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Intelligenter Leichtbau reizt
neueste Technologien marktfähig aus

Das Streben nach Leichtbau ist nicht neu. Seit der Mensch technische Produkte erzeugt, denkt er über deren Optimierung nach. Dabei stellt sich immer die Frage, wie viel Aufwand kann und will er dafür betreiben. Das Können wird durch die Möglichkeiten und Werkzeuge definiert, die heute natürlich um ein Vielfaches größer sind als in der Vergangenheit. Die Bereitschaft zur Umsetzung ist dagegen durch den Markt, und auch durch den Gesetzgeber bestimmt. „Insofern stellt intelligenter Leichtbau einen Kompromiss dar, der Gewichtsreduktion in Kombination mit höherer Funktionalität marktfähig auszureizen versucht“, erläutert Prof. Andreas Büter. Der Sprecher der Fraunhofer-Allianz Leichtbau wird einen Keynote-Vortrag zur Eröffnung von Sonderschau und Fachsymposium „Intelligenter Leichtbau“ halten, die im Rahmen des Leipziger Messedoppels Intec und Z vom 7. bis 10. März stattfinden.

Büter präsentiert das Thema beispielhaft an der Leichtbaukonstruktion eines Querlenkers, der durch die Verwendung von Faserverbundmaterialien um 45 Prozent leichter ist und dessen Zustand von einem integrierten Structural-Health-Monitoring-System (SHM) überwacht wird. Damit ist bei deutlich minimiertem Gewicht eine betriebssichere Auslegung dieses Sicherheitsbauteils gegeben. Das auf faseroptischen Sensoren basierende SHM-System ermöglicht ein Loadmonitoring und weist auf Verschleiß, Ermüdung und Schäden der Struktur hin. Eine Sammlung der realen Lastdaten macht darüber hinaus eine lastgerechte Auslegung zukünftiger Querlenker auf Basis angepasster Methoden der Betriebsfestigkeit möglich.

Mitdenkende Strukturen und Werkstoffe

Wie smarte Textilien den Einsatz leichterer und dennoch sehr sicherer Materialien und Elemente im Maschinen- und Anlagenbau, im Fahrzeugbau sowie in vielen weiteren Branchen unterstützen, ist ein Schwerpunkt von Sonderschau und Fachsymposium „Intelligenter Leichtbau“. Wissenschaftler des Fraunhofer-Forschungszentrums „Systeme und Technologien für textile Strukturen“ (STEX) Chemnitz werden aktuelle Möglichkeiten zur Funktionsintegration textiler Sensorik in Leichtbaustrukturen vorstellen. „Wir nutzen etablierte großserienfähige Technologien wie das Sticken oder Weben, um sensorische Drähte, Verstärkungsfasern oder Funktionsgarne in ein Textil einzubringen. Damit wird die textile Fläche bereits während ihrer Herstellung funktionalisiert und steht als Halbzeug für eine kunststofftechnische Weiterverarbeitung zur Verfügung, ohne zusätzliche Prozessschritte für das Anbringen externer Sensoren auszuführen“, beschreibt Michael Heinrich, Gruppenleiter Smart Textiles, die Arbeitsweise und macht auf einen weiteren Vorteil dieses Vorgehens aufmerksam: „Damit können wir die Sensorik ohne Umwege direkt an die Stelle bringen, an der eine physikalische Größe gemessen werden soll, zum Beispiel die Temperatur, die Feuchte, der Füllstand oder die Dehnung einer Struktur.“

Dehnungssensoren überwachen bereits den Zustand von Rotorblättern an Windenergieanlagen. Sie können sowohl Schädigungen voraussagen als auch zur optimierten Einstellung des Rotorblatt-Drehwinkels für einen maximalen Energieertrag aus dem Wind beitragen. Die STEX-Wissenschaftler arbeiten außerdem an einer Füllstandssensorik, die direkt in eine Tankwand integriert wird und den Füllstand zum Beispiel in Wischwasserbehältern anzeigt, sowie an Sensorsystemen, die den Zustand von Betonstrukturen überwachen.

