Michael Roser

BOSCHERT GmbH & Co. KG

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Für das gewisse Etwas

Die Suche nach einer Stanze, mit der Lohnfertiger auch Bleche im XXL- oder Superformat schnell und wirtschaftlich bearbeiten können, hat die HMH Hungerbühler GmbH im schweizerischen Arnegg nicht erfolgreich abschließen können. Da Gründer und Geschäftsführer Markus Hungerbühler am Markt nicht fündig wurde, gab er dem Blechbearbeitungsspezialisten Boschert den Entwicklungsauftrag für die passende Maschine.

Hungerbühler im Schweizer Kanton St. Gallen hat sich in den 25 Jahren seit Gründung einen Ruf als Lohnfertiger erarbeitet. Hauptsächlich verarbeitet Hungerbühler Stahl, auch Aluminium, Messing und Kupfer. 2000 Tonnen Material setzt das Unternehmen pro Jahr um. „Wir fertigen meist Kleinserien“, sagt Hungerbühler. „Wenn wir zwei Tage lang das gleiche Teil abkanten, ist das für uns schon eine Großserie.“

Auf der Suche

Spezialität der St. Galler sind große Teile bis sechs Meter. Dafür fehlte HMH Hungerbühler die passende Stanze. Zuvor war eine kleinere Anlage im Einsatz mit allen daraus resultierenden Nachteilen wie viel Umsetzarbeit am Tisch und der damit einhergehende Gefahr von Versatz.

„Wir hatten eine Sechs-Meter-Schere, einen Sechs-Meter-Laser und Sechs-Meter-Abkantpressen“, zählt Hungerbühler auf. „Was wir noch brauchten, war eine entsprechende Stanze, die das gewisse Etwas mehr kann.“ Deshalb schaute er sich 2015 am Markt um und fand – nichts. Selbst sein langjähriger Technologiepartner Boschert in Lörrach hatte damals keine entsprechende Maschine im Portfolio. „Es dauerte weitere zwei Jahre, bis bei mir der Groschen fiel, und ich mich nochmal wegen einer großen Stanze mit Boschert zusammensetzte“, erinnert sich Hungerbühler.

Die Lösung

Dabei kamen die Partner zu einer für beide Seiten interessanten Lösung: ein Entwicklungsauftrag für eine Stanze von Superformatblechen. „Das war ein Win-Win-Geschäft. Durch die Vorleistung von Hungerbühler hatten wir den Spielraum, eine solche Maschine vom leeren Blatt weg auf die Beine zu stellen“, erklärt Boschert-Geschäftsführer Manuel Lang.. „Markus Hungerbühler war maßgeblich an der Entwicklung beteiligt und konnte seine Ideen und Wünsche einbringen.“ Der lächelt und erzählt: „Das Pflichtenheft mit den Features, die wir gerne gehabt hätten, war drei Seiten lang.“ 95 Prozent davon hat Boschert in der MultiPunch 4020 umgesetzt, als diese anderthalb Jahre später während der Blechexpo 2019 in Stuttgart Premiere feierte.

Herzstück der MultiPunch ist ihr robuster O-Rahmen. Dieser stabilisiert die Maschine wie die geschlossenen Spanten ein U-Boot. So können Anwender die 28 Tonnen Stanzkraft schnell und wiederholgenau nutzen. Die Maschine kann bis zu sechs Millimeter dicke Bleche stanzen, nibbeln, formen oder markieren. Dabei reduziert der Zwölffach-Werkzeugwechsler die Nebenzeiten deutlich.

Die MultiPunch ist mit zwei Stanzköpfen ausgerüstet. Der obere Stanzkopf mit 55 Millimetern Stanzhub ist mit einer HDE-Hydraulik ausgestattet, die einen schnellen Hub und eine genaue Stanzung gewährleistet. Der Stanzkopf ist stufenlos um 360 Grad drehbar und verfügt über eine Boschert T-Nut als Werkzeugaufnahme, die Trumpf-Standardwerkzeuge bis Größe drei fassen kann. Zudem verfügt die Maschine über eine aktive Matrize mit automatischer Richtfunktion zum Stanzen von unten. Der untere Stanzkopf mit 25 Millimetern Stanzhub ist wie der obere ausgestattet. Die maximale Hubfolge beträgt 800 Hübe pro Minute.

Mit der Anlage lassen sich Tafeln von 100 x 280 Millimetern bis zum Superformat 4000 x 2000 Millimeter bearbeiten. Der Bediener kann die Maschine einfach beladen: Der Maschinentisch ist frei zugänglichen und wartet mit praktischen Helfern auf. Dazu zählen eine spezielle Öffnung im Tisch, die das Einlegen von Zuschnitten erleichtert, sowie anhebbare Kugelrollen, die den Anwender beim Auflegen von Superformatblechen unterstützen. Die Tafeln werden mit bis zu vier pneumatischen Spannzangen geklemmt und von einem servogetriebenen Präzisionszahnstangenantrieb in x-Richtung bewegt. Durch dieses Nachsetzen können Anwender auch Bleche über 4000 Millimeter Länge bearbeiten.

Ein weiterer Servoantrieb bewegt die Stanzköpfe oben und unten synchron in y-Richtung, die mitfahrende Kleinteilsortieranlage verteilt Ausschnitte mit einer maximalen Größe von 150 x 150 Millimetern automatisch auf fünf Ablagefächer. Positioniergeschwindigkeiten von 75 Metern pro Minute auf der x- sowie der y-Achse sind möglich, simultan sind bis zu 106 Meter pro Minute drin. Auch die Entsorgung von Blechresten ist ganz einfach: Die CNC-Stanzmaschine verfügt über eine Entsorgungsklappe, über die bis zu 400 x 2000 Millimeter große Teile entweder per Förderband zum Bediener oder an das linke Tischende transportiert werden. Die y-Achse verfügt über eine mitfahrende Stanzbutzenabsaugung, anfallende Stanzabfälle gelangen über ein Förderband zum Sammelbehälter.

Das Restgitter kann hinter der Stanzeinheit problemlos entladen werden. Steuern lässt sich die Maschine per CAD-Daten oder über das Steuerpult direkt an der Anlage. Dort kann der Werker schnell und einfach Programme über die benutzerfreundliche Oberfläche anpassen und Korrekturen vornehmen. „Die einfache Bedienbarkeit war sehr wichtig für uns“, sagt Hungerbühler. „Mit vielen Optionen habe ich zwar die Möglichkeit, alles bis ins Detail einzustellen, aber gleichzeitig steigt das Risiko, dass Störungen auftreten.“

Edelstahl im Superformat

Seit zwei Jahren steht die MultiPunch bei HMH Hungerbühler. Das Unternehmen setzt sie bei unterschiedlichen Aufträgen ein unter anderem, um Superformatedelstahlbleche für Poolböden mit sogenannten Schweißbuckeln zu versehen, die für Rutschsicherheit im Becken sorgen, und bei der Produktion von neu entwickelten Leichtbausicherheitskomponenten für Campingmobile. Diese Bearbeitung läuft in einer einzigen Aufspannung, nur ein Werkzeugwechsel ist notwendig. Erst stanzt die Maschine 200 Formen – vier im Quadrat angeordnete Schlitze – von oben in ein großformatiges, einen Millimeter dickes Alublech. Im zweiten Bearbeitungsschritt drückt ein weiteres Werkzeug von unten gegen die zuvor eingebrachten Formen und stellt so 200 hohe Umformungen auf. „Aus immer zwei dieser Bleche entsteht im weiteren Prozess ein leichtes und trotzdem sehr stabiles Bauteil“, erklärt Hungerbühler.

Umfangreiche Möglichkeiten

„Ich war erst sehr erstaunt, was mit der Anlage tatsächlich alles möglich ist“, beschreibt Hungerbühler seine Erfahrungen mit der MultiPunch 4020. „Wir haben jetzt tatsächlich eine Stanze nach unserer Vorstellung in der Halle stehen. Sechs-Meter-Bleche ohne Umsetzen zu bearbeiten, ist jetzt zum Beispiel kein Problem mehr, und mehr Flexibilität in der Fertigung haben wir jetzt auch.“ Wenn ein zu fertigendes Teil nicht zu komplexe Konturen aufweist, ist das Stanzen meist die wirtschaftlichere Alternative als das Laserschneiden. „Auch die enge und offene Zusammenarbeit mit Boschert bei der Entwicklung hat hat mich schwer beeindruckt. Das wäre mit einem größeren Unternehmen sicher nicht möglich gewesen.“ Dieser positive Eindruck beruht auf Gegenseitigkeit: „Es gab in der ganzen Zeit nie ein böses Wort, selbst als es zu Verzögerungen beim Projekt kam, beispielsweise durch Lieferengpässe oder durch die Corona-Pandemie“, bestätigt Roser.

Die Entwicklung an der MultiPunch steht nicht still. Inzwischen wurden weitere Anlagen bei anderen Anwendern installiert, was zu neuem Input führt. So wurden auch an der Maschine in Arnegg vor kurzem neue hydraulische Abstreifer installiert, und die Prozessgeschwindigkeit wurde erhöht.

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Michael Roser

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