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Flexibilität von der Stange

Erfolgsgeschichte im Erzgebirge: Der Auftragsfertiger Bäringhaus & Hunger startete vor drei Jahrzehnten mit drei Mitarbeitern auf wenigen Quadratmetern in einer alten Papierfabrik. Inzwischen beschäftigen die Brüder Hunger 120 Mitarbeiter, die auf einer fußballfeldgroßen Produktionsfläche mit sechs Standardmaschinen von Heckert flexibel Aufträge abwickeln.

Grünhainichen ist ein beschauliches Örtchen im Erzgebirge. Es zählt auch zu den Zentren der erzgebirgischen Holzkunst. Doch es gibt ein weiteres Gewerbe, von dem die Grünhainicher seit Jahrzehnten mit stolzgeschwellter Brust berichten: der Metallbau von Bäringhaus & Hunger.

Eine Ausnahmeerscheinung war Familie Hunger schon zu DDR-Zeiten. Im Unterschied zu anderen im Gebirgsort arbeitete Reiner Hunger nicht in einer Papier- oder Holzspielzeugfabrik, sondern in einer Metallbaufirma für Instandhaltung und Generalüberholung von konventionellen Fräsmaschinen. Es war naheliegend, dass er der Metallbearbeitung nach der Wende 1989 treu blieb. Mut zur Gründung eines Unternehmens machte ihm Gerd Bäringhaus. Er kam aus Hagen und war ein langjähriger guter Freund der Familie, zu dem man trotz des Kalten Krieges regen Kontakt gehalten hatte.

Direkt nach der Wiedervereinigung war Hunger drauf und dran, sein Glück im Heizungsbau zu versuchen, als ihn Bäringhaus, der bereits Inhaber einer Werkzeugbaufirma war, davon überzeugte, doch besser mit ihm gemeinsam eine Firma für Metallbearbeitung zu gründen.

Start mit Spurverbreiterung

„Der Start in die Auftragsfertigung war spannend und denkbar ungewöhnlich“, erinnert sich Matthias Hunger (50). „Den ersten Auftrag bekamen wir vom Tuningteilelieferanten D&W, der Spurverbreiterungen für unterschiedliche Fahrzeuge anfragte.“ Mittlerweile leitet der Sohn des Firmengründers mit seinem Bruder Sebastian (42) das Familienunternehmen. Spurverbreiterungen waren der Start einer langen Reise. Die Sachsen lieferten die einbaufertigen Verbreiterungen als Komplettpaket – fertig verpackt, konfektioniert und somit vertriebsfertig an D&W.

„Doch es handelte sich um ein rein saisonales Geschäft, das uns nicht ausgelastet hat“, blickt Matthias Hunger zurück. „Die typischen Schrauber motzen ihre Autos im Winter auf, um sie dann im Sommer frisch getunt zur Schau zu fahren. Also standen wir im Sommer mit unseren CNC-Maschinen da und konnten sie nicht auslasten.“

Der Ritt auf Messers Schneide

Bereits nach wenigen Wochen als Auftragsfertiger war klar, dass saisonales Kaufverhalten beim Kunden und der Wunsch nach höherer Maschinenauslastung fortan die treibenden Elemente des Familienunternehmens sein würden. Eine Gewissheit, die heute weiterhin gültig ist.

Von den drei Mitarbeitern am Ende des Jahres 1991, die sich auf wenigen Quadratmetern einer angemieteten Halle in einer Papierfabrik von einem Tag auf den anderen neue Effizienzhorizonte erarbeiteten, ist das Unternehmen 30 Jahre später auf 120 Mitarbeiter angewachsen und verfügt über mehr als 5000 Quadratmeter Produktionsfläche.

„Wir sind am Ende unserer Flächenkapazität angelangt. Jeden Flecken Land rund um den idyllischen Fluss, der zu erschließen war, haben wir mittlerweile bebaut“, erklärt Matthias Hunger auf die Frage nach Expansion, während Bruder Sebastian ergänzt: „Wir reiten ständig auf Messers Schneide. Auf der einen Seite sind unsere Maschinen voll ausgelastet, mitunter durch Aufträge, die über Jahre hinweg Auslastung sichern, dennoch müssen wir vorausschauend agieren, weiterhin Anfragen beantworten und zusehen, dass wir flexibel bleiben.“

Eine Situation, wie sie vielen Auftragsfertigern bekannt sein dürfte. Bei B&H beschwert man sich nicht, sondern ist auf der Suche nach Lösungen. „Trotz der räumlichen Nähe zum Heckert-Werk in Chemnitz sind wir erst vor wenigen Jahren mit dem Kauf von Bearbeitungszentren auf Starrag umgeschwenkt. Denn mit den neuen Kompaktmaschinen bekommen wir genau das, was wir brauchen“, wirft Sebastian Hunger ein: „Maschinen, die kompromisslos und prozesssicher die benötigten Stückzahlen auf engstem Raum ermöglichen. Neben Flexibilität im Einsatz ist Flächenproduktivität für uns der Schlüssel zum Erfolg.“

Das Unternehmen hat zu der 2014 erworbenen Heckert HEC 400D in den vergangenen drei Jahren fünf H50 in seine Produktion integriert. Als Auftragsfertiger ist man gut beraten, wenn man sein auftragsspezifisches Know-how in die Spannvorrichtung setzt und diese zusammen mit der Technologie beim Maschinenhersteller einkauft, heißt es dort. So zumindest halten es die Hunger-Brüder: „Wir konfigurieren eine Maschine von der Stange und lassen die Technologie, die Spannvorrichtung und das Bestehen der Prozessfähigkeit (CPK) ins Projekt einfließen. Da bekomme ich bei Starrag alles aus einer Hand, wir können sicher sein, dass es rechtzeitig fertig wird und am Ende alles einwandfrei funktioniert“, sagt Matthias Hunger und sein Bruder ergänzt: „Wichtig ist uns, dass wir mit einer Standardmaschine ins Rennen gehen. Dadurch gewinnen wir an Planungssicherheit, weil wir jederzeit schnell erweitern, erneuern oder auf ein anderes Werkstück umstellen können.“

Zukunftsmusik Automation

Der allseits beklagte Fachkräftemangel macht auch vor dem Erzgebirge nicht Halt, bestätigt Sebastian Hunger. „Wir haben zunehmend Probleme, junge Leute mit Engagement und Ehrgeiz zu finden. Die Vorstellungen, mit denen Schulabgänger heute ins Berufsleben starten, sind gänzlich andere als vor 15 Jahren. Aber die wenigen, die wir für die Ausbildung oder als Facharbeiter für uns gewinnen können, sind ganz heiß darauf, an den neuen Maschinen zu arbeiten. Sie kommen mit der aufgeräumten Bedienung in Verbindung mit dem großen Touchscreen auf Anhieb gut klar und meiden die komplexe und meist umständliche Eingabe an den älteren Maschinen.“ Bei diesen Voraussetzungen bleibt selbst einem Auftragsfertiger nur der Schritt in die Automatisierung. Auch wenn dies aufgrund des wechselnden Teilespektrums doppelt gut überlegt sein will, ist man sich bei B&H sicher, dass man nach und nach den Automatisierungsgrad anheben muss.

Matthias Hunger blickt bei diesem Thema entschlossen in die Zukunft: „Bei den drehenden Verfahren automatisieren wir bereits und werden in unserem Fräsmaschinenpark demnächst damit anfangen. Bei den stetig kürzer werdenden Prozesszeiten und bei dem Personalmangel wird es immer schwieriger, die Maschinen zuverlässig auszulasten.“

Optimismus als Standard

Flexibilität mit Hilfe von zuverlässigen Standardmaschinen lautet das Erfolgsrezept von Bäringhaus & Hunger. Darüber hinaus hilft eine positive Grundeinstellung, mit der die Brüder ihre Firma leiten. Sebastian Hunger fasst es so zusammen: „Wir sehen zuversichtlich in die Zukunft. Sei es nun Corona oder die in unserem Gewerbe oftmals bedrohlich dargestellte Elektromobilität – wir bleiben gelassen. Bisher hat uns noch jeder weggefallene Auftrag zum Nachdenken bewegt und schlussendlich Raum für zwei neue Aufträge bereitet. Das war schon das Credo unseres Vaters und darauf vertrauen wir auch in Zukunft.“

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