Auf die Herausforderungen und Perspektiven bei der Integration smarter Textilien in Leichtbaustrukturen wird Heinrich in seinem Vortrag eingehen. Er ist Bestandteil des Forums Textilien und Smart Structures im Rahmen des Fachsymposiums zur Sonderschau „Intelligenter Leichtbau“ auf der Intec und Z 2017. „Die textiltechnologische Einbettung kleinster Leiterplatten für die elektrische Verbindung der Sensoren erfordert spezielle Kontaktierungsverfahren. Automatisierte Technologien dafür haben wir schon sehr weit entwickelt. Die Prozesse müssen jedoch noch robuster werden“, nennt der Experte für Strukturleichtbau eine Herausforderung. Eine weitere betrifft die verlustfreie Sensorsignalverarbeitung über größere Entfernungen, zum Beispiel bei einem 40 Meter langen Rotorblatt.

Perspektivisch sieht Heinrich auch bei Leichtbaustrukturen noch Potenzial zur Gewichts- und Kostenreduktion. Das betrifft etwa Fahrzeugkarosserien aus CFK, die derzeit noch überdimensioniert sind, um höchstmögliche Crashsicherheit zu gewährleisten. Mit der Integration von Sensorik in die Karosserie kann der Materialeinsatz in Grenzen gehalten werden. Der Wissenschaftler rechnet in fünf bis zehn Jahren mit sicheren Applikationen.

Mischbauweise steigert Effizienz in Verpackungsmaschinen

Intelligenter Leichtbau hat viele Facetten. Multi-Material-Design ist eine davon. „Bei Mischbauweisen können Konstrukteure für jedes Bauteil den Werkstoff verwenden, der bei möglichst geringem Gewicht die geforderten Parameter am besten erfüllt. Im Fahrzeugbau wird dieser Weg schon seit längerem beschritten. Im Maschinen- und Anlagenbau eröffnet sich noch viel Potenzial, speziell für schnell bewegte, schwingende Teile“, betont Dr. Thomas Heber, Geschäftsführer der Regionalabteilung CC Ost des Vereins Carbon Composites (CCeV). Heber verantwortet zum Fachsymposium das Forum Multi-Material-Design und wird unter anderem präsentieren, wie eine Effizienzsteigerung durch hybriden Systemleichtbau in Verpackungsmaschinen möglich ist.

Kai Steinbach von der Leichtbau-Zentrum Sachsen GmbH stellt einen faserverstärkten Positionierhebel vor, der in einer Verpackungsmaschine eine Metallausführung ersetzt. Mit dem CFK-Aluminium-Hebel wird nicht nur Masse minimiert, sondern zugleich die Leistungsfähigkeit der Anlage gesteigert, da das neue Bauteil höhere Geschwindigkeiten bei geringerer Schwingung zulässt.

Leichtbaustrukturen unter Stress

Neue Leichtbaumaterialien und -bauweisen erfordern angepasste Methoden zum Nachweis ihrer Betriebsfestigkeit. Deshalb widmet sich ein Forum des Fachsymposiums der Bauteil- und Prozesssimulation sowie Prüfung. Ein Akteur in diesem Bereich ist die Nordmetall GmbH. Das Unternehmen hat sich auf die neuen Anforderungen eingestellt und auf die Hochgeschwindigkeitscharakterisierung von Werkstoffen und Komponenten spezialisiert. Ein weiteres Feld ist die numerische Simulation neuer Werkstoffe, Werkstoffverbunde sowie von Fügetechnologien unter komplexen Belastungen. Geprüft werden metallische Werkstoffe, Kunststoffe, Faserverbunde, Keramiken sowie Bio-Materialien. Das 2009 aus der TU Chemnitz ausgegründete Unternehmen stellt seine Leistungen auf der Sonderschaufläche und zum Symposium vor. „Leichtbaustrukturen unter Stress – von der Probe bis zum Bauteil“ lautet der Titel.

