Jan Teßmer

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Industrie 4.0

Rotorblatt passt sich an

Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben im Projekt SmartBlades2 ein innovatives Rotorblatt fertiggestellt. Das Rotorblatt mit einer Länge von 20 Metern kann sich durch eine Biege-Torsionskopplung passiv an variable Windbedingungen anpassen. Jetzt wird das Rotorblatt beim Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Bremerhaven Belastungstests unterzogen.

Im Forschungsprojekt SmartBlades2 entwickeln Industrie und Forschungseinrichtungen innovative Technologien für größere und leistungsstärkere Windkraftanlagen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.

Anpassung an die Windverhältnisse

Dreht sich eine große Windkraftanlage mit Rotorblättern von 80 Metern Länge und mehr, befindet sich ein Rotorblatt zeitweise fast in Bodennähe und kurze Zeit später in einer Höhe von zirka 200 Metern. Durch die ungleichmäßige Windverteilung zwischen Bodennähe und dem oberen Teil der Anlage sind Rotorblätter einer stark schwankenden Windlast ausgesetzt. Dadurch entstehen hohe Belastungen für das Material des Rotorblatts, insbesondere bei Erreichen der Nennleistung der Anlage.

Zudem müssen Anlagenbetreiber die Windräder bei starkem Wind drosseln und können die Energie der Luftströmung nicht optimal ausnutzen. Rotorblätter mit einer Biege-Torsionskopplung sind in der Lage, ihre Geometrie selbstständig an die Windverhältnisse anzupassen. Bei höheren Windgeschwindigkeiten verwindet sich das Rotorblatt und bietet dem Wind somit weniger Angriffsfläche, wodurch die Belastungen auf die Anlage reduziert werden.

Wissenschaftler des DLR-Instituts für Faserverbundleichtbau und Adaptronik haben im Zentrum für Leichtbauproduktionstechnologie (ZLP) am DLR-Standort Stade ein 20 Meter langes Rotorblatt mit einer strukturellen Biege-Torsionskopplung gefertigt. Dabei wurden die Materialien des Blatts (Glasfaserverstärkter Kunststoff, Holz und Kunststoffschaum) so gelegt, dass es sich bei Windlast nicht nur nach hinten biegt, sondern vor allem in sich rotiert.

„Durch die innovative Bauweise sind die Rotorblätter flexibler, sie können damit auch leichter und weniger massiv gebaut werden. Gerade bei sehr großen Windkraftanlagen ist weniger Gewicht ein großer Vorteil und erleichtert zudem den Transport und die Montage", betont Zhuzhell Montano Rejas, Projektmanagerin SmartBlades2 beim DLR-Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik.

Tests unter Extremlast

Die Belastungstests erfolgen auf einem Rotorblattprüfstand beim Fraunhofer IWES in Bremerhaven. Dort wird für die Ermittlung der Blatteigenschaften und des Verformungsverhaltens die Belastbarkeit des Rotorblattes unter Extrem- und Betriebslasten geprüft. Ein besonderes Augenmerk haben die Wissenschaftler darauf, ob sich Biegung und Verwindung (Torsion) des Rotorblatts optimal ergänzen.

Für eine genaue Datenerfassung bei den Belastungstests haben die Forscher Messsonden im Inneren des Rotorblatts integriert. Damit können sie die Struktur- und Materialverformungen beobachten. Nachdem eine ausreichende Belastbarkeit nachgewiesen ist, fertigen die Wissenschaftler einen kompletten Drei-Blatt-Rotor derselben Größe, den sie beim amerikanischen Energieforschungsinstitut NREL (National Renewable Energy Laboratory) an einer Freifeld-Windkraftanlage unter realen Belastungs- und Witterungsbedingungen testen.

Intelligente Rotorblätter

Die Biege-Torsionskopplung ist eine von mehreren Technologien, die im Forschungsprojekt SmartBlades2 weiterentwickelt werden. Insgesamt arbeiten elf Partner aus dem Forschungsverbund Windenergie (DLR, ForWind Hannover und ForWind Oldenburg, Fraunhofer IWES) und der Industrie (GE Global Research, Henkel AG & Co. KGaA, Nordex Energy, SSB Wind Systems GmbH & Co. KG, Suzlon Energy Ltd. und WRD Wobben Research and Development GmbH) gemeinsam an innovativen Rotorblättern. Das Projekt wird vom Bundeswirtschaftsministerium mit 15,4 Millionen Euro gefördert. Ziel der Forschungsarbeiten sind größere und effizientere Rotoren, die eine höhere Ausbeute der Windenergie erlauben und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen in der Windenergiebranche stärken.

Weitere im Projekt untersuchte Technologien sind Hinter- und Vorderkanten von Rotorblättern, die sich aktiv an die aktuelle Windstärke anpassen können. Beide Konzepte kommen aus der Luftfahrt und lassen sich mit den Klappen an Tragflächen von Flugzeugen vergleichen. Zudem arbeiten die Forscher an der Weiterentwicklung ausgewählter Methoden und Technologien sowie am aerodynamischen Verhalten der Rotorblätter und an der Regelung des Gesamtsystems.

Kontakt

Dr.-Ing. Jan Teßmer

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Koordinator Windenergieforschung
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Dorothee Bürkle

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Media Relations, Energie und Verkehr
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Zhuzhell Matilde Montano Rejas

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik
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