Andreas Seegen

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Intralogistik

Zuverlässige Kleinstantriebe

Für die vollautomatisierte Produktion ab Losgröße eins müssen die Teile zur rechten Zeit zu den Fertigungsstationen transportiert werden. Mobile Roboterplattformen (Autonomous Mobile Robots, AMR) sind in den Lager- und Produktionshallen auf dem Vormarsch. Mittlerweile gibt es Lösungen, die sich ohne vorinstalliertes Leitsystem völlig autonom in den Industriehallen bewegen. Treibende Kraft sind robuste Kleinstantriebe in den Radmodulen, die vor allem durch hohe Leistungsdichte überzeugen.

Das Nürnberger Startup Evocortex wurde im Jahr 2016 gegründet und hat ein innovatives AMR-Konzept entwickelt, das für die Intralogistik neue Ansätze liefert. „Herkömmliche AMR brauchen meist definierte Fahrwege und technische Veränderungen in den Prozessen“, erklärt Geschäftsführer Hubert Bauer. „Zur Orientierung sind oft optische Markierungen nötig. Wege oder Kreuzungen müssen vorgegebenen Abmessungen und Kurvenradien entsprechen. Wir dagegen haben Transportroboter entwickelt, die sich den Bedürfnissen der Anwendung anpassen und nicht umgekehrt.“

Die autonomen mobilen Roboter benötigen kein vorinstalliertes Leitsystem. Sie orientieren sich an Unregelmäßigkeiten im Hallenboden. Fotos: Evocortex

Der Hallenboden als Landkarte

Dazu fährt der Roboter beim Einlernen den Hallenboden rasterförmig ab. Mit Hilfe komplexer Algorithmen entsteht aus einzelnen Punkten eine hochpräzise Landkarte. Die Steuerung erfasst zudem die Eigenbewegung des Fahrzeugs. Durch die Kombination der Daten kann sie es – auf einer theoretischen Fläche von einem Quadratkilometer – auf einen Millimeter genau positionieren.

Dazu fährt der Roboter beim Einlernen den Hallenboden rasterförmig ab. Mit Hilfe komplexer Algorithmen entsteht aus einzelnen Punkten eine hochpräzise Landkarte. Die Steuerung erfasst zudem die Eigenbewegung des Fahrzeugs. Durch die Kombination der Daten kann sie es – auf einer theoretischen Fläche von einem Quadratkilometer – auf einen Millimeter genau positionieren.

Dafür genügen bereits drei identifizierte Punkte. Selbst wenn also 50 Prozent des Bodens mit Sägespänen abgedeckt wären, sorgt das Lokalisierungsmodul für präzise und genaue Navigation. Dauerhafte neue Kratzer im Boden werden in die Karte aufgenommen, verschwundene Merkmale nach einiger Zeit entfernt. Optional können die Transportroboter mit Lidar-Sensoren ausgestattet sein, um Hindernisse zu erkennen und Kollisionen zu vermeiden.

Räder für freie Beweglichkeit

Beim Fahren müssen die Transportroboter nicht wie ein Auto rangieren, sondern sie können aus dem Stand in jede beliebige Richtung fahren und auf der Stelle drehen. Dafür sorgen ihre Mecanum-Räder. Anstelle einer geschlossenen Lauffläche sind auf der Felge tonnenförmige Rollen im Winkel von 45 Grad zur Radachse befestigt. Sie können sich um ihre eigene schräge Lagerachse drehen.

Form, Größe und Abstände der Rollen sind so gewählt, dass das Rad eine durchgehende Abrollfläche hat. Wenn sich das Rad dreht, entstehen zwei Kraftkomponenten, eine in Drehrichtung des gesamten Rades und eine im rechten Winkel dazu. Die resultierende Bewegungsrichtung liegt folglich dazwischen.

Bei einem Fahrzeug mit vier Mecanum-Rädern sind die 45-Grad-Winkel jeweils um 90 Grad versetzt angeordnet. Jedes Rad strebt also in eine andere Richtung. Indem man Drehrichtung und Drehgeschwindigkeit der einzelnen Räder variiert, kann das Fahrzeug sich auf der horizontalen Ebene dann so frei und omnidirektional bewegen, als würde es schweben.

Skalierbarkeit durch Antriebsmodule

An unterschiedliche Anwendungen lassen sich die AMR gut anpassen, denn die Größenauswahl ist nahezu unbegrenzt. „Zwischen 400 x 480 und 800 x 1200 Millimetern Kantenmaß lässt sich jede Außenabmessung realisieren“, betont Bauer. Das Radantriebsmodul ist ein entscheidendes Element für diese Skalierbarkeit. Es befindet sich direkt über dem Rad und bildet mit diesem zusammen eine standardisierte, unabhängige Funktionseinheit.

Die Räder können in beliebigen Abständen voneinander montiert werden. Die entscheidende Voraussetzung für diese Anordnung ist ein leistungsstarker Motor mit sehr kleinen Abmessungen. „Wir haben uns genau angeschaut, welche Motoren auf dem Markt dafür in Frage kommen“, erinnert sich Bauer. „Die Leistungsdichte, die wir brauchten, haben wir ausschließlich bei Faulhaber gefunden. Alle anderen Motoren hätten für das geforderte Drehmoment mehr Platz benötigt.“

Kleine Kraftpakete

Treibende Kraft des EvoRobot sind DC-Kleinstmotoren, die jeweils mit einem Stirnradgetriebe kombiniert sind. Bei 32 Millimetern Durchmesser und 57 beziehungsweise 72 Millimetern Länge liefern die kleinen Motoren Drehmomente von 73 oder 120 Mikronewtonmetern. Für die präzise Positionserfassung sorgt jeweils ein IEF3-Encoder mit 4096 Impulsen pro Umdrehung.

Zum schnellen Stoppen und sicheren Halten einer Position sind die Radantriebe zusätzlich mit einer Bremse ausgestattet. „Dank der enormen Kraft dieser Kleinmotoren und der robusten Untersetzung kann der EvoRobot bis zu 200 Kilogramm befördern. Höhere Lasten sind in Vorbereitung“, erklärt Bauer. „Der Transport funktioniert sogar auf einer Rampe mit fünf Grad Steigung bei einer Geschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde, also etwa mit Schrittgeschwindigkeit.“

Die kleinere Produktlinie EvoCarrier ist für den Transport von Kleinladungsträgern konzipiert. In ihren Radmodulen geht es noch enger zu als beim EvoRobot. Die Unterfahrhöhe liegt bei weniger als 100 Millimetern, die AMR können also in extrem niedrige Aussparungen unter ein Transportgut hineinfahren. Zwei oder vier EvoCarrier können zusammenarbeiten und gemeinsam Paletten oder eine ganze Regaleinheit befördern.

Die Entwickler haben einen so genannten Flachläufer als Antrieb gewählt, einen bürstenlosen Motor, der mit einer Länge von 21 Millimetern auskommt, dabei aber ein Dauerdrehmoment von 134 Mikronewtonmetern liefert. Damit schafft der EvoCarrier zusammen mit Getriebeuntersetzung den Transport von Rollstapeln mit Kleinladungsträgern (KLT) bis zu 120 Kilogramm Gewicht. Auf längere Sicht, meint der Geschäftsführer, werde man wohl auch beim EvoRobot zu den bürstenlosen Antrieben übergehen und die Module weiter vereinheitlichen.

Zuverlässig im Dauerbetrieb

Neben der hohen Leistungsdichte spielen beim Betrieb der autonomen Transportroboter auch Wartungsfreiheit und die Zuverlässigkeit im Dauerbetrieb eine wichtige Rolle. „Unsere Anforderungen im Hinblick auf die Lebensdauer werden von den Motoren erfüllt“, freut sich Bauer. „Außerdem funktionieren die Antriebe mit allen gebräuchlichen Industriesteuerungen. Die Experten von Faulhaber haben uns zudem sehr geholfen, die optimale Einstellung der Parameter für die Serienreife zu finden.“

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Andreas Seegen

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Autorin

Ellen-Christine Reiff

Redaktionsbüro Stutensee
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