Hans-Jürgen Büchner

Iscar

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Interview

Vom Werkzeughersteller
zum Komplettlieferanten

Große Werkzeughersteller werden zum Komplettlieferanten. Zudem gehört die Dienstleistung rund um die Bearbeitung zu einer wichtigen Voraussetzung für den Erfolg. Diese Trends sind für die ISCAR Germany GmbH, Ettlingen, erkennbar. Der Werkzeughersteller präsentiert sich während der internationalen Messe für Fertigungstechnik und Automatisierung Metav vom 28. Februar bis 03. März in Düsseldorf. Mit Geschäftsführer Hans-Jürgen Büchner sprach eMagazine-Chefredakteur Georg Dlugosch.

Bei der vorigen Metav hat Iscar die globale Finanzkrise für beendet erklärt. Wie sieht sich das Unternehmen zum jetzigen Zeitpunkt für das Jahr 2012 aufgestellt?

Büchner: Wir hatten Recht – die Krise war beendet, auch wenn es damals noch keiner so richtig glauben wollte. Nach einem Rekordjahr 2011 ist Iscar für 2012 sehr gut aufgestellt. Wir haben für die notwendigen Ressourcen, sowohl in der Fertigung als auch im Personal, vorgesorgt, so dass wir hochmotiviert die gesteckten Ziele angehen können.

Welche Erfahrungen haben Sie aus dem Auf und Ab der vergangenen drei Jahre gezogen, um die nächste Krise zu bewältigen?

Büchner: Wir haben in der Krise viele Erfahrungen gesammelt, die wir hoffentlich nie zur Bewältigung einer kommenden Krise einsetzen müssen. Wir gehen davon aus, dass sich solch eine Krise in unserem Berufsleben nicht wiederholt. Wir haben gelernt:

  • mit dem für uns bis dahin unbekannten Instrument Kurzarbeit umzugehen,
  • dass das Thema Kundenservice an erster Stelle stehen muss und sich der Kunde auch in Zeiten der Kurzarbeit nicht vernachlässigt fühlen darf,
  • dass wir mit Zulieferanten enger zusammenrücken müssen,
  • dass Lieferungen und Angebote noch schneller erwartet werden, da Lagerbestände heruntergefahren sind.

Wir haben die Krise gut und schnell bewältigt, und wir werden die Erfahrung nutzen, falls erforderlich, in einer Krise noch besser zu bestehen.

Was versprechen sich Unternehmen und speziell Iscar von der Teilnahme an der Metav?

Büchner: Im bevölkerungsreichsten Bundesland mit einer sehr starken metallverarbeitenden Industrie erwarten wir zunächst einmal viele Besucher, viele Fachgespräche und dass wir natürlich viele Kunden von unseren Werkzeugen begeistern können. Wir sind überzeugt, eine erfolgreiche Messe vor uns zu haben.

ISCAR ist einer der weltweit führenden Anbieter für Zerspanungswerkzeuge. Die deutsche Niederlassung, ISCAR Germany GmbH, befindet sich in Ettlingen. Aus einem reinen Vertriebs- und Servicestützpunkt entwickelte sich aus das Unternehmen innerhalb kürzester Zeit zum Full-Service-Dienstleister rund um den Zerspanungsprozess mit mehr als 230 Beschäftigten in Deutschland. Für den wachsenden Bedarf an Sonderwerkzeugen stehen in Ettlingen erfahrene Konstrukteure und eine hochmoderne Fertigung zur Verfügung.

Welche Trends zeichnen sich ab?

Büchner: Ein aktuelles Thema in der Branche ist die Kühlschmierstoffstrategie, wobei sich die Trocken- beziehungsweise Minimalmengenschmierung nicht flächendeckend durchgesetzt hat. Sie hat sich hauptsächlich in der Serienfertigung in der Automobilindustrie etabliert. Aktuell ist die Kühlschmierstoffzuführung mit hohem Druck beherrschendes Thema, vor allem bei der Bearbeitung von Titan, Titanlegierungen und hochhitzebeständigen Werkstückstoffen. Vorreiter ist die Luft- und Raumfahrtindustrie, auch in der Medizintechnik und Automobilzulieferindustrie kommt diese Technik mehr und mehr zum Einsatz. Ganz neu in diesem Zusammenhang ist die kryogene Kühlung, für deren wirtschaftlichen Einsatz noch viele Grundlagen aktuell in einigen Universitäten und Hochschulen untersucht werden. Weitere aktuelle Trends sind die energieeffiziente Fertigung, die Bearbeitung neuer Werkstückstoffe wie CFK (karbonfaserverstärkte Kunststoffe), die nun auch den Weg in die Automobilindustrie gefunden haben. Für all diese Aufgaben werden Prozesse gestaltet und Schneidstoffe, Beschichtungen und Geometrien entwickelt.

Wie entwickelt sich die Branche?

Büchner: In der Branche ist zu erkennen, dass die großen Werkzeughersteller zum Komplettlieferanten werden, sprich, eine Maschine von der Aufnahme bis zur Schneide komplett ausstatten können. Die Dienstleistung rund um die Bearbeitung ist ein wichtiger Bestandteil zum Erfolg. Dazu gehören Beratung, Projektierung, Prozessauslegung, Prozessoptimierung, Datenaustausch, Datenpflege, Versuche vor Ort, gemeinsame Entwicklung und vieles mehr. Dafür sind wir gut aufgestellt, um den Anforderungen unserer Kunden gerecht zu werden.

Wie wichtig ist die Erfahrung in der Medizintechnik?

Büchner: Da es sich bei der Medizintechnik um eine moderne Hightech-Branche handelt, können die bei der Bearbeitung von hochkomplexen Bauteilen aus meist schwer zu zerspanenden Werkstoffen erworbenen Erfahrungen und Kenntnisse auch in andere Bereiche der Zerspanung umgesetzt werden. Die Medizinbranche muss ebenfalls die Herstellkosten aufgrund eines steigenden Kostendrucks bei gleichzeitiger Senkung der Laufzeiten wegen der Erhöhung der Ausbringmengen in Einklang bringen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn sich ein Hersteller darauf einlässt, seine bestehenden Bearbeitungsschritte zu überdenken und eventuell auch durch neue Technologien zu ersetzen – und das bei validierten Prozessen.

Foto: Iscar

Welchen Einfluss haben die Werkstoffe auf die Art der Bearbeitung?

Büchner: Da die Werkstoffe sehr oft schwer zu zerspanen sind, müssen die Bearbeitungsstrategien angepasst werden. Die Schnittparameter sowie die Werkzeugauswahl werden durch die unterschiedlichen Werkstoffe bestimmt; zum Beispiel beim Fräsen von Titanbauteilen ist Gleichlauffräsen vorzuziehen, lange Kontaktzeiten sind zu vermeiden und deshalb ist beispielsweise trochoides Fräsen gut anzuwenden.

Können Hersteller bei der Entwicklung neuer Werkzeuge Technologien anwenden, die sie aus anderen Branchen wie Luftfahrt oder Automobilindustrie kennen?

Büchner: Natürlich werden, wenn es Sinn macht, Technologien aus anderen Industriebereichen übernommen. Als Beispiel sehen wir die Entwicklung unserer JHP-Werkzeuge (das heißt, Werkzeuge mit Hochdruckkühlung), die zuerst für die Bearbeitung von Titan, Inconel und anderen hochhitzebeständigen Legierungen in der Luftfahrtindustrie eingesetzt wurden. Auch in der Medizintechnik werden gleiche oder ähnlich zu zerspanende Werkstoffe eingesetzt. Auch wenn die Zerspanvolumina um einiges kleiner sind, können die positiven Eigenschaften dieses Systems (wie effektive Spankontrolle, bis zu 100 Prozent höhere Standzeit und bis zu 200 Prozent höhere Schnittgeschwindigkeiten möglich) bei der Bearbeitung von hochkomplexen Medizinbauteilen ihre Vorteile in einem stabilen und sicheren Prozess ausspielen.

Das Thema „Individualproduktion von der Stange“ scheint in der Medizintechnik beherrschend. Welche Anregungen können Sie aus Ihrer Erfahrung geben?

Büchner: Aufgrund unserer intensiven Branchenkenntnisse ist es uns sehr gut möglich, bei einer patientenspezifischen Einzelfertigung Prozesse und Werkzeugsysteme, die bereits bei einer Serienfertigung eingesetzt werden, auf diese umzusetzen. Ob es um die Herstellung von kleineren Chargen bis hin zum Unikat oder auch um die wirtschaftliche Fertigung von Serienbauteilen handelt, können wir die passenden Lösungen aufzeigen.

Kontakt

Hans Jürgen Büchner

Geschäftsführer
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Iris Kobberstad

Marketingassistentin
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