Jürgen Riedinger

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Automation

Ein Roboter als Wurstverkäufer

Automatisierung kann auch im Einzelhandel neue Potenziale erschließen. Das zeigt die vollautomatische Verkaufslösung der Dorfmetzgerei Klein in Nersingen-Straß im Landkreis Neu-Ulm. Ein Motoman-Roboter von Yaskawa übernimmt in der vom Sondermaschinenbauer Kirschenhofer entwickelten Anlage komplexe Handhabungsaufgaben.

Auf dem Dorf hilft man sich traditionellerweise gegenseitig aus. Das ist auch im schwäbischen Straß (Gemeinde Nersingen) so. Deshalb begann ein sehr erfolgreiches Automatisierungskonzept für den Einzelhandel „zunächst einmal eher als Spaß“, wie sich Craig Craill erinnert. Der Robotikexperte ist Geschäftsführer der Kirschenhofer Maschinen GmbH in Straß, die mit 25-jähriger Erfahrung im Sondermaschinenbau und mehr als 40 qualifizierten Mitarbeitern, roboterbasierende Anlagen und Automatisierungskonzepte für die Automobilindustrie entwickelt und liefert. Dass die nur einige hundert Meter entfernt liegende Traditionsmetzgerei Klein einmal sein Kunde würde, war nicht zu erwarten.

Doch Metzgermeister Josef Klein hält nicht nur die handwerkliche Qualität seiner Produkte hoch, er sucht auch neue und manchmal ungewöhnliche Wege zum Kunden. Denn regionale Lebensmittel liegen im Trend, und die Nachfrage ist groß. Gleichzeitig entsprechen die vorgegebenen Ladenöffnungszeiten immer weniger den Lebensgewohnheiten vieler Kunden, die zum Beispiel auch nach Feierabend oder am Wochenende einkaufen möchten.

Vor diesem Hintergrund machte sich Klein auf die Suche nach einem geeigneten Verkaufsautomaten. Allerdings wurde ihm schnell klar: Für sein umfangreiches Sortiment mit 95 Artikeln wären auf jeden Fall mehrere Geräte notwendig, die nicht zuletzt auch viel Aufstellfläche benötigen würden. Angesichts hoher Durchsätze müssten sie täglich neu bestückt und der Bestand müsste aufwändig überprüft werden. Nicht zuletzt erfüllen klassische Warenausgabeautomaten auch nicht die hohen Anforderungen des Lebensmittelprofis in Bezug auf Hygiene und Kühlkette.

Vollautomatische Verkaufslösung

An dieser Stelle kam Kleins Bekannter Craill ins Spiel: Er und seine Kollegen von Kirschenhofer nahmen die Herausforderung an – und entwickelten eine vollautomatische und obendrein platzsparende Lösung für diese spezielle Aufgabenstellung. Kunden- und Lagerbereich sind baulich getrennt: Die Waren werden hygienisch in einem Kühlraum gelagert. Dieser kann einfach zentral und in den erforderlichen Mengen bestückt werden.

Das System arbeitet autonom: Der Kunde bestellt seine Wunschprodukte über ein intuitiv bedienbares Touchpanel, das wie die Oberfläche eines Online-Shops gestaltet ist. Daraufhin nimmt ein Greifroboter die entsprechenden Packungen RFID-gestützt aus den Regalen und legt sie auf ein mit Lichtschranken überwachtes Lieferband, das die Artikel zur Warenausgabe befördert. Die Bezahlung erfolgt kontakt- und bargeldlos.

Und die von Kirschenhofer auf Windows-Basis programmierte Software kann noch mehr: Im Hintergrund erfasst sie kontinuierlich den jeweils aktuellen Warenbestand inklusive Mindesthaltbarkeitsdatum. Auch die technischen Betriebszustände der Anlage inklusive Roboter werden überwacht. Die Daten sind jederzeit aus der Ferne abrufbar.

Roboter Motoman

Als Roboter kommt ein Motoman GP25 von Yaskawa mit 25 Kilogramm Tragkraft zum Einsatz. GP steht für General Purpose und damit für vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Die 6-Achser der GP-Serie sind in der hohen Schutzklasse IP67 ausgeführt (besonders geschützt gegen Eindringen von Flüssigkeiten und Stäuben). Sie können damit unter rauen Arbeitsbedingungen eingesetzt werden und lassen sich sehr leicht reinigen. Der Roboter kann ohne Einschränkungen in beliebiger Einbaulage arbeiten, Roboterkabel lassen sich entweder seitlich oder durch den Sockel hindurch einführen. Die integrierte Medienversorgung in den Achsen optimiert den Aufbau von Greifern und sorgt für höchste Zuverlässigkeit im späteren Betrieb.

Für Craill stand die Entscheidung für diesen Roboter fest: „Ich bin seit 25 Jahren im Robotikgeschäft und habe in dieser Zeit wirklich alle Hersteller ausprobiert“, erklärt er. „Mich überzeugt vor allem die einfache Handhabung, einen Motoman-Roboter kann wirklich jeder bedienen.“

Die Voraussetzung dafür schafft die kompakte Hochleistungssteuerung YRC1000. Zum Bedienen und Programmieren kann entweder das klassische Programmierhandgerät oder das innovative Smart Pendant verwendet werden. In punkto Konnektivität (I/O, Prozess und Industrie 4.0), Schnittstellen sowie Förderband-, Kamera- und Sensorikanbindung bietet die Steuerung vielseitige Funktionen, Tools und Optionen. Alternativ kann der Roboter direkt über SPS-Funktionsbausteine in eine übergeordnete Maschinensteuerung eingebunden werden. „Außerdem sind Motoman-Roboter robust, das hat sich über Jahre bewiesen“, nennt Kirschenhofer-Geschäftsführer Craill als weiteres Argument.

Erfahrungen und Perspektiven

Nach intensiver Entwicklungsarbeit ist die roboterbasierende Verkaufsanlage seit einem halben Jahr im Praxiseinsatz und hat sich schon tausendfach bewährt. Das Kunden-Feedback ist durchweg positiv, „überraschenderweise auch bei Senioren“, wie Craill berichtet. Die Metzgerei Klein hat nicht nur einen zusätzlichen Vertriebsweg erschlossen, sondern auch neue Wachstumsmöglichkeiten, denn weitere „Automaten-Filialen“ sind auch an anderen Standorten denkbar.

Nicht zuletzt hat sich Kirschenhofer als Unternehmen ein neues Standbein geschaffen: „Die Neuentwicklung ist generell interessant für den Einzelhandel“, sieht Geschäftsführer Craill in die Zukunft. „Bei einem Sortiment ab 150 Produkten amortisiert sich die Investition innerhalb der ersten beiden Jahre.“ Mit einer großen Bio-Supermarktkette ist er bereits im Gespräch.

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