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WFL Millturn Technologies News

EINMAL SPANNEN - KOMPLETT BEARBEITEN

Ein "Geht nicht" gab's nicht

Welche Gefühle und Erinnerungen haben Sie, wenn Sie an WFL denken?
Skutl: Gerade in letzter Zeit denke ich oft und intensiv an WFL, besonders da 2018 25 Jahre WFL gefeiert wurden. Im Oktober 1993 hätte es allerdings nur wenige Leute gegeben, die auf ein 25-jähriges Bestehen unserer Firma gewettet hätten. Die Werkzeugmaschinenindustrie befand sich damals in einem historischen Tief. Die Auftragseingänge in der Branche waren um mehr als 50 % zurückgegangen. Reihenweise schlitterten Firmen in die Insolvenz. Außerdem fanden beim Übergang von VA-Steinel zu WFL auch tiefgreifende, strukturelle Veränderungen statt. Die komplette Teilebeschaffung auf Zukauf umzustellen, ohne Qualitätsverlust an unseren Maschinen, war eine logistische Herausforderung. Uns allen war damals bewusst: Es gibt nur einen Versuch und der muss klappen.

Siegwart: Schwierigkeiten gab es da am Anfang mit dem Aufbau von Personal, da viele bis Ende 1993 noch im VOEST-Arbeitsverhältnis standen und danach in die VOEST-Stiftung hätten gehen können. Die Leute, die ich anwerben wollte, haben natürlich das Risiko unseres Vorhabens erkannt. Wenn wir scheitern würden, hätten sie die Chance auf die Stahlstiftung und eine Umschulung versäumt. Also begann ich einige Schritte in die Wege zu leiten, sodass WFL – obwohl wir eine private Firma waren – der Stahlstiftung beitreten konnte. Für viele war das ein entscheidender Punkt, um den Weg mit uns zu gehen.

 

WFL gilt als Pionier der Komplettbearbeitung. Wie kam es dazu?
Siegwart: Leider sind wir bei einer eigenen Entwicklung für einen Werkzeugrevolver mit rotierenden Werkzeugen zur echten Komplettbearbeitung an einigen Punkten gescheitert. Das waren einerseits die Anzahl der Werkzeuge, die Kollisionsproblematik und Baugröße. Auch die Technologie war zu komplex und daher nicht realisierbar. Es gab außerdem kein verfügbares, einheitliches Werkzeugsystem. Aus diesen Gründen war meine Entscheidung, neben einem Standardrevolver für das Drehen einen eigenen Schlitten zur Aufnahme einer Fräseinheit mit eigenem Werkzeugmagazin für Standardfräswerkzeuge (SK40) in eine Drehmaschine zu integrieren. Das war im Oktober 1982 und daraus entstand die erste MILLTURN.

Skutl: Hier konnte ein Meilenstein in der Geschichte der Komplettbearbeitung gesetzt werden. Die Konkurrenz erblasste und tat das Ganze als technische Spielerei ohne praktischen Wert ab. Nur muss man sagen, der Markt war noch nicht so weit. Es gab Vorbehalte. Das Credo, gedrehte Flächen auf Drehmaschinen,  gefräste auf Fräsmaschinen, musste erst erschüttert werden.

 

Wie ist der Name MILLTURN entstanden?
Siegwart: Der Name stammt aus VOESTZeiten. Damals gab es ein groß angelegtes Entwicklungsprogramm, bei dem man verschiedene Maschinengenerationen entwickelte. Es gab Maschinen mit Roboter, die nannte man AUTOTURN. Für die Komplettbearbeitungsmaschine mussten wir uns auch etwas überlegen. Ich sagte dann: „Das ist die MILLTURN.“ Das war 1983.

