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Genaue Planung trotz ungenauer Daten

Häufig zögern Unternehmen bei der Digitalisierung ihrer Produktionsplanung, weil sie fürchten, die Qualität ihrer Daten reiche dafür nicht aus. Doch Perfektion ist gar nicht notwendig, denn teilweise genügen sogar Schätzwerte, wenn man die richtigen Software-Systeme verwendet.

In der Produktionsplanung setzen Unternehmen oft noch auf ERP-Systeme und Excel, doch insbesondere für komplexe und dynamische Prozesse – beispielsweise in der Einzel- und Kleinserienfertigung des Maschinen- und Anlagenbaus – sind diese Werkzeuge ungeeignet. Die vielen Produktvarianten erfordern eine sehr genaue Koordination der Fertigungs- und Montageaufträge, damit alle notwendigen Ressourcen und Komponenten für jeden Auftrag zum richtigen Zeitpunkt bereitstehen und Maschinen bestmöglich mit dem richtigen Auftrag zur richtigen Zeit ausgelastet sind.

Anders lassen sich kurze Durchlaufzeiten und Termintreue kaum erreichen. ERP-Systeme verwalten jedoch vornehmlich Daten und können die komplexen Zusammenhänge und Abhängigkeiten nicht abbilden. Sie planen meist unrealistisch gegen unbegrenzte Kapazitäten. Dafür gibt es spezielle APS-Systeme (Advanced Planning and Scheduling), die das Auftragsnetz kontinuierlich mit den tatsächlich verfügbaren Kapazitäten abgleichen. Sie erstellen einen realistischen und unter Berücksichtigung vorhandener Ressourcen optimierten Produktionsplan, den sie bei Störungen – etwa durch Materialengpässe oder Terminverschiebungen – dynamisch anpassen. Dabei können sie Planungs- und Dispositionsentscheidungen automatisch treffen oder den Produktionsplaner mit Handlungsempfehlungen unterstützen.

Die Datenbasis für diese intelligenten Systeme liefert das bestehende ERP-System. Dessen Daten sind allerdings häufig unvollständig, veraltet oder widersprüchlich, weshalb Unternehmen annehmen, sie seien für die Nutzung in einem APS-System nicht brauchbar. Dabei meint Datenqualität jedoch keineswegs perfekte, absolut vollständige und fehlerfreie Daten, sondern lediglich, dass Daten für den anvisierten Einsatzzweck genügen. Für die tagesgenaue Fertigungsplanung und Reihenfolgebildung, die Maschinenbauer mehrheitlich benötigen, ist der vorhandene Datenbestand meist völlig ausreichend, zumal moderne Algorithmen auch aus ungenauen Daten präzise Prognosen ableiten können. Es empfiehlt sich daher, ein APS-System mit Branchenfokus einzusetzen, um die Produktionsplanung zu verbessern und Auftraggebern realistische Termine zu nennen.

Schätzungen reichen oft

Zu den Daten, die ein APS-System für seine Planung benötigt, zählen neben den involvierten Ressourcen und den herzustellenden Mengen die Bearbeitungs- und Rüstzeiten. Ebenso sind Informationen zu aktuellen Lagerbeständen und Lieferzeiten laufender Bestellungen relevant. Allerdings genügen häufig Schätzwerte, um eine hinreichend genaue Planung auf die Beine zu stellen, da die Produktionsaufträge in der Regel über mehrere Wochen oder Monate laufen. Ob ein Arbeitsgang dabei 60 oder 70 Minuten dauert, ist für die termingerechte Fertigstellung praktisch nicht von Bedeutung.

Manche Daten, die das ERP-System bereitstellt, sind zudem unwichtig, etwa die Übergangszeiten zwischen den einzelnen Bearbeitungsschritten. Bisher bezogen Unternehmen bei der Planung ihrer Fertigung eine feste Pufferzeit ein, die neben notwendigen, technologisch bedingten Übergangszeiten – wie Transport- oder Trockenzeiten – auch einen Planungspuffer umfasste. Mit der dynamischen Planung durch ein APS-System sollen diese Pufferzeiten aber gezielt beeinflusst werden – sie sind nicht mehr Voraussetzung für die Planung, sondern eines ihrer Ergebnisse. Steht beispielsweise kurzfristig ein wichtiger Auftrag an, wird dessen Fertigung so geplant, dass die Übergangszeiten minimal sind. Andere Aufträge, die dafür problemlos zurückgestellt werden können, haben dann längere Übergangszeiten als sonst üblich.

Um Ressourcen und Kapazitäten optimal zu nutzen und alle Aufträge termingerecht fertigzustellen, muss ein APS-System in der Feinplanung die Übergangszeit anpassen. Es plant im gesamten Auftragsnetz jeden einzelnen Arbeitsgang und hat dabei alle relevanten Faktoren und Zusammenhänge im Blick.

Einige Daten brauchen Pflege

Auch wenn intelligente Planungstools weniger präzise Daten benötigen, als viele Unternehmen annehmen, so gehört zur APS-Einführung stets eine initiale Datenbereinigung. Dabei werden „Datenleichen“ wie nicht abgeschlossene Fertigungsaufträge, längst ausgelieferte Kundenaufträge oder andere ungültige Relikte automatisch durch das APS-System identifiziert, und sie lassen sich schnell und effizient korrigieren. APS-Systeme unterstützen danach bei der kontinuierlichen Datenpflege, weil sie neu auftretende Fehler erkennen und dem Verantwortlichen direkt anzeigen – so machen sie auch strukturelle Fehlerquellen sichtbar.

Zudem können sie durch Machine Learning viele Muster und Zusammenhänge im Datenbestand entdecken und daraus Handlungsempfehlungen und Prognosen ableiten. So sind etwa die Wiederbeschaffungszeiten, die in ERP-Systemen hinterlegt sind, oft unzuverlässig, weil sie auf Schätzungen und Durchschnittswerten beruhen. Die Algorithmen können zuverlässige Liefertermine vorhersagen, oft besser als die Lieferanten selbst, und damit die Produktionsplanung deutlich verbessern.

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Bereichsleiter Produktion und Mitglied der Geschäftsleitung
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