Interview:
Produktionsprozesse in neuem Kontext

Der Kongress „Ressourceneffiziente Produktion“, der am 8. März im Rahmen des Leipziger Messedoppels Intec und Z 2017 ausgerichtet wird, zeigt Ansatzpunkte für Unternehmen, ihre Abläufe und Prozesse hinsichtlich Effizienz zu hinterfragen und zu optimieren. Im Fokus steht die Digitalisierung. Prof. Matthias Putz, Institutsleiter Wissenschaftsbereich Werkzeugmaschinen, Produktionssysteme und Zerspanungstechnik am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, ist Hauptorganisator. Er sprach mit der Journalistin Annedore Bose-Munde über die Produktionsprozesse in neuem Kontext.

Das Motto des Kongresses verdeutlicht, dass zum Erreichen von Effizienz eine neue Größe unabdingbar ist. Welche Bedeutung hat die Digitalisierung in der Produktion?

Putz: Die Digitalisierung ist aus zwei Sichtweisen unabdingbar. Sie ist Herausforderung und Chance zugleich. Fest steht: Ohne Digitalisierung wird eine effiziente Produktion künftig nicht möglich sein. Deshalb ist es wichtig, dass die Digitalisierung immer auf den Kontext bezogen ist. Auch der Fokus auf das Hauptziel in der Produktion ist wichtig, also weniger Ausschuss und eine hohe Produktivität. Nicht zuletzt geht es bei der Digitalisierung auch um das Paradigma „maximale Wertschöpfung bei minimalem Ressourceneinsatz“. Dieser ganzheitliche Ansatz zur Entwicklung von Innovationen wird mit dem E³-Projekt verfolgt, an dem zwölf Fraunhofer-Institute beteiligt sind. E³ steht für die effiziente Technologie, die energieoptimierte Fabrik und die Einbindung des Menschen als Erfolgsgarant in der Produktion.

Was sind die wichtigsten Stellschrauben für ein Unternehmen, um ressourceneffizient zu produzieren?

Putz: Die Transparenz der Prozesse ist wichtig, also zu jeder Zeit ein klarer Überblick über den Energiebedarf, Ressourcen sowie Daten und Informationen. Außerdem ist ein Denken in Prozessketten wichtig. Diesen ganzheitlichen Ansatz haben wir im E³-Leitprojekt als ultrakurze Prozesskette abgebildet. Und wichtig ist auch, dass die Produktionstechnik enger als bisher mit der Logistik vernetzt ist.

Wie muss die Digitalisierung in der Produktionswelt vorangetrieben werden?

Putz: Standards sind eine Voraussetzung für die Digitalisierung, ebenso die Datensicherheit. Sehr wichtig sind zum jetzigen Zeitpunkt Referenzprojekte, die verdeutlichen, wie es funktioniert. An diesen Best-Practice-Projekten müssen die Effekte, die mit der konsequenten Digitalisierung im Prozess erreicht werden können, dargestellt werden. Letztendlich müssen die Menschen als Treiber von Innovationsprozessen mitgenommen und überzeugt werden.

Welche Botschaft soll der Kongress übermitteln?

Putz: Der Kongress wird traditionell ausgerichtet vom Fraunhofer-Verbund Produktion. Ergebnisse und Innovationen aus dem Bereich Produktion werden präsentiert – aus Wissenschaft, Forschung und Industrie. In zahlreichen Vorträgen wird verdeutlicht, dass die Produktionstechnik am Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb Maßstäbe setzt. Zum einen sind die Vorträge ein Aushängeschild für unsere Ergebnisse. Zum anderen möchten wir die Besucher von Intec und Z einladen, an dem Kongress teilzunehmen, sich über unsere Leistungen zu informieren und mit uns in Kontakt zu kommen.

www.messe-intec.de

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