Klaus Hiemer

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Produktion

Trocken oder nass gekühlt:
Der Fräs-Einsatz entscheidet

Kühlflüssigkeit, Kühlschmiermittel oder Schneidöl sind geläufige Bezeichnungen. Sie beziehen sich auf Flüssigkeiten, die bei Prozessen sowohl zur Kühlung als auch zur Schmierung eingesetzt werden. Bei jeder Form der spanenden Bearbeitung entsteht Reibung zwischen den Oberflächen des genutzten Werkzeugs und des Werkstücks. Ein Kühlschmiermittel verringert die dadurch entstehende Wärme, wodurch es einfacher wird, eine Schicht des Metalls abzutragen. Eine Frage beim Fräsen mit Philosophiecharakter: Lassen sich Werkstoffe besser nass – mit Kühlmittelzufuhr – oder trocken und ohne Kühlmittel bearbeiten?

Die richtige Entscheidung hängt von mehreren Faktoren ab wie Werkstoffeigenschaften und Maschinenleistung. Zudem ist bei manchen Anwendungen die Quasi-Trockenbearbeitung in Form von Minimalmengenschmierung (MMS) eine Alternative. In jedem Fall muss der Anwender sehr genau prüfen, welche Variante die größten Vorteile bringt.

Während des Bearbeitungsprozesses entstehen in der Schnittzone extrem hohe Temperaturen. Durch den Einsatz eines Kühlschmiermittels wird die Temperatur in der Schnittzone gesenkt und die thermische Belastung für das Werkzeug verringert. Außerdem verbessert das Kühlmittel die Spanabfuhr und senkt die Metallstaubkonzentration in der Fertigungsumgebung. Die richtige Kühlmittelzufuhr hat Vorteile. Sie optimiert die Prozessleistung durch höhere Bearbeitungsgenauigkeit und Oberflächengüte. Prozesse laufen wirtschaftlicher ab.

Bei unterbrochenen Fräs- oder Schnittprozessen ist die Schneidkante des Werkzeugs einer zyklischen Wärmebelastung ausgesetzt. Zudem ändert sich die Werkzeugtemperatur drastisch, wenn die Schneidkante in das Werkstück eingreift oder dieses verlässt. Die Werkzeugschneidkante steht unter starker Wärmebelastung, vergleichbar mit wiederkehrenden Thermoschocks. Sinterhartmetall, das meistgenutzte Werkzeugmaterial, ist ein Produkt der Pulvermetallurgie. Es hält einer Belastung durch wiederholte Thermoschocks nicht stand. Die Schneidkanten werden beschädigt. Wenn diese Art von Werkzeug genutzt wird, kann die Verwendung eines Kühlmittels eine solche Schocktherapie verstärken und zum Bruch der Schneidkante beitragen.

Während extreme Temperaturen die plastische Verformung der Schneidkante nach sich ziehen, führen Temperaturunterschiede zu thermischen Rissen. Diese Situation verschärft sich bei Fräsarbeiten mit großer Wärmeentwicklung, etwa bei der Bearbeitung schwer zerspanbarer Materialien oder bei Schruppdurchgängen. In vielen Fällen ist die Zufuhr eines leistungsfähigen Kühlschmiermittels hingegen notwendig. Wenn Materialien wie Titan und Hochtemperatur-Superlegierungen, rostfreie austenitische und Duplexstähle (austenitisch-ferritische Stähle) oder gar Spezial-Hartgusslegierungen bearbeitet werden, bei denen erhebliche Reibung und Wärmeentwicklung auftreten.

Durch die Spülwirkung der Kühlmittelzufuhr wird zudem die Spanabfuhr verbessert. Insbesondere beim Fräsen tiefer Taschen und schmaler Nuten ist weniger Nachschneiden erforderlich.

Neben der herkömmlichen Niederdruckkühlung, bei der das Kühlmittel mit etwa 20 bar zugeführt wird, bringt die Hochdruckkühlung (HPC), die bei 80 bar und teils höherem Druck erfolgt, Vorteile in der Praxis.

Bei der konventionellen Flüssigkühlung bildet sich durch die Wärmeentwicklung ein Dampffilm in der Schnittzone, der die Wärmeabfuhr beeinträchtigt. Mit einem HPC-Strahl, der genau auf die Schnittzone gerichtet ist, kann der Film durchbrochen werden. Außerdem wird der Prozess mit HPC über einen veränderten Scherebenenwinkel und die so entstehenden dünneren und besser abführbaren Späne optimiert. Die Vorteile von HPC-Technik können jedoch nur genutzt werden, wenn geeignete, leistungsstarke Werkzeugmaschinen eingesetzt werden.

Trocken und andere Möglichkeiten

Vielversprechend ist die Trockenbearbeitung. Beim Schruppfräsen entstehen beispielsweise durch starken Abtrag extrem hohe Temperaturen. Wird das Schruppfräsen trocken ausgeführt, ist die Temperatur an der Schneidplattenkante konstant. Sind die Bearbeitungsdaten korrekt eingegeben, bleibt sie im akzeptablen Bereich. Es treten nur relativ geringe Temperaturschwankungen auf, die nicht zu Thermoschocks führen.

Für die feinen Schnitte beim Hochgeschwindigkeitsfräsen (HSM), insbesondere bei Werkstücken mit Härtewerten von 45 HRC oder mehr, empfehlen Experten die Luftkühlung. Der Verzicht auf Kühlflüssigkeit führt zu erheblich längeren Standzeiten.

Ohne Kühlschmiermittel sind Pumpe, ein Kühlmittelaufbereitungssystem und anderes Werkzeugmaschinenzubehör nicht erforderlich, wodurch die Gesamtkosten sinken.

Eine weitere Option ist das Fräsen mit Minimalmengenschmierung (MMS). Bei dieser Technik arbeitet die Schneidkante des Werkzeugs in einem Nebel aus Öl und Druckluft, der direkt in die Schnittzone gesprüht wird. Je nach Konstruktion von Werkzeugmaschine und Fräser kann der Nebel von außen oder von innen über eine Kühlmittelbohrung zugeführt werden.

Die Hauptfunktion von MMS besteht in der Schmierung der Schneidkante während der Zerspanung. Aus diesem Grund wird beim Bearbeitungsprozess nur die notwendige Menge an Öl verbraucht, wodurch die Schmierung effizienter ist. Darüber hinaus verlängert MMS die Werkzeugstandzeit. Auch der Arbeitsbereich der Werkzeugmaschine bleibt relativ trocken. Dadurch können Teile der Werkzeugmaschine unter besseren Bedingungen arbeiten, sodass sich ihre Nutzungsdauer verlängert.

Eine weitere Kühloption ist die kryogene Bearbeitung. Durch die Verwendung eines Kühlmittels mit extrem niedrigen Temperaturen wird das Risiko der Überhitzung drastisch reduziert, und es sind längere Standzeiten möglich. Kombiniert mit MMS ergibt sich eine effektivere Mindestmengen-Bearbeitungsmethode, bei der ein Niedertemperaturkühlmittel wie flüssiger Stickstoff über das Werkzeug direkt der Schnittzone zugeführt wird. Alternativ dazu sehen einige Prozesse die Zufuhr von Kohlendioxid in die Schnittzone vor. Bei diesen Methoden verdampfen Teile des Kühlmittels an der Schneidkante und führen Wärme ab.

Die Rolle des Werkzeugs

Neben dem Werkstückstoff, der Bearbeitungsart und dem Maschinentyp hängt die richtige Kühlungsart auch von den eingesetzten Werkzeugen ab. Hersteller von Zerspanungswerkzeugen bieten Werkzeuge, die eine produktive Bearbeitung unter Verwendung verschiedener Kühlungsmethoden ermöglichen. Die Mehrzahl moderner Wendeplattenfräser besitzt Kühlmittelbohrungen, sodass die Kühlmittelzufuhr über den Werkzeugkörper erfolgt. Dies ist effektiver, da das Kühlmittel direkt in die Schnittzone gelangt. Für Planfräser früherer Generationen, die nicht über Kühlmittelbohrungen verfügen, bietet Iscar eine Klemmschraube mit einer einstellbaren Düse – sie verbessert in vielen Fällen nicht nur die Kühlmittelzufuhr, sondern trägt auch zur besseren Spanabfuhr bei.

Bei Fräsern, die für MMS und kryogene Bearbeitung vorgesehen sind, sollte der Fräserkörper entsprechend ausgelegt sein. Durch die Form der Innenkanäle, ihre Größe und ihre Dichtelemente sollte ein maximaler, störungsfreier Kühlmitteldurchsatz gewährleistet sein. Die wichtigsten Elemente sind die an den Ausgängen der Kanäle eingebauten Düsen, da diese die Wirkung des Kühlmittelstrahls optimieren und ihn an die richtige Stelle lenken.

Durch die Kante der Wendeplatte erfolgt der Schnitt – deren Hartmetallsorte beeinflusst aber auch die Kühlung. Die Beschichtung der Platte bildet eine Barriere gegen Hitze, sie muss den Temperaturunterschieden widerstehen. Dabei gibt es keine Universal-Beschichtung, die für produktives Fräsen mit und ohne Kühlmittel gleichermaßen geeignet ist – die Bearbeitungsart entscheidet über die passende Beschichtung.

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