René Olma

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Additive Fertigung

Pilotprojekt für
digitalisierte Produktion

Was als vielversprechende Vision begann, hat jetzt einen erfolgreichen Abschluss gefunden: Das Projekt NextGenAM hat zur Entwicklung einer Pilotanlage für ein automatisiertes Additive-Manufacturing-Verfahren der nächsten Generation beigetragen. Beteiligt waren die Partner Premium Aerotec, EOS und Daimler.

Das auch als additive Fertigung bezeichnete 3D-Druckverfahren wird im Unterschied zu den subtraktiven, also abtragenden Verfahren gesehen. Additive Fertigung wird als Ergänzung und Alternative zu konventionellen Fertigungstechniken immer interessanter. Additiv wird die Technologie deshalb genannt, weil bei diesem Vorgehen dünne Schichten des Werkstoffs übereinander aufgetragen und anschließend von einer Energiequelle verfestigt werden. Neben Kunststoffen und Keramiken lassen sich auch Metallteile im 3D-Druck herstellen.

Ziel des Pilotprojekts war es, eine digitalisierte Fertigungslinie der nächsten Generation zu entwickeln, die Aluminiumteile für die Auto- und Luftfahrtbranche deutlich wirtschaftlicher fertigen kann als das bisher möglich war. Die erfolgreiche Bilanz von NextGenAM: Bezogen auf den gesamten Produktionsprozess bei Premium Aereotec konnten die Herstellungskosten im Vergleich zu bisherigen Anlagen für 3D-Druck teils um 50 Prozent reduziert werden.

„Im Flugzeugbau ist Premium Aerotec bereits heute intensiv im Bereich des metallischen 3D-Drucks engagiert. Diese Expertise gilt es weiter auszubauen und auch in anderen Branchen erfolgreich zum Einsatz zu bringen,“ sagt- Dr. Thomas Ehm, der Vorsitzende der Geschäftsführung von Premium Aerotec.

Produktion vollautomatisch

Das Geheimnis liegt in einer ausgeklügelten, skalierbaren additiven Produktionskette, die vollautomatisiert bis zum mechanischen Absägen der gedruckten Teile von der Trägerplatte erfolgt. Das bedeutet, dass von der Datenvorbereitung und zentralen Pulverbereitstellung über den eigentlichen Bauprozess bis hin zur Wärmebehandlung, Qualitätssicherung und Separierung der Bauteile von der Trägerplatte keine manuellen Arbeiten mehr anfallen.

Technischer Kern der Anlage ist das Vier-Laser-System M 400-4 zum metallischenen 3D-Druck. Ein von Roboter gesteuertes, fahrerloses Transportsystem sorgt für einen reibungslosen Durchlauf der Teile durch die gesamte Produktionslinie.

NextGenAM: Pilotprojekt für automatisierten metallischen 3D-Druck. Bild: Daimler

Der gesamte Produktionsprozess steuert sich selbst ohne Bedienpersonal über einen zentralen, autonomen Leitstand. Grundlage ist die Vernetzung aller eingesetzten Maschinen. Die Auftragsdaten werden an den Leitstand übertragen, dieser verteilt die Prioritäten für die einzelnen Bauaufträge und ordnet sie einem Additive-Manufacturing-System zu. Während des Bauvorgangs ist der Fertigungsstatus auch ortsunabhängig mobil abrufbar. Nach Abschluss der kompletten Produktionskette werden die Qualitätsberichte zentral zurück an den Leitstand gesendet. Dieser stellt alle benötigten Daten zur Erstellung eines digitalen Zwillings bereit, was unter anderem eine umfassende Rückverfolgbarkeit ermöglicht.

Dr. Adrian Keppler, CEO von EOS, erklärt: „„Das NextGenAM-Projekt zeigt konkret, wie der industrielle 3D-Druck als Teil einer automatisierten Prozesskette auch in der Serienfertigung wirtschaftlich Einsatz finden kann. In Kombination mit den genutzten Möglichkeiten der Digitalisierung ist die Pilotanlage ein Meilenstein auf dem Weg zur digitalen Fertigung.“

Kapazität erweiterbar

Eine durchgängige 3D-Datenkette mit integriertem Qualitätsmanagement macht die Produktionsanlage zu einer der ersten Anwendungen des Zukunftsmaßstabs Industrie 4.0. Die Fertigung ist komplett skalierbar: Durch Duplizierung der Produktionsstraßen kann die Kapazität der Fabrik erweitert werden. Das verspricht in Zukunft weitere erhebliche Einsparungen, wenn die Stückzahlen steigen. Die aktuelle Pilotanlage ist bereits in der Lage, Bauteile automatisiert in Serienqualität herzustellen.

Schon jetzt werden Teile für Daimler in der neuen Technologiestraße bei Premium Aerotec gefertigt. Für den Lkw-Bereich ist beispielsweise bereits das erste gefertigte Ersatzteil im Einsatz. Dabei handelt es sich um einen Halter beim Lkw-Dieselmotor.

Ersatzteile für Lkw und Bus

Insbesondere im Ersatzteilbereich eignet sich das 3D-Druckverfahren, da benötigte Teile im Falle eines Werkzeugdefekts oft günstiger nachgefertigt werden können als im herkömmlichen Sand- oder Druckguss. Die ersten Anfragen für 3D-gedruckte Omnibusersatzeile aus Aluminium werden aktuell im Center of Competence 3D-Printing bei Daimler Buses geprüft. Darüber hinaus wird auch im Bereich Pkw in der Analyse über geeignete Einsatzmöglichkeiten nachgedacht.

Chancen für kleine Serien

„Für Kleinstserien von Neufahrzeugen eignet sich additive Fertigung ebenfalls. Durch gezielte Entwicklung der Teile speziell für den 3D-Druck können die Produktionskosten gesenkt und die Qualität optimiert werden“, sagt Jasmin Eichler, Leiterin Future Technologies bei der Daimler AG. „Besonders sinnvoll ist der 3D-Druck auch bei der Vorentwicklung von Fahrzeugen. Die benötigten kleinen Stückzahlen können mit additiver Fertigung oft günstiger und schneller hergestellt werden, als mit herkömmlichen Produktionsverfahren.“ Das gilt für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ebenso wie für Elektroautos.

3D-Druck eignet sich zudem sehr gut für die Herstellung integrierter Grundplatten, in denen die Kühlleitungen für die Batterien von E-Fahrzeugen verlaufen.

Hohe Produktqualität ist Standard

Hohe Produktqualität ist in der Pilotanlage Standard: Für Teile aus der Luft- und Raumfahrt ist sogar der Einsatz einer hochfesten Aluminium-Magnesium-Scandium-Legierung (als Scalmalloy bekannt) vorgesehen. Im Automotive-Bereich kommt eine klassische Alu-Legierung (AlSi10Mg) zum Einsatz, deren Materialeigenschaften im Laufe des Pilotprojekts kontinuierlich verbessert wurden. Unter anderem wurden die Materialfestigkeitswerte und die Oberflächenqualität im Vergleich zum Kooperationsbeginn vor zwei Jahren deutlich gesteigert.

Methode mit Zukunft

Nachdem die bisherigen Qualitätschecks mit vielversprechenden Ergebnissen bestanden wurden, ist eine Auditierung nach den Vorgaben des strengen Industriestandards VDA 6.3 in Vorbereitung. Sie ist bei Daimler Voraussetzung für die Anlieferung von Serienbauteilen für einen Lohndrucklieferanten.

Mit der Automatisierung der kompletten AM-Produktionskette sind künftig größere Stückzahlen im Serienbau möglich – mit gleicher Zuverlässigkeit, Funktionalität, Langlebigkeit und Wirtschaftlichkeit wie bei Bauteilen aus konventioneller Fertigung. Teile für Neufahrzeuge können bereits bei der Konstruktion für den 3D-Druck optimiert werden, was weitere Kostenvorteile verspricht. Daneben ergeben sich durch 3D-Druck Gewichtsvorteile, was insbesondere für Elektrofahrzeuge interessant ist.

Bei Ersatzteilen hat 3D-Druck den Vorzug, dass künftig Lagerkosten eingespart werden – wenn Teile stattdessen „on demand“ hergestellt werden. Man nennt diese Zukunftsvision bei Daimler auch „Digital Stock“, also die zentrale Bereitstellung von digitalen Fertigungsdaten für die dezentrale Fertigung von Ersatzteilen mittels 3D-Druck. Der 3D-Druck ist damit auf dem besten Weg, sich im Automobil- und Luftfahrtbereich als zusätzliche variantenreiche, verhältnismäßig junge Produktionsmethode weiter zu etablieren.

Partner des Projekts

Premium Aerotec ist der Komponentenhersteller, der 3D-gedruckte Bauteile aus Titanlegierungen für Airbus-Flugzeuge in Serie liefert. Kerngeschäft sind die Entwicklung und Herstellung von Flugzeugstrukturen aus Metall- und Kohlenstoff-Faserverbundstoffen. Das Unternehmen verfügt über deutsche Standorte in Augsburg, Bremen, Hamburg, Nordenham und Varel.

EOS ist der führende Technologieanbieter im industriellen 3D-Druck von Metallen und Kunststoffen. Das 1989 gegründete, unabhängige Unternehmen ist Pionier und Innovator für ganzheitliche Lösungen in der additiven Fertigung. Mit dem Produktportfolio aus Systemen, Werkstoffen und Prozessparametern erzielen Kunden Wettbewerbsvorteile im Hinblick auf die Qualität und Zukunftsfähigkeit ihrer Fertigung. Im Gemeinschaftsprojekt stellt EOS die komplette 3D-Drucktechnologie sowie damit verbundene Software-Lösungen und den Leitstand zur Verbindung und Steuerung der Produktionskette.

Daimler brachte die Erfahrungen aus der Großserienproduktion in das Projekt ein. Forschung und Vorentwicklung arbeiteten dabei Hand in Hand. Dazu gehörten die Musterbauteile, die rechnerische Absicherung und die Digitalisierung der Bauteildaten für den kompletten Produktionsprozess. Die Erprobung der Musterbauteile war ebenso Aufgabe des Autoherstellers wie die Erstellung eines standardisierten Fertigungs-Lastenheftes für den 3D-Druck. Daneben war Daimler begleitend für die Validierung und die Zertifizierung nach VDA 6.3-Standard im Blick auf eine Serienproduktion verantwortlich.

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