Birgit Hummler

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SCHLEIF Arena

Achtung: Einfach wie ein Smartphone!

An die neueste Generation der Unterhaltungselektronik ist die Programmierung der Maschine künftig angelehnt. Die Architektur der neuen Software für Schleifprozesse zeichnet sich dadurch aus, dass konsequent die Berechnungsebene und die Benutzeroberfläche voneinander getrennt wurden. Die Bedienung der Maschine geschieht fast so einfach wie die Nutzung des Smartphones.

Einen neuen Weg bei der Softwareentwicklung für Schleifprozesse geht die Haas Schleifmaschinen GmbH in Trossingen. Die im Haus entwickelte Maschinensoftware Multigrind Horizon greift dem Ingenieur, der die Schleifsoftware programmiert, in einzigartiger Weise unter die Arme. Das Tool, das sich an modernen Benutzeroberflächen orientiert, ist extrem bedienerfreundlich angelegt und bringt deutliche Zeiteinsparung bei der Programmierung von komplexen Schleifbearbeitungen.

Die Maschine, die gerade dabei ist, Profilwendeplatten für eine Drehbearbeitung zu fertigen, ist durch ihr Design für den Fachmann leicht als Haas-Multigrind-Schleifmaschine zu erkennen. Die Funktionen dieser Schleifeinheit entsprechen der Liga, in der diese Maschine spielt: Sie weiß mit hochkomplexen Geometrien umzugehen. Das wirklich Außergewöhnliche zeigt sich allerdings auf dem Monitor der Maschinenbedienung: Die schachbrettartig aufgebaut Navigationsfläche auf dem Bildschirm erinnert überhaupt nicht an die üblichen industriellen Bedienoberflächen. „Heute ist bei allen Herstellern eine gute Funktionalität der Maschinensoftware gegeben“, stellt Thomas Bader, Geschäftsführer Technik und Vertrieb der Haas Schleifmaschinen, fest. „Die Unterscheidungsmerkmale liegen in der Usability der Software, also in der Bedienungsfreundlichkeit der Maschine.“ Genau an diesem Punkt hat sich das Trossinger Unternehmen ins Zeug gelegt und eine neue Generation von Maschinensoftware entwickelt.

Anspruchsvoll programmiert

Die Geometrien von Profilschneidplatten für die Metallbearbeitung sind so vielfältig wie die Bearbeitungsaufgaben, für die sie eingesetzt werden – und daher eine Wissenschaft für sich. Oftmals handelt es sich um Sonderwerkzeuge, die in kleineren Serien gefertigt werden. Die Hersteller dieser Werkzeuge setzen alles daran, durch bis ins Feinste ausgeklügelte Konturen und Details optimale Schnittgeschwindigkeiten, Vorschübe und Standzeiten zum Vorteil ihrer Kunden zu erreichen. So variieren die Grundform der Profilschneidplatten, die Schneidkantenlänge und die Schneidenausbildung, der Freiwinkel und der Fasenwinkel, die Eckrundungen und Spanflächen.

Haas-Schleifmaschine der jüngsten Generation. Foto: Haas

Je komplexer die Geometrie, umso aufwendiger ist auch die Programmierung. Vom Maschinenbediener erfordert die bisher übliche Benutzerschnittstelle ein hohes Maß an Abstraktionsvermögen und Konzentration. Oftmals muss sich ein Maschinenbediener der Maschinenlogik unterordnen.

Ein ganz neues Programmiergefühl entsteht jedoch mit der neuen Software von Haas Schleifmaschinen. Schon auf der ersten Navigationsseite überschaut der Bediener alle wichtigen Parameter des Schleifprozesses – von den Umgebungsvoraussetzungen wie dem Rohling, den Spannmitteln und den Schleifmitteln über Kontur und Geometrie des Werkstücks bis hin zu den verfügbaren Schleifwerkzeugen und den Schleifoperationen. Die Navigation ist intuitiv, die Art und Weise der Eingabe standardisiert. Fast fühlt man sich an ein iPhone erinnert. Und es fehlt der übliche Wirrwarr an Eingabemasken.

Intuitiv und augenfällig

„Visualisierung ist alles“, betont Wolfram Hermle, Leiter der Haas-Softwareentwicklung, „und dies ist uns ganz gut gelungen.“ Alle Eingabemasken sind als Miniaturen auf dem Bildschirm hinterlegt. Geht der Mauszeiger auf eine von ihnen, so leuchtet der Inhalt bereits schemenhaft auf. Die Verknüpfungen zwischen den Masken, also den einzelnen Arbeitsschritten, sind visualisiert. Auf der Benutzeroberfläche wird das 3D-Modell des Werkstücks erzeugt. Jede Eingabe schlägt sich in diesem Modell erkennbar nieder. Auch die Bahnen, die die Schleifscheiben abfahren, sind durch Linien sichtbar gemacht. Klickt man eine der Linien an, so kommt man zu der Maske, auf der diese Linie definiert wurde und kann sie direkt bearbeiten. So findet eine permanente Schleifsimulation in Realtime statt. Das erleichtert die Programmierung wesentlich und vermeidet Fehler.

Möglich wird die neue Art der Programmierung von Schleifsoftware durch die Nutzung moderner IT-Technologie, die teilweise sogar aus der jüngsten Generation der Unterhaltungselektronik stammt. Die Architektur der neuen Software zeichnet sich dadurch aus, dass konsequent die Berechnungsebene und die Benutzeroberfläche voneinander getrennt wurden.

Moderne Programmiersprachen und Software-Tools erlauben den Einsatz von Multiprozessorrechnern, die eine parallele Datenverarbeitung erlauben. Diese Features führen auch dazu, dass der Bediener der Maschine einen Großteil der Rechenvorgänge, die im Hintergrund laufen, gar nicht mehr erkennt und nur noch die für ihn relevanten Daten und Visualisierungen sieht. „Was den Bereich des Schleifens angeht, haben wir es mit einem echten Paradigmenwechsel zu tun“, stellt Bader fest.

Zukunftsorientierte Software

Die Anwender der neuen Software, die sie zur Herstellung von Profilplatten für die Drehbearbeitung einsetzen, machen gute Erfahrungen. Die Produktivität beim Programmieren erhöht sich. Die ersten Kunden äußern, dass sie beim Schleifen um 30 bis 40 Prozent schneller ans Ziel kamen. Dabei war die Zeiteinsparung umso größer, je komplexer das Werkstück war. Auch wenn es „nur“ ums Programmieren geht, ist dies nicht zu vernachlässigen.

„Der Automatisierungsgrad beim Schleifen wird höher und die Anforderungen in Bezug auf Genauigkeiten und Zuverlässigkeit wachsen“, betont Bader. „Das heißt, dass die neue Software-Generation wesentlich komplexere Prozesse abbilden und steuern muss als früher und damit eine Schlüsselstellung beim Schleifen einnimmt.“

Nach den Wendeplatten werden sukzessive auch in den Bereichen Verzahnung, Medizintechnik und Aerospace die Haas-Schleifmaschinen mit Multigrind Horizon ausgestattet. Auch weil mit dieser Neuentwicklung Datenformate problemlos eingelesen, verarbeitet und von diesen Daten Schleifpfade abgeleitet werden können, wird jedes der 600 Bearbeitungs- und Berechnungsmodule, die mittlerweile bei Haas entwickelt worden sind, in die neue Software portiert werden.

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