar noch strengere Vorschriften als die der EU-Richtlinien. Hinsichtlich Lärmpegel sind folgende Vorschriften einzuhalten:
Es wird ein möglichst niedriger Lärmpegel nach dem neuesten Stand der Technik und den Möglichkeiten der Lärmbegrenzung gefordert. In Schweden ist der Grenzwert für den Tages-Lärmexpositionspegel 85 dB(A), was 2 dB(A) unter dem geforderten EU-Wert liegt.
Bei Überschreitung der genannten Richtwerte ist die Ursache zu untersuchen. Ein zeitlich festgelegtes Maßnahmenprogramm ist auszuarbeiten und durchzuführen. Lärmexposition soll sich soweit wie möglich unter den angegebenen Grenzwerten halten.
Der Arbeitnehmer ist eingehend über Überschreitungen der Richtwerte und die getroffenen Maßnahmen aufzuklären. Er ist auch über die Gefahr von Gehörschädigungen durch die Lärmexposition sowie auch seine Schuldigkeit, Gehörschutz zu tragen, zu informieren.
Maschinen und technisches Gerät sollen nach dem
neuesten technischen Standard bezüglich Lärmbegrenzung konstruiert sein.
Es ist also wichtig, die technische Entwicklung auf dem Gebiet der Lärmbekämpfung zu verfolgen. Am effektivsten und wirtschaftlichsten ist es, bei der Lärmbekämpfung direkt an der Lärmquelle anzusetzen.
Bei der Frage, wie „möglichst geringe Lärmexposition" zu beurteilen ist, ist vom neuesten technischen Stand und den Möglichkeiten zur Lärmbegrenzung auszugehen.
Die EU-Richtlinien bedeuten, dass man sich nunmehr nicht mehr darauf berufen kann, dass Kosten für Lärmmaßnahmen wirtschaftlich unzumutbar sind. Damit unterbindet die EU u.a. auch die Möglichkeit von Unternehmen und Ländern, sich durch schlechtes Arbeitsmilieu Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

Um diese Grenzwerte erst gar nicht entstehen zu lassen gibt es heute innovative Produkte zur Minderung von Lärm am Arbeitsplatz. Speziell für die vielfach verwendete Blasluft an Werkzeug- und auch anderen Maschinen werden besondere Austrittdüsen angeboten die durch ihre konstruktive Form die Geräuschbildung beim Luftaustritt aus der Blasdüse weitgehend vermindern. Diese sind bei fest montierten Düsen ebenso verwendbar, wie bei mobilen Blasdüsen, wie zum Beispiel an Blaspistolen zur Werkstückreinigung. Das Wirkprinzip hierbei ist einfach erklärt so darzustellen: Die Blasluft, die durch die Rohr- oder Schlauchleitung strömt, wird in ihrer Leitung verwirbelt. Diese Wirbel erzeugen beim Austritt aus dem „offenen Rohr“ dann die störenden Geräusche. Durch spezielle Profilierung der Innenseite der Austrittsdüse wird die Luft schon vor dem Austritt in gerade parallele Einzelströme geleitet, die dann beim Austritt aus der Düse erheblich weniger Geräusch erzeugen. Durch die Ausrichtung des Luftstrahles wird dieser auch noch effizienter, was zu einer Verminderung der benötigten Menge Blasluft führt. Ein nicht zu vernachlässigender Punkt bei der Kostenrechnung, denn Pressluft ist eine der teuersten Energieformen am Arbeitsplatz.

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Dieser Fachbeitrag wurde von unserem Moderator Samson bereitgestellt. danke.gif
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