Michael Stöcker

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Aluguss als schnelle Engpasslösung

Die produzierenden Unternehmen vieler Branchen kämpfen aktuell mit Lieferengpässen bei wichtigen Halbzeugen, Vormaterialien und Rohstoffen. Selbst massives Aluminiumblockmaterial für die zerspanungstechnische Herstellung großer Blasform-, Tiefzieh- oder Schäumwerkzeuge ist derzeit nur zu hohen Preisen und teilweise langen Lieferzeiten zu beschaffen. Die Gießerei Blöcher springt in die Bresche und beliefert zahlreiche Werkzeugbauer mit hochpräzisen, temperierten Formwerkzeugen aus Aluminiumguss. Dabei lassen sich dank innovativer Additive-Manufacturing-Systeme und Großfrästechnik selbst geometrisch komplexe Werkzeuge in Rekordzeiten realisieren.

Eine CNC-Styropor-Großfräse, ein robotergestützter 3D-Sanddrucker und weitreichendes Know-how auf den Gebieten der Edelstahlrohrverarbeitung sowie des Aluminiumgießens – das sind die Kernkompetenzen, mit denen die Gießerei Blöcher bei vielen Werkzeugbauern punktet. Der Grund: Insbesondere Werkzeugherstellern, die beispielsweise für die Produktion großer Blasform- oder Schäumwerkzeuge bislang die Zerspanungstechnik nutzten, fehlt es am entsprechend dimensionierten Aluminiumblockmaterial dafür. Es ist derzeit teuer und nur schwer zu beschaffen.

Die Ursachen dafür reichen von der US-Sanktionspolitik bis hin zu den pandemisch bedingten Transport- und Lieferkettenproblemen. Auf der Suche nach Auswegen aus diesem Versorgungsdilemma entdecken immer mehr Werkzeugbauer das Aluminiumgießen als kostengünstige und schnell realisierbare Alternative wieder.

„Der erste konkrete Hilferuf dieser Art erreichte uns vor einigen Wochen aus dem europäischen Ausland. Mittlerweile muss sich herumgesprochen haben, dass wir selbst anspruchsvolle Kavitäten mit aufwendigen, konturnahen Temperierungen zum Abgießen großer blasgeformter oder geschäumter Bauteile in nur wenigen Wochen bereitstellen können. Die Anfragen nach unseren Produkten nehmen derzeit deutlich zu“, berichtet Firmenchef Jürgen Blöcher.

Zukunftsweisende Vorstufen

Die Gießerei Blöcher zählt zu den modernen Aluminiumgießereien in Deutschland. Sie hat sich in jüngster Vergangenheit durch zahlreiche Investitionen als schneller On-Demand-Supplier positioniert. Während das Unternehmen eine weitere Halle und eine Fünf-Achs-Großfräse für die CNC-Fertigung großer Modelle (8000 x 4000 x 2000 Millimeter) aus expandiertem Polystyrol (EPS) in Betrieb nahm, fiel 2020 der Startschuss für einen vollautomatisierten 3D-Sanddrucker zur additiven Fertigung großer Gussformen aus modifiziertem Quarzsand.

Zudem verfügt die Gießerei über eine 3D-CAD-Konstruktion und einen 3D-Scanner zur geometrischen Qualitätssicherung der EPS-Modelle. „Allein durch das intelligente Zusammenspiel dieser Technologien können wir schon in den gießereitechnischen Vorstufen ein hohes Maß an Prozesseffizienz umsetzen und den Zeitaufwand erheblich reduzieren“, betont Blöcher.

Konturnah eingegossen statt ins Volle gebohrt oder gefräst: Die hochpräzise Integration komplexer Edelstahltemperierungen in die Sandgussformen gehört zu den Kernkompetenzen der Gießerei Blöcher.

Notlage bewirkt Umdenken

Die ersten dieser besonders eiligen Alugusswerkzeuge konnte die Gießerei in drei Wochen nach Bereitstellung der kundenseitigen 3D-CAD-Daten fertigstellen und ausliefern. Es handelte sich vorrangig um große Kavitäten von komplexer Geometrie mit konturnah eingegossenen Temperierungen zur Herstellung kompletter Lkw-Innenraum-Auskleidungen aus gepressten Formteilen.

Der Auftraggeber, ein mittelständischer Betrieb in Osteuropa, fertigte diese Werkzeuge bis dato ausnahmslos in der Zerspanungstechnik. Die aktuelle Notlage und die kurze Lieferzeit für die Alugusswerkzeuge führten jedoch zu einem Umdenken, das laut Blöcher durchaus symptomatisch für weite Teile der Branche ist: „Das Ausweichen auf den Aluminiumguss, so wie wir ihn in Biedenkopf praktizieren, geht für viele Werkzeugbauer mit einem Lerneffekt einher. Nicht allein, dass sie erkennen, wie kurzfristig ein Gusswerkzeug heute verfügbar ist und wie kostengünstig es sein kann. Auch die technischen Vorteile, die eine in die Kavitäten eingegossene Edelstahltemperierung in der Praxis bietet, fallen dabei zunehmend ins Gewicht“, sagt Blöcher.

Der Firmenchef spielt damit auf ein Manko zerspanungstechnisch gefertigter Werkzeuge an, das oft erst bei längerer Verwendung zutage tritt: Die mittels Tieflochbohren direkt ins massive Blockmaterial hineingearbeiteten Temperierkanäle weisen häufig spitzwinkelige Biegungen und Totstellen auf, in denen sich Schlammnester bilden können, die als negative Hotspots eine kontrollierte Kühlung des Werkzeugs erschweren oder sogar unmöglich machen.

Zudem greifen viele Kühlwasser-Additive die Aluminiumoberflächen in den Temperierkanälen auf Dauer an, was ebenfalls zu prozesstechnischen Problemen führt. „Bei den fachmännisch und harmonisch in die Kavitäten eingelegten Edelstahlrohr-Temperierungen der Aluminiumgusswerkzeuge tauchen diese Schwierigkeiten grundsätzlich nicht auf.

Technologisch betrachtet kann die Gießerei mit ihren 3D-Printing- und 3D-CAD-Kompetenzen bei Bedarf an das 3D-Printing-Knowhow von FKM Sintertechnik andocken, dessen Lasersinter-Fabrik sich in direkter Nachbarschaft befindet. Dank der engen Kooperation der Unternehmen verfügt die Aluminiumgießerei nicht nur über einen Wettbewerbsvorsprung in Sachen Additive Manufacturing, sondern sie kann Kunden für die wirtschaftliche Umsetzung innovativer Lösungen im Bereich des Werkzeugbaus ein erweitertes Portfolio offerieren.

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