 

Welche technische oder wirtschaftliche Entwicklung halten Sie für die bedeutendste?
Skutl: Eine der für mich Bedeutendsten war wohl der Schritt zum Einzelwerkzeugträger in Verbindung mit einem externen Magazin. Plötzlich gab es werkzeugseitig kaum mehr Einschränkungen. Auch die fixe Aufteilung zwischen feststehenden und rotierenden Werkzeugen war Geschichte und das Ganze noch dazu kollisionsfrei. Durch dieses neue Konzept konnten Maschinen hauptzeitparallel gerüstet werden, was sich positiv auf Nutzungsgrad, Durchlaufzeit und somit auf die Wirtschaftlichkeit auswirkte. Ein weiterer Schritt war die Integration einer zweiten Werkzeugaufnahme am Einzelwerkzeugträger zur Aufnahme langer Bohrstangen. Die Einschränkung der maximalen Werkzeuglänge war plötzlich überwunden.
Dazu fällt mir eine Situation auf einer IMTS in Chicago ein: Es lief gerade ein Show-Programm. Ein Besucher stand davor und beobachtete den Ablauf. Als sich eine Klappe öffnete und die Maschine eine zwei Meter lange Bohrstange einwechselte, kam ihm ein ehrfurchtsvolles „Oh boy...“ über die Lippen. Die Maschine war die Attraktion der Messe.

 

Was hat Sie an Ihrer Arbeit besonders interessiert und begeistert?
Skutl: Wir standen in Bezug auf Komplettbearbeitung am Anfang einer Entwicklung, deren Ausmaß seinerzeit noch gar nicht abgeschätzt werden konnte. Das MILLTURN-Konzept richtet sich ja an Kunden, die komplizierte Werkstücke in relativ kleinen Losgrößen herstellen. Noch war nicht klar, ob das Risiko der totalen Konzentration auf  dieses Gebiet erfolgreich sein konnte. Spannend war die Tatsache, dass es praktisch täglich neue Herausforderungen und Aufgaben gab und deren Lösungen auch noch vom Markt angenommen wurden. Das wirkte unglaublich motivierend und wurde als Lohn für die hohen Anstrengungen empfunden.

Siegwart: Wir haben nach und nach sehr positives Echo bekommen, ohne dass es uns bewusst war. Da war zum Beispiel ein Auftrag in Norwegen aus dem Bereich Luftfahrt, den wir bekommen haben. Ihr Pflichtenheft war einfach monströs. Sie haben nach unserer anfänglichen Absage aber nicht nachgelassen und uns nach Norwegen geholt. Ich habe zu ihnen gesagt, dass ich bereit bin, bis zur technisch realisierbaren Grenze zu gehen. Diese Leute hatten ein solches Interesse, das war mir schleierhaft. Erst später habe ich herausgefunden, dass sie für dieses Projekt einen Fachmann als Berater eingestellt hatten – ein früherer Konkurrent von uns. Er hat unsere Maschine für  diesen Bedarfsfall als am besten geeignet befunden. Das war für uns natürlich eine große Anerkennung.

 

Wie haben Sie Ihre Kollegen in Erinnerung?
Skutl: Ich habe wirklich nur die allerbesten Erinnerungen, besonders an die Gruppe, die sozusagen die WFL aus der Taufe gehoben hat. Die Motivation war großartig, ein „Geht nicht“ gab‘s nicht. Ob es eine Nacht- und Nebelaktion war, um eine Maschine auf einer Messe für eine wichtige Vorführung am nächsten Tag fit zu kriegen oder eine ungeplante Nachtschicht eingelegt werden musste, um eine Abnahme zu retten, alles wurde mit Selbstverständlichkeit und ohne lange Diskussion erledigt. Wir kamen dem schrecklich abgedroschenen Satz „Der Verkauf ist nicht die ganze Firma, aber die ganze Firma sollte ein Verkauf sein“ doch ziemlich nahe.

 

Was hat den Zusammenhalt gefördert?
Skutl: Anfangs war es die „Rücken an der Wand“ Position, das Bewusstsein, dass es nur vorwärts geht und wir eigentlich nur einen Versuch hatten. Obwohl wir es  nie waren, fühlten wir uns wie Eigentümer und nahmen die Verantwortung wie Eigentümer an.

Siegwart: Im Gründungsjahr 1993 gab es weltweit eine Rezession am Werkzeugmaschinenmarkt. Viele – insbesondere die Konkurrenz – gaben uns wenig Chance, die ersten sechs Monate zu überleben. Was zum Teamgeist und zur Motivation der gesamten Firma beigetragen hat, war, dass wir nur jene Leute angesprochen haben, die den Glauben an das Produkt hatten. Somit konnten wir mit einer motivierten, kompetenten Mannschaft starten.

 

Welche großen Ereignisse sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Siegwart: Vor allem die Entwicklung der neuen Generation der M100 MILLTURN und der Erwerb der bisher nur gemieteten Liegenschaft, denn damit waren wir Herr im eigenen Haus. 1993 wurde WFL von der Familie Rothenberger, in Deutschland ansässig, übernommen. Nachdem wir nach den ersten Jahren über dem Berg waren und die  Aufträge und Ergebnisse gut waren, haben wir ziemlich freie Hand bekommen, sowohl in technischen Aktivitäten als auch in Richtung Marktaktivitäten. Konsequenterweise hat das bei ständig wachsendem Geschäft zur Gründung von Niederlassungen mit eigenem Verkaufs- und Servicepersonal geführt.

Skutl: Eine Adresse im Land – zum Beispiel in den USA – hat uns außerdem bei Kunden die Frage erspart, ob wir aus Österreich mit dem Auto angereist sind.

 

Welche Trends sehen Sie für den Werkzeugmaschinenmarkt in der Zukunft?
Skutl: Ich glaube, dass der Markt für Komplettbearbeitung immer noch wächst. Außerdem wird sich auch bei entsprechender Kundenzufriedenheit ein stabiler Markt an Ersatzinvestitionen bilden. Ich glaube, dass durch die Schwierigkeit für unsere Kunden, geeignetes Fachpersonal in ausreichender Menge zu finden, der Druck in Richtung  Automatisierung zunimmt. Automatische Abläufe vermeiden menschliche Fehler. Hier tut sich ein weites Feld für Entwicklungen auf.

 

Welche Erfolgsformel hatten Sie in Ihrer Zeit bei WFL?
Skutl: Ich habe irgendwo gelesen, dass man, wenn man sich Sonntagabends nicht auf die Arbeit am Montag freut, im falschen Job ist. Ich muss sagen, dass ich noch nie so gerne in eine Firma gegangen bin wie während meiner Zeit bei WFL.

Siegwart: Sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Neue Anwendungsideen am Markt und beim Kunden diskutieren und nach Möglichkeit bei einem Auftrag oder bei der Entwicklung der nächsten Millturn-Modelle berücksichtigen.

 

Welchen Ratschlag möchten Sie WFL mit auf den Weg geben?
Siegwart: Sich auf den Erhalt und den Ausbau der weltweiten Technologieführerschaft zu konzentrieren.

 

Was würden Sie heute anders machen?
Skutl: Ich würde in die Kosmetikindustrie gehen. Da ist man ständig von wohligen Düften und Menschen umgeben. (lacht)

 

Welches ist Ihr Lieblingsbuch?
Siegwart: Ich habe kein Lieblingsbuch. Erstens mag ich es nicht, mich in die Gedanken von irgendeinem Dichter zu versetzen – da mach ich mir lieber meine eigenen. Aber über Politik – vor allem Geopolitik, Geschichte oder Technik lese ich sehr gern. Und ich sehe mir täglich an, was die Russen und die Amerikaner so schreiben.

Skutl: Die MILLTURN Betriebsanleitung.

 

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Verantwortlich für den Inhalt dieser Pressemitteilung: WFL Millturn Technologies GmbH & Co. KG

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