Nikolaus Fecht

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Großwälzlager für besonderen Einsatz

In jeder Hinsicht haben ein Hersteller von Großwälzlagern und ein Maschinenbauer den Dreh raus: Thyssenkrupp Rothe Erde setzt seit den 1980er Jahren Werkzeugmaschinen von Starrag ein, die wiederum Großwälzlager von Thyssenkrupp Rothe Erde in die Vertikal-Drehmaschinen einbaut.

„Flapp, flapp, flapp“. Ruhig drehen sich im Sauerland die Räder in einem der vielen Windparks. Doch der Anblick täuscht: Nicht immer geht es so geruhsam zu. Im Januar 2007 mussten die Windkraftanlagen sogar dem Orkan Kyrill trotzen, der Böen mit Windgeschwindigkeiten bis zu 225 Stundenkilometern erreichte, und deshalb teilweise sogar abgeschaltet werden.

Wechselhaftes Wetter verlangt nicht nur den Windenergieanlagen, sondern auch der Antriebstechnik sehr viel ab. So müssen die Großwälzlager trotz der harten und sich je nach Wetterlage ständig ändernden Einsatzbedingungen 20 bis 25 Jahre halten. Viele Hersteller der Windkraftbranche setzen auf maßgeschneiderte Antriebstechnik aus dem Lippischen Land.

Die Rede ist von der Thyssenkrupp Rothe Erde Germany GmbH in Lippstadt. Nur wenige Kilometer von den Windparks im Sauerland entfernt stellt das Unternehmen Jahr für Jahr Großwälzlager im europaweit wahrscheinlich größten Maschinenpark der Wälzlagerbranche her. Der Zerspanungsgrad ist sehr hoch. Es fallen 20.000 Tonnen Späne an. Das Drehen, Schleifen, Fräsen und Polieren übernehmen mehr als 350 Werkzeugmaschinen.

Aus einer Hand: Alle Wälzlager

Eine wichtige Rolle spielen in dem Maschinenpark etwa 25 Werkzeugmaschinen von Starrag, die Thyssenkrupp Rothe Erde seit 1980 gekauft hat und die alle noch im Einsatz sind. Darunter befinden sich mittlerweile sechs Vertikal-Dreh-Schleifmaschinen Dörries Contumat, die in erster Linie die Endbearbeitung der Lager für Windkraftanlagen übernehmen. „Wir liefern Blatt-, Turm- und Rotorlager für Windkraftanlagen in Abmessungen bis zu sechs Metern Durchmesser“, erklärt Dr.-Ing. Mattias Töfke, Produktionsleiter bei Thyssenkrupp Rothe Erde.

Die Lager entstehen in hoher Fertigungstiefe auf dem sehr umfangreichen Maschinenpark. „Wir übernehmen die komplette Zerspanung, die thermische Bearbeitung, die Oberflächenbehandlung und die Montage“, sagt Jürgen Lange, Leiter Werkserhaltung und Werksplanung. „Extern beziehen wir nur wenige Komponenten wie Schrauben oder Dichtungen.“

Die Produktion startet im Dortmunder Ringwalzwerk: Dort entstehen aus hochfesten Stahlspeziallegierungen gewalzte Ringe, aus denen in Lippstadt Großwälzlager mit extrem hohen Ansprüchen hergestellt werden.

Bei der mechanischen Bearbeitung setzt man beim Schleifen beispielsweise auf elektronisch geregelte Kühlschmierstoffzufuhr, die Temperaturschwankungen ausgleicht und für konstante Bearbeitungsbedingungen sorgt. Ein größeres Ölumlaufvolumen mit temperiertem Öl im Untersatz gewährleistet ein kontrolliertes Tischwachstum.

Wir liefern Blatt-, Turm- und Rotorlager für Windkraftanlagen in Abmessungen bis zu sechs Metern Durchmesser – Produktionsleiter Dr.-Ing. Mattias Töfke

Strenge Vorgaben der Windkraftbranche

Nur mit diesem Aufwand können die Lastenhefte der anspruchsvollen Kundschaft etwa aus der Energiebranche erfüllt werden, die denen der Luft- und Raumfahrtindustrie entsprechen. „Wir mussten für diese Anforderungen über die Jahre hinweg neue Prozesse entwickeln“, berichtet Lange. „Optimiert haben wir vor allem das Härten und die Endbearbeitung per Schleifen.“

Bevor die Fertigung von Großwälzlagern in Serie übergeht, werden Prototypen hergestellt, die auf Prüfständen Langzeittests bestehen müssen. Töfke erläutert: „Prototypen absolvieren ein halbes Jahr einen Dauertest, bei dem wir die typischen Lastzyklen simulieren, die einem über 25-jährigen Einsatz entsprechen.“ Hinzu kommt: Die Anforderungen erhöhen sich ständig, denn die Lager fallen bei den steigenden Leistungen der Windkraftanlagen immer größer aus. Aktuell fertigt Lippstadt Lager für Offshore-Parks mit Windkraftanlagen für eine Leistung zwischen acht und elf Megawatt. Die Branche plant bereits schon Anlagen mit 15 Megawatt Leistung.

Die ständige Leistungssteigerung wirkt sich auch auf die Durchmesser der Lager aus: Daher kam die Investition in eine Dörries Contumat VC 6000/500 in Betracht, mit der sich bis zu 100 Tonnen Zuladung für Bauteile mit einem maximalen Durchmesser von sechs Metern und einer Höhe von einem Meter bearbeiten lassen.

Zwei kräftige, wassergekühlte 89-Kilowatt-Antriebe bewegen den Drehtisch mit einem Drehmoment von 461.900 Newtonmetern und einer Drehzahl von 75 Umdrehungen pro Minute. Auch in dieser neuen, sechsten Bearbeitungsmaschine sorgt ein Großwälzlager selbst bei extrem schweren Bauteilen für ruhigen, gleichmäßigen Lauf. Zum Schleifen kommt eine 60-Kilowatt-Spindel im linken Support zum Einsatz, die im Drehzahlbereich von 1500 bis 3500 Umdrehungen pro Minute arbeitet.

Die reine Performance zum Finishen von Rothe-Erde-Großwälzlagern können laut Produktionsleiter mit Blick auf Steifigkeit und Genauigkeit auch andere Maschinen theoretisch erfüllen. Doch mit der Endbearbeitung steht und fällt die spätere Qualität eines Lagers. Hier spielt eine große Rolle, dass der Hersteller nicht nur die Hardware, sondern auch die Software liefert. Es handelt sich um die zusammen mit Starrag entwickelten und im Lauf der Jahrzehnte optimierten Schleifzyklen.

„Der große Benefit sind die Programmierung und die leichte Bedienbarkeit“, sagt der Produktionsleiter. „Da hat sich in den vergangenen Jahren vor allem bei der schleifenden Endbearbeitung ein gemeinsames Know-how aufgebaut, auf das wir gerne setzen.“

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