Georg Dlugosch

IndustryArena eMagazine

Kontaktdaten

Titelinterview

Mit Erodieren zum präzisen Bauteil

Die Miniaturisierung ist der Treiber für die hohe Präzision, die die Produkte der Kunden erfüllen müssen, berichtet Thomas Sjösten, Geschäftsführer Markt und Technik bei der Exeron GmbH, Oberndorf am Neckar, im Gespräch mit dem IndustryArena eMagazine. Graphitelektroden dank High Speed Cutting (HSC) schneller fräsen und mit Elektroerosion präzise Produkte herstellen: Das ist die Kompetenz von Exeron, dem Hersteller von Erodiermaschinen-, Hochgeschwindigkeitsfräsmaschinen- und Automatisierungstechnologie am Rande des Schwarzwalds. Im Bedarf an intelligenter Software sieht Sjösten den wichtigsten Trend der Branche.

Welche Anforderungen werden an die Produktion der Gegenwart gestellt?

Sjösten: Die Anforderungen an die Produktion und die damit verbundenen Produktionsprozesse sind aus Sicht der Unternehmen Wirtschaftlichkeit, Termintreue und hohe Flexibilität bei möglichst geringen Kosten. Demgegenüber stehen die in den vergangenen Krisenjahren deutlich gestiegenen Auflagen und Berichtspflichten, insbesondere in Deutschland. Der Fachkräftemangel und immer mehr Anbieter aus Niedriglohnländern sind ebenfalls nicht gerade förderlich.

Bei Exeron werden zwei Maschinentypen gefertigt – Erodier- und Fräsmaschinen. Intelligente Messtechnik stellt die Verbindung her, um zur hohen Bauteilqualität zu gelangen. Für welche Kunden ist solche Perfektion von Interesse?

Sjösten: Zu unseren wichtigsten Kunden zählt der branchenübergreifende Werkzeug- und Formenbau. Darüber hinaus liefern wir natürlich auch direkt in die Bereiche Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt, Automobilindustrie und in das Luxusgütersegment.

Werfen wir einen Blick auf die Erodiermaschinen. Welche Technologie nutzt Exeron, um hochpräzise Werkstücke herzustellen?

Sjösten: Das Herzstück unserer Erodiermaschinen ist der Erodiergenerator exogen. Der exogen ist seit 2018 in allen unseren Erodiermaschinen verbaut und verbraucht 40 Prozent weniger Energie als das Vorgängermodell. Beim Erodieren ist das Ziel, bestimmte Oberflächen wie eine Handyschale herzustellen, die bestimmte haptische Anforderungen erfüllen muss. Diese Oberflächen oder auch Formen können oft wegen beispielsweise geometrischer Anforderungen nicht durch Fräsen hergestellt werden. Dann kommt unsere Senkerodiermaschine zum Einsatz.

Die Fräsmaschinen werden benötigt, um die hochwertigen Elektroden herzustellen. Wofür werden die Anlagen noch genutzt?

Sjösten: Auf unseren Maschinen entstehen lebenswichtige Implantate, chirurgische Produkte, komplexe Geometrien wie Verdichterschaufeln in der Luftfahrt, Bipolarplatten für die Wasserstofftechnologie und Luxusgüter wie Parfümflakons und filigrane Teile für mechanische Chronographen in der Uhrenindustrie.

Welche Toleranzen werden gefordert?

Sjösten: Die Anforderungen an die Bauteilgenauigkeit sind bei vielen Werkstücken enorm gestiegen. Noch vor wenigen Jahren wurden Genauigkeiten von wenigen Mikrometern gefordert. Heute können das viele Hersteller und gleichzeitig haben immer mehr Bauteile sehr hohe Genauigkeitsanforderungen. Das liegt auch daran, dass die Bauteile immer kleiner und kompakter werden und die Leistungsdichte steigt. Wer glänzende Oberflächen oder wenige Mikrometer am Bauteil benötigt, kommt an unserer MP-Linie nicht vorbei. Wer sich im Extrembereich bewegt, für den setzen wir mit unserem Präzisionspaket Maßstäbe. Aber das ist nur die halbe Wahrheit, genauso wichtig sind die Bedingungen vor Ort bei unseren Kunden und nicht zuletzt die Menschen an der Maschine.

Fachkräfte fehlen inzwischen in jedem Bereich. So wird Automatisierung ein wichtiger Bestandteil künftiger Produktion. Wie sieht die Lösung von Exeron aus?

Sjösten: Wir haben schon vor einiger Zeit begonnen, unsere Maschinen zu automatisieren. Dadurch wird das vorhandene Fachpersonal von Routineaufgaben entlastet und kann sich auf die Tätigkeiten konzentrieren, die wirklich eine Fachkraft erfordern. Außerdem ermöglichen unsere Bedienoberflächen eine vergleichsweise schnelle Einarbeitung – das erleichtert das Erlernen neuer Maschinen oder Prozesse.

Wir stellen unter anderem auch Mini-Fertigungszellen her, bei denen zum Beispiel die Werkstückwechseleinheit in die Werkzeugmaschine integriert ist. Das ist vor allem für kleinere Unternehmen interessant, die keine vollautomatisierten Prozessketten haben, aber dennoch die Abläufe an der einzelnen Maschine ein Stück weit automatisieren wollen. Wir bieten natürlich auch die extreme Ausbaustufe an, wo man ein Job-Management-System hat, das den Überblick über den gesamten Prozess behält. In diesen Prozess geht Rohmaterial ein, das zunächst auf Vollständigkeit geprüft und vermessen wird, ob es zusammenpasst. Dann wird auf der Fräsmaschine eine Elektrode hergestellt, und danach wird auf der Erodiermaschine erodiert.

Sollte zum Beispiel bei der Elektrodenherstellung ein Fräser brechen, kann das System sehr flexibel reagieren Im Idealfall läuft der Prozess so autark, dass am Freitagabend beladen wird, am Montag ist der Prozess fertig und dazwischen ist kein Eingriff notwendig. So können wir unseren Kunden mit relativ wenig Personal eine höchstmögliche Produktivität an die Hand geben.

Welche Trends beobachten Sie in der Branche?

Sjösten: Gefragt sind intelligente Softwarelösungen. Neben der Sensorik spielt die intelligente Messtechnik eine wichtige Rolle, um die Interaktion zwischen Mensch und Maschine zu verbessern. Außerdem werden die Transparenz der Produktionsdaten und deren intelligente Nutzung immer wichtiger.

Was sind Ihre Ziele für die nächsten fünf Jahre?

Sjösten: Wir möchten der bevorzugte Partner für den hochwertigen Werkzeug- und Formenbau und weitere ausgewählte Präzisionsfertigungen in zukunftsträchtigen Branchen sein. Für uns steht an oberster Stelle, hierbei eine wirtschaftliche Produktion des Kunden zu ermöglichen. Probleme durch den Fachkräftemangel soll ein steigender Automatisierungsgrad beheben. Dabei unterstützen wir unsere Kunden ebenfalls – und das in jeglicher gewünschter Ausbaustufe – bis hin zu Cloudlösungen.

Wie schätzen Sie die Lage im Werkzeug- und Formenbau ein, einer Branche mit starkem Auf und Ab?

Sjösten: Die Situation der Kunden in diesem Sektor ist zweigeteilt. Wir sehen Kunden, die oftmals nicht in neue Technologien investiert haben und deshalb weniger Aufträge erhalten, weil sie weniger wettbewerbsfähig sind. Auf der anderen Seite gibt es sehr fortschrittliche Kunden, die uns mit ihren stetig wachsenden Anforderungen vorwärtstreiben. Die Konkurrenz aus Fernost ist sehr stark geworden und investiert in neue Technologien. Diesen Trend spüren wir deutlich. Hinzu kommt, dass die politischen Rahmenbedingungen nicht gerade investitionsfreundlich sind. Derzeit sind die Fördertöpfe der Ministerien geschlossen, was sich sehr kontraproduktiv auf die deutschen Unternehmen auswirkt.

Werfen wir einen Blick auf die Fachmesse NORTEC, die mit neuem Konzept nach der Fusion mit der METAV im Januar startet. Was erwarten Sie als Aussteller von dieser Messe?

Sjösten: Seit Corona sind stationäre Messen verstärkt in Kritik geraten. Aber auch die in dieser Zeit florierenden virtuellen Messen, konnten nicht nachhaltig überzeugen. Wir stellen fest, dass die Besucherzahlen im Vergleich zur Vor-Coronazeit zwar zurückgegangen sind, aber die Qualität der Besucher gestiegen ist. Wer auf eine Messe kommt, hat auch einen Bedarf – oder zumindest gesteigertes Interesse. Wir haben gute Besucherzahlen, was die Qualität angeht, und wir sehen einen potenziellen Bedarf am persönlichen Austausch anhand von vorzeigbaren Kundenlösungen. Die Zusammenlegung der Messen bietet uns also auch einen Kostenvorteil und eine große Effizienz - in der Hoffnung natürlich, dass die Besucher dann auch aus allen Regionen zur Messe kommen.

Welche Messebesucher erwarten Sie?

Sjösten: Wir erwarten vor allem Werkzeug- und Formenbauer. Ob sie aus der Automobil-, Luxusgüter-, Medizin- oder Luftfahrtindustrie kommen, spielt für uns eine untergeordnete Rolle. Auf jeden Fall sehen wir nicht den Einkäufer als Zielgruppe, sondern vor allem den Mitarbeiter an der Maschine und den entsprechenden Abteilungsleiter, der sich über Neuheiten informieren möchte.

Das Interview führte Georg Dlugosch, Chefredakteur IndustryArena eMagazine.

Kontakt

Thomas Sjösten

Geschäftsführer
exeron GmbH
Oberndorf am Neckar
Tel. +49 7423 8674-125
E-Mail senden

www.exeron.de