Holger Piscator

Althen

Kontaktdaten

Qualitätssicherung

Mehr Sicherheit bei Schwertransporten

Schwertransporte mit überdimensionalen Lasten erfordern eine komplexe Planung und Logistik, um gut und sicher durchgeführt werden zu können. Der Messspezialist Althen Mess- und Sensortechnik hat für das Schwertransportunternehmen Viktor Baumann ein mobiles Messsystem zur Überwachung des Neigungswinkels der Ladung entwickelt, das die Kippgefahr deutlich reduziert.

Es gibt Schwertransporte, aber es gibt auch gigantische Schwertransporte. Zur letzten Kategorie zählt der Transport eines riesigen Wärmetauschers, den die Viktor Baumann GmbH & Co. KG 2020 durchführte. Das Unternehmen ist Experte für den überdimensionalen Spezialtransport, den nur wenige Firmen in Deutschland anbieten.

Wenn Reinhard Treutler, CAD-Techniker bei Baumann, gefragt wird, worauf es bei einem Schwertransport dieses Ausmaßes ankommt, lautet seine Antwort: „Das kann man eigentlich gar nicht erklären. Es gibt unfassbar viele Dinge zu bedenken.“

Jeder Transport erfordert umfassende Planungsprozesse, die einen großen zeitlichen Vorlauf haben. Zunächst müssen alle Parameter der Ladung geprüft werden, Größe, Gewicht, Höhe und Länge, dann wird die Konstruktion des benötigten Fahrzeugs ausgearbeitet, und schließlich folgen die Recherchen zur passenden Strecke. Letzteres ist komplex, da bestimmte Straßen und Brücken für Ladungsgewicht und -höhe ungeeignet sein können, oder Kurven zu eng, um mit dem überlangen Fahrzeug zu passieren.

„Wenn wir mittels eines modernen 3D-Scanfahrzeugs eine Strecke festgelegt haben, kann es sein, dass die Behörden dennoch kein grünes Licht geben, weil sich zum Beispiel Baustellen auf der Strecke befinden oder Brücken nicht tragfähig sind. Dann muss umgeplant und teilweise auch das Ladegut verändert werden“, schildert Treutler die Arbeit.

Herausforderung: Hoher Schwerpunkt

Die besondere Herausforderung bei sehr großen und schweren Gütern ist der hohe Schwerpunkt der Ladung, der die Kippgefahr des ganzen Fahrzeugs erhöht. 2020 lag der Schwerpunkt der Ladung 3,80 Meter über dem Auflieger des Modulfahrzeugs bei einem Gewicht von 324 Tonnen. Es gilt bei solchen Spezialtransporten, den Neigungswinkel der Ladung über den gesamten Transportzeitraum kontinuierlich zu überwachen und bei Bedarf hydraulisch gegenzusteuern, wenn der Neigungswinkel einen zuvor definierten Bereich überschreitet.

Bei weniger kritischen Transporten setzt das Unternehmen für die Neigungswinkelüberwachung ein Pendel ein, das zusammen mit einer Skala an der Ladung befestigt wird. Bei einem zu hohen Ausschlag kann der Bediener der hydraulischen Anlage die Neigung der Ladung während der Fahrt korrigieren. Bei einem Schwertransport mit diesen Dimensionen war die Pendelvariante jedoch zu unpräzise, da es sich um einen sehr engen Grenzbereich handelte, in dem die Neigung vom Nullpunkt abweichen durfte.

Elektronische Überwachungslösung

Um einen sicheren Transport gewährleisten zu können, dachte Treutler an eine elektronische Messlösung für den Neigungswinkel und trat mit dieser Anforderung an Althen heran. Bis dato existierte kein passendes Messgerät, so dass projektbezogen eine neue Messlösung entwickelt wurde.

Holger Piscator, Leiter Entwicklung und Fertigung bei Althen, beschreibt die Entwicklungsarbeit: „Zunächst mussten die Anforderungen an das System bezüglich Messbereich, Messgenauigkeit und Art der Visualisierung geklärt werden. Im Anschluss haben wir das Ganze technisch realisiert, ein passendes Neigungssensorelement ausgewählt, die geeignete Elektronik dazu, sowie die Software inklusive Messsignalfilterung entwickelt. Alles wurde individuell für die vorliegende Applikation umgesetzt, denn wir konnten nicht auf fertige Lösungen zurückgreifen.“

Das Ergebnis ist das MTMS, ein mobiles Messsystem zur Überwachung des Neigungswinkels. Es besteht aus einer Messeinheit mit Sensor in einem robusten Aluminiumdruckgussgehäuse und einer zugehörigen lichtstarken LED-Großanzeige, die aus 20 Metern Entfernung sehr gut ablesbar ist. Sie verfügt zudem über eine automatische Helligkeitsanpassung und ist auch bei Tageslicht gut zu erkennen.

Ausgelegt ist das Messsystem für die Erfassung einer quasi-statischen Neigungswinkeländerung eines zu überwachenden Messobjekts. Der Messbereich umfasst plus-minus zehn Grad in Bezug zur Horizontalen; ein sehr enger Bereich, da bei kritischen Transporten mit hohem Gewicht und Schwerpunkt schon wenige Grad Neigung eine Überschreitung des Kipppunkts bedeuten.

Leicht ablesbare LED-Balkenanzeige

Um die Gefahr stets schnell und exakt einschätzen zu können, hat Althen in Abstimmung mit Baumann neben der numerischen Darstellung eine farbig abgestufte LED-Balkenanzeige gewählt, die dem Bediener sofort eine Überschreitung des Grenzbereichs signalisiert. Piscator erläutert: „Anders als die numerische Anzeige sind die Balken auf einen Blick zu interpretieren, gerade wenn die Neigung über einen längeren Zeitraum überwacht werden und der Bediener permanent den Betriebszustand einschätzen muss. Werden die Grenzwerte optimal eingehalten, leuchten grüne Balken; wechselt die Anzeige auf Gelb, gilt ein Voralarm, bei dem der Bediener reagieren und bereits hydraulisch gegensteuern kann. Rote Balken sind schließlich der kritische Bereich.“ Zudem wurde von Baumann ein akustisches Hornsignal ergänzt, das ebenfalls ertönt, wenn die Grenzwerte überschritten werden. Auch an der Sensormesseinheit selbst befinden sich zwei rote Kontrolllampen, die den Betriebszustand anzeigen.

Das Messsystem ist einfach an der jeweiligen Ladung zu montieren und auch zu programmieren. Die Nulllage des zu transportierenden Objekts kann in einem geschützten Bedienermenü abgespeichert werden; so kennt der Sensor seine während der Fahrt zu haltende Position. Zusätzlich lassen sich zwei Grenzwertschaltpunkte programmieren, die den kritischen Neigungsbereich markieren, in dem sich die Ladung bewegen darf, bevor der Kipppunkt erreicht ist.

Diese jeweiligen Grenzwerte hängen von vielen Faktoren ab, wie Treutler weiß: „Für jedes Objekt muss individuell der Grenzwert ermittelt werden. Dieser ist abhängig von der Größe, dem Gewicht, der Höhe des Schwerpunkts, dem eingesetzten Fahrzeug, der Verbindung Fahrzeug und Ladung und einigen Faktoren mehr. Dazu setzen wir eine Software ein, die diesen Kipp- oder Überlastwinkel, also die Maximalneigung, errechnet.“ Tatsächlich konnte dank der Anzeige während des viertägigen Transports konsequent innerhalb des grünen Messbereichs dank hydraulischer Nachjustierung rangiert werden. Das Neigungsmesssystem wird mit einem Kalibrierzertifikat ausgeliefert, für das Althen auch die Re-Kalibrierung anbietet.

Das Produktportfolio von Althen umfasst zudem zahlreiche Messwertaufnehmer, Sensoren und Messverstärker, die ebenfalls in derlei Spezialfahrzeugen zum Einsatz kommen können. So messen zum Beispiel Druckaufnehmer den Hydraulikdruck, Kraftaufnehmer über

Novum in der Branche

Im Bereich der Spezialschwertransporte stellt das elektronische Neigungswinkelmesssystem ein Novum dar, das mehr Sicherheit bei Überführungen dieser Größenordnung bedeutet. Sowohl das Kundenunternehmen, das den Wärmetauschertransport beauftragt hat, als auch die Mitarbeiter und Bediener von Baumann ziehen ein positives Fazit. „Unsere Mitarbeiter haben bei der Ankