Gerda Kneifel

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Industrie 4.0

umati lässt die Daten fließen

Mit der Umsetzung der Schnittstelle umati für die Werkzeugmaschinenbranche wurden seit 2017 klare Inhalte und technische Eckdaten für die Realisierung erarbeitet. Was das im Einzelnen bedeutet und was die Besucher während der EMO Hannover erwartet, erläutern drei Experten. Götz Görisch verantwortet beim VDW in Frankfurt den Bereich Digitization and Industry 4.0 und ist Chairman der Joint Working Group umati. Bernd Zapf ist zuständig für den Bereich Development New Business & Technology bei der Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH in Nürtingen und Andreas Wohlfeld ist Lead Architect Smart Factory bei der Trumpf GmbH + Co. KG in Ditzingen und leitet die Modellierungsgruppe der Joint Working Group umati.

Interview mit Götz Görisch

Warum haben die Unternehmen und der VDW umati initiiert?

Görisch: Nach einem Workshop im VDW rund um die Themen Industrie 4.0 wurde deutlich, dass sich in der Standardisierung einiges tat. Nach einer Marktsondierung wurde auch klar, dass für die Werkzeugmaschinenbranche von dem Vorhandenen nichts nutzbar war. Mitunter wurden bereits zwischen Werkzeugmaschinenherstellern und Kunden aus der Automobilindustrie Standards vereinbart, aber eben nur bilateral. Daher flossen sehr viele Ressourcen in den Unternehmen in die Entwicklung und Pflege der verschiedenen Kundenimplementierungen. Diesen Ressourcenaufwand soll die globale Schnittstelle umati ablösen und so auch Kapazitäten für die Entwicklung neuer Funktionen mit Kundennutzen schaffen.

Götz Görisch, VDW. Foto: VDW

Warum wird auf OPC UA als Kommunikationsstandard gesetzt?

Görisch: Diese Frage wurde in den ersten Projektmonaten im Jahr 2017 sehr intensiv besprochen und untersucht. In den vergangenen zwei bis drei Jahren hat OPC UA einen Boom erfahren und ist zum Quasistandard in der industriellen Kommunikation geworden. Dabei baut OPC UA auf Internettechnologien und Protokollen auf. Grundlegend wird damit spezifiziert, wie kommuniziert wird. Gleichzeitig lässt sich mit branchenspezifischem Know-how in Begleitspezifikationen, sogenannten Companion Specifications, festlegen, was im Detail kommuniziert wird. Das heißt, es wird mit den Specifications eine Art branchenspezifisches Wörterbuch vermittelt.

Warum erfolgt keine Normung bei anderen Organisationen wie ISO oder IEC?

Görisch: OPC UA ist als zugrundeliegende Spezifikation bereits eine IEC Norm (IEC 62541), also eine von der International Electrotechnical Commission (IEC) publizierte Norm. Die Begleitspezifikationen sind derzeit noch so entwicklungsintensiv und werden schnell gebraucht, dass die klassische Normung nicht passend ist. Sobald sich die Companion Specifications stabilisiert haben, sollen sie langfristig in IEC/ISO-Normen übernommen werden. Der VDW ist bereits im ISO/TC 184 vorbereitend aktiv – einem Gremium bei der International Standardisation Organisation, das auf dem Gebiet Automatisierungssysteme und Integration normiert. Mit OPC UA sind die Grundimplementierungen mit entsprechenden Tools bereits vorhanden, bei einem normalen Normungsprozess mit drei bis fünf Jahren Laufzeit hat man am Ende noch keine Implementierungen mit entsprechenden Tools.

Wie funktioniert der Showcase?

Görisch: Der Showcase während der EMO Hannover 2019 zeigt, dass sich Maschinen unterschiedlicher Hersteller mit umati sicher, nahtlos und mühelos mit den IT-Systemen des Kunden verbinden lassen. Dazu haben wir eine vereinfachte Version des umati-Companion-Specifications-Entwurfs veröffentlicht mit dem Ziel, den Implementierungsaufwand bei den Teilnehmern zu reduzieren. Die Maschinen verbinden sich mit einem Aggregationsserver, der typischerweise bei Unternehmen auf Ebene des Shopfloors eingesetzt wird. Auf diesem Server werden die Daten aller Maschinen zusammengefasst und einem OPC-UA-Client in der Zielanwendung zur Verfügung gestellt. Da wir als VDW für die Messe einen solchen Democase nicht alleine bauen können, hilft uns T-Systems. Gleichzeitig werden sich viele Anwendungen mit diesem Server verbinden, eine Besonderheit, denn die meisten Teilnehmer haben auch selbst ein digitales Produkt zur Nutzung der Daten. Zusätzlich haben wir relevante Mehrwert-Dienst-Anbieter wie Adamos oder Symmedia für die Teilnahme gewinnen können.

Wie umfangreich ist der Datensatz des Showcase?

Görisch: Für das Demonstrationsszenario haben wir den Entwurf der Companion Specification genommen und eine typische Werkzeugmaschine festgelegt. Damit ist der Umsetzungsaufwand bei den Herstellern geringer und das Szenario enthält alles, was in der Standardisierungsarbeit bereits festgelegt wurde. Mit den Daten können die meisten der zehn Usecases, die für die erste Version festgelegt wurden, bedient werden – fokussiert auf die für den Showcase festgelegte Maschine.

Ein Showcase während der EMO Hannover wird den erreichten Stand von umati darstellen. Maschinen unterschiedlicher Hersteller lassen sich sicher, nahtlos und mühelos mit IT-Systemen des Kunden verbinden. Foto: VDW

Wann soll der Standard fertig sein und erscheinen?

Görisch: Wenn es nach mir ginge, noch in diesem Jahr. Allerdings haben wir noch eine Menge Abstimmungsarbeit vor uns und gleichzeitig nach Einreichung des Release Candidates bei der OPC Foundation Fristen für Kommentierung und Einsprüche zu berücksichtigen. Realistisch für die Erscheinung ist daher Anfang 2020. Was nicht bedeutet, dass nicht schon erste Implementierung eingesetzt werden können. Allerdings immer vor dem Hintergrund, dass zukünftig noch Anpassungen stattfinden können und müssen.

Wann ist mit Produkten zu rechnen?

Görisch: Ich gehe fest davon aus, dass die Werkzeugmaschinenhersteller mit ihren Entwicklungskunden schon erste konkrete Pilotumsetzungen während der EMO Hannover besprechen werden. Die Lieferfristen werden dazu sicher ins kommende Jahr reichen. Gleichzeitig müssen die notwendigen Voraussetzungen durch das umati-Projekt für Testing und Zertifizierung geleistet werden – mit Blick auf eine verlässliche Qualität. Und nicht zuletzt muss das umati-Produkt für Werkzeugmaschinen und Softwareprodukte noch final beschrieben werden. Vor diesem Hintergrund gehe ich von ersten Produkten im kommenden Jahr aus.

Interview mit Bernd Zapf und Andreas Wohlfeld

Die Werkzeugmaschinenbauer Trumpf und Heller bringen sich während der EMO Hannover beim umati-Showcase ein. Maschinen werden als Datenlieferanten eingebunden, und das Know-how wird zur Verfügung gestellt. Bernd Zapf und Andreas Wohlfeld erläutern den Beitrag ihrer Unternehmen.

Bernd Zapf, Heller (links) und Andreas Wohlfeld, Trumpf (rechts). Fotos: Heller (links) / Trumpf (rechts)

Was ist der Input Ihres Unternehmens für den Showcase zur EMO Hannover?

Zapf: Heller wird insgesamt vier Datenlieferanten mit dem umati-Datenmodell während der Messe zur Verfügung stellen: eine 5-Achs-Maschine auf dem Heller-Stand, zwei Schulungsmaschinen, wovon eine auf dem VDW-Stand ausgestellt wird, und eine weitere 5-Achs-Maschine, die in der Heller-Fertigung in Nürtingen steht. Diese Maschinen werden die Daten für den Showcase zur Verfügung stellen.
Wohlfeld: Auch Trumpf wird einzelne Maschinen als Showcase für die Messe an den Datenhub anschließen. Trumpf stellt dem VDW zum Beispiel einen angeschlossenen Markierlaser zur Verfügung. Neben den Maschinen im Showcase unterstützen wir in unserer Rolle als Mitglied der Kerngruppe des VDW und der Modellierungsgruppe der Joint Working Group die Veranstaltungen des VDW zu umati. Damit unterstreichen wir unseren Anspruch. Der umati-Gruppe war es wichtig, auf eine Technologie zu setzen, die den größten Nutzen für die neue Schnittstelle bietet. Durch die semantische Selbstbeschreibung der Daten in den Informationsmodellen werden die Daten nicht nur strukturiert, sondern mit einer Bedeutung versehen und dadurch extrem aufgewertet. Nicht zuletzt ist OPC UA der gesetzte Standard für die Kommunikation in der Rahmenarchitektur für Industrie 4.0, also RAMI 4.0.

Auf welchem Stand sind die Standardisierungsarbeiten aus Ihrer Sicht?

Zapf: Die Standardisierungsarbeiten sind eine sehr aufwändige, komplexe und zeitraubende Arbeit. Es müssen viele Meinungen unterschiedlicher Unternehmen eingeholt werden. Grundsätzlich ist viel Kompromissbereitschaft von allen Beteiligten gefragt. Außerdem wird ein zukunftsgerichteter Datensatz entworfen. Das kostet Zeit und benötigt viel Erfahrung. Aus Sicht von Heller hat die aktuelle Modellierung einen Stand von etwa 90 Prozent unserer Anforderungen erreicht.
Wohlfeld: Einen hauseigenen Standard im Bereich OPC UA hat Trumpf schon seit mehreren Jahren. umati ist für uns der nächste logische Schritt auf dem Weg, die Smart Factory herstellerübergreifend zu realisieren. Daran arbeiten wir hart. Die Freigabe der Companion Specification durch die OPC Foundation ist das nächste große Ziel. Im Anschluss sollten wir auch Produkte auf dem Markt haben. Bei den Anbietern wird sich der Standard sukzessive verbreiten. Das Tempo ist im Wesentlichen davon abhängig, wie schnell sie den Standard in ihre Produkte integrieren.

Welche konkreten Pilotprojekte können während der EMO Hannover demonstriert werden?

Zapf: Heller demonstriert mit den angeschlossenen Maschinen den vollständigen EMO-umati-Datensatz. Dieser deckt nach unserer Abschätzung bereits etwa 40 Prozent des endgültigen Datensatzes ab. Wir versorgen diesen Datensatz mit MDE/BDE-Signalen aus unserer bisherigen MDE/BDE-Schnittstelle und haben darüber hinaus weitere Signale zur Verfügung, über die wir bisher nicht verfügen konnten. Diese werden von der umati-Schnittstelle dazu gesteuert. Dadurch schaffen wir zukünftig eine Verbindung von der bisherigen MDE/BDE-Schnittstelle an unseren Maschinen zu den neuen und zukünftigen Anforderungen. Dies kann beispielsweise die Erfassung von Maschinenzuständen sein.
Wohlfeld: Wir werden im Rahmen des Showcase ein Pilotprojekt mit den Trumpf-Maschinen-Apps zeigen, die unter anderem den Maschinenstatus visualisieren.

Titelbild: EMAG

Autorin

Annedore Bose-Munde

Fachjournalistin für Wirtschaft und Technik
Erfurt

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