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Mit Sicherheit gut

Sicher ist sicher, das gilt für deutsche Werkzeugmaschinen allemal – aber funktionale Sicherheit bei Werkzeugmaschinen lässt sich nicht unter einen normengerechten, globalen Hut bringen. Während der Metav (vom 11. bis 15. März in Düsseldorf) widmet sich der VDW-Technologietag (Dienstag, 11. März) diesem Thema. Das Ziel ist es aufzuzeigen, wie weit die Umsetzung der Norm ISO 13849 gediehen ist und wo die neuen Bewertungsmethoden den Herstellern Schwierigkeiten bereiten.

Die funktionale Sicherheit ist ein wichtiger Aspekt von Werkzeugmaschinen. Sie dient beispielsweise der Absicherung von Tätigkeiten bei geöffneten Schutztüren. Strittig unter Praktikern sind Risikobeurteilung und deren Reproduzierbarkeit, wie sie von der neuen Steuerungsnorm ISO 13849 gefordert werden. Denn die neuen wahrscheinlichkeitstheoretischen Berechnungen – in der Fachsprache probabilistische Methoden – stellen die bisherige Betriebsbewährtheit in Frage und führen zu Unterbewertungen.

Werkzeugmaschinenhersteller sind schon aus Haftungsgründen (Produkthaftung und persönliche Haftung) seit jeher um Einhaltung gängiger Sicherheitsvorschriften und Normen bemüht und stecken erheblichen Aufwand in das Erreichen normkonformer Sicherheitsstandards. Dabei könne das neue Regelwerk, so eine weit verbreitete Expertenmeinung, gar nicht in allen Bereichen erfolgreich angewendet werden, weil die willkürlich geforderte rechnerische Ausfallsicherheit bewährter technischer Lösungen auf dem Papier nicht nachgewiesen werden kann.

Theorie und Praxis der Risikobeurteilung

Die Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis in der Risikobeurteilung bringt Professor Dominic Deutges von der Hochschule Niederrhein, Krefeld, und Technologieberater der A. Monforts Werkzeugmaschinen GmbH, Mönchengladbach, auf den Punkt: „In der praktischen Anwendung der ISO 13849 zeigt sich in Teilbereichen, dass aktuelle und sicherheitsbewährte Schaltungen der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie den neuen Rechenregeln nicht genügen. Gerade im Bereich der hydraulischen Spanntechnik zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen der Bewährtheit von vielen tausend Maschinen im Feld und der nach ISO 13849 berechneten Sicherheit. Wir haben ein sehr geringes Unfallgeschehen und Untersuchungen der deutschen Berufsgenossenschaft zeigen, dass das größte Problem heute die Manipulation von Sicherheitseinrichtungen ist.“

Kritisch sei auch die Risikobeurteilung mit dem so genannten „Risikographen“ der ISO 13849, da die geforderten Werte ohne Begründung aus dem Unfallgeschehen häufig höher liegen, als dies bisher der Fall war. Die Norm „hätte vor der Veröffentlichung an realen, aber schwierigen Schaltungen aus dem Werkzeugmaschinenbau geprüft werden sollen, was leider nicht erfolgt ist“.

Die ISO 13849 ist ein "vereinfachender" und dadurch verschärfender Ansatz, der die Sicherheit mit probabilistischen Methoden beschreiben möchte – im Gegensatz zum deterministischen Ansatz der Vorgängernorm EN 954. Dabei baut die Norm auf den Methoden der ISO 61508 auf und erfordert umfangreiche Ausfallsicherheitsberechnungen. Die generierten Berechnungsunterlagen umfassen beispielsweise schon bei einfachen Standard-Drehmaschinen etwa 200 Seiten, hinzu kommt eine Risikobeurteilung nach ISO 12100 mit etwa 80 Seiten – ein immenser Aufwand, der sich „ohne die Unterstützung durch geeignete Tools nicht mehr praxisgerecht bewältigen lässt“, so Deutges.

Foto: METAV, Constanze Tillmann

„Wir brauchen eine Risikobeurteilung, die das gesamte, von einer Maschine ausgehende Risiko über die Betriebsdauer bilanziert und zu absoluten Richtwerten ins Verhältnis setzt“, betont Technologieberater Deutges, „hiermit liegt dann automatisch ein Fokus auf manipulierten Betriebszuständen, die – so zeigen Studien der Berufsgenossenschaft – durchaus verbreitet sind.“ Wesentlich sei auch ein alternatives Risikomodell, das die Sicherheit von Maschinen oder deren Sicherheitsfunktionen aus der Betriebsbewährtheit nachweist. Damit verbunden ist ein Fortbestand von bewährten Sicherheitsschaltungen, die in den vergangenen Jahren erfolgreich eingesetzt wurden.

Das neue Regelwerk „wird für die Maschinenhersteller an den Stellen kritisch, an denen aktuelle sicherheitstechnische Lösungen den Berechnungskriterien nicht genügen“, so Deutges, „oft stellt sich die Frage nach dem technisch Machbaren und nicht nur nach erhöhten Kosten.“ Darüber hinaus haben Maschinenhersteller nach der neuen Maschinenrichtlinie die Verpflichtung, Maßnahmen gegen die Manipulation von Schutzeinrichtungen zu ergreifen.

Ein praxisgerechter Ansatz dazu sind funktional eingeschränkte Sonderbetriebsarten. Das aktuelle Problem ist der bei vielen Maschinentypen noch fehlende normative Rahmen: „Die Hersteller operieren bei diesem Thema in einer Grauzone.“ Der VDW und seine Mitgliedsfirmen arbeiten seit Jahren an der Umsetzung der Norm und der Entwicklung alternativer Ansätze. Daran beteiligt sind überdurchschnittlich viele Hersteller, allerdings überfordert die derzeitige Häufung von internationalen Normungsvorhaben viele mittelständische Unternehmen.

Ein wunder Punkt, so Deutges, sei der Unterschied in der funktionalen Sicherheit zwischen deutschen und asiatischen Herstellern: „Die ISO 13849 ist eine weltweit gültige Norm, also sollte das zu Grunde liegende Sicherheitskonzept auch in Asien beherzigt werden. Allerdings – so zeigt meine persönliche Beobachtung – geht die Schere der Sicherheitstechnik derzeit weiter auseinander. Führende Hersteller aus Europa und Japan sind sehr um die Umsetzung bemüht, während gerade in Ländern wie China und Taiwan noch kaum Aktivitäten zu erkennen sind, normkonforme Lösungen zu entwickeln. Dort besteht ohnehin noch eine deutliche Diskrepanz im Sicherheitsniveau – schon vor Einführung der ISO 13849.“

Die Metav werde einen Überblick liefern, wie weit die Umsetzung der Sicherheitsforderungen durch ISO 13849 gediehen ist: „Ich denke, es wird deutlich werden, dass viele VDW-Firmen ihre Hausaufgaben gelöst haben. Der geplante VDW-Technologietag wird aufzeigen, wo die Bewertungsmethoden den Herstellern Schwierigkeiten bereiten.“

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Prof. Dr. Dominic Deutges

Consultant
A. Monforts Werkzeugmaschinen GmbH
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Autor

Walter Frick, Fachjournalist

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