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Neue Materialien
braucht die Industrie

Jeder Werkstoff hat seine spezifischen Vorteile. Neue Materialien sind der Schlüssel für viele neue Produkte. Eine neue Tagung mit alter Tradition bringt Wissenschaftler und Anwender zusammen: Die „Werkstoffwoche 2015“ hat eine Fülle von Informationen vermittelt und auf das breite Spektrum aufmerksam gemacht. Der Wettbewerb der Werkstoffe hat eine passende Bühne in Dresden gefunden. Der Schwerpunkt lag bei neuen Werkstoffen für die Automobil- und Maschinenbauindustrie sowie Luft- und Raumfahrt. Medizintechnik und additive Fertigung wurden ebenfalls berücksichtigt. Veranstaltet vom Stahlinstitut VDEh und der Deutschen Gesellschaft für Materialkunde (DGM) hat das neue Konzept mit historischem Vorbild Anklang gefunden. 1800 Experten für Werkstoffe kamen nach Dresden, um eine schier überbordende Fülle von Informationen zu erhalten, deren Strukturierung allerdings noch verbessert werden kann. Vorgänger war die Werkstoffschau, die 1927 in Berlin stattfand und höchstes Interesse erregte.

So war es auch bei der Neuauflage in Dresden, wie die Resonanz zeigte. Mit der deutschen Materialmetropole und mitten im größten Leichtbau-Cluster Deutschlands ist ein starker Standort für diesen Kongress mit Fachmesse gefunden worden. Im Zentrum stehen die Konstruktions- und Funktionswerkstoffe: Stahl, Nichteisen-Metalle, Keramik, Glas und Polymere. Neuartige metallische Strukturen, hybride Werkstoffe sowie Verbundwerkstoffe werden in ihren Vor- und Nachteilen erörtert, um die wissenschaftlich erarbeiteten Grundlagen schnell in die Praxis umzusetzen.

Leichtbau zählt zu den Megatrends im Fahrzeugbau. Den Unterschied von Radfelgen bei den Hybridbussen der Dresdner Verkehrsbetriebe mit Leichtbauweise hat Thyssenkrupp Carbon Components gemeinsam mit dem Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik demonstriert. Denn Leichtbau muss nicht auf die Karosserie beschränkt bleiben, sondern die Prinzipien finden ihren Einsatz zunehmend auch im Antriebsstrang und Fahrwerk. Im Forschungsprojekt InEco (Innovation – Elektromobilität – Composites), an dem auch die Leichtbau-Zentrum Sachsen GmbH beteiligt war, wird durch konsequenten Leichtbau Masse eingespart und gleichzeitig ein attraktives Fahrerlebnis geschaffen. Ein Spin-Off des Instituts ist die Leichtbau-Zentrum Sachsen GmbH, die mit neuartigen Faserverbundbauteilen und Composite-Strukturen die Flugzeugtriebwerke verbessert. Ein hallengroßes Flechtrad wird im Kunststoff-Anwendungszentrum genutzt, um die geflochtenen Grundlagen für Faserverbundwerkstoffe zu herzustellen.

Die neuen Materialien müssen auch geprüft werden. Dafür nutzt das Leichtbau-Innovationszentrum einen Computertomographen, um zerstörungsfrei ins Innere der Werkstoffe zu blicken, oder die Belastbarkeit der Bauteile wird im Fallturm geprüft. Selbst Wackelpudding muss sich in den Dienst der Wissenschaft stellen. Forscher am University Technology Centre haben herausgefunden, dass sich damit die Folgen von Vogelschlag auf Triebwerke und Rotorblätter am besten untersuchen lässt. Auch in der Luftfahrt gibt es zunehmend Teile, die Flugzeuge leichter machen und damit Treibstoff sparen. Am Institut der Technischen Universität Dresden wird funktionsintegrativer Systemleichtbau insbesondere im Blick auf Multimaterialdesign erforscht.

Leichtbau und Sicherheit müssen keinen Widerspruch bedeuten. Darauf wies Prof. Rudolfo Schöneburg von Mercedes-Benz-Cars hin. Die Anforderungen an moderne Fahrzeuge unterliegen einem „sehr starken Wandel“, erklärte er. Höhere Komplexität und Innovationen bedeuten geradezu „einen Zwang zum Leichtbau“. In Sindelfingen werden bei Daimler rund 700 Crashtests pro Jahr durchgeführt, um Vor- und Nachteile von größerer Masse oder leichteren Karosserien zu untersuchen. „Verantwortungsbewusster Leichtbau ist ein Beitrag zu Fahrzeugsicherheit“, betonte Schöneburg. Wichtig sei es, schwache Stellen zu vermeiden und eine homogene Lastverteilung zu erzielen. Bei der C-Klasse werde vermehrt hochfester Stahl eingesetzt. Die Verminderung des Gewichts sei ein bedeutendes Ziel für künftige Mobilität. Dabei muss der Leichtbau mit der Fahrzeugsicherheit in Korrelation stehen.

Die Wachstumserwartungen der Stahlbranche erläuterte Jürgen Alex, Geschäftsführer Technik der Deutschen Edelstahlwerke in Witte. Die Nachfrage bei Edelbaustahl und Werkzeugstahl werde wachsen, gleichzeitig steigen die Anforderungen an Beständigkeit gegenüber Temperaturen und Drücken. Allerdings sehen die Prognosen inzwischen über der Automobilindustrie sowie der Öl- und Gasbranche dunkle konjunkturelle Wolken. Höhere Materialanforderungen für Automobilzulieferer eröffnen dennoch Chancen für praktisch alle Materialien. Bei den Neuentwicklungen der Stahlsorten werden die Spezifikationen immer enger. Stahl soll nicht nur durch Gewichtsersparnis glänzen, sondern auch innovative Prozesse ermöglichen. Jedoch meint er grundsätzlich: „Weitestgehend sind alle Stähle erfunden.“ Die Weiterentwicklungen werden folglich immer spezifischer ausfallen und Anpassungen an die jeweiligen Einsatzbedingungen sein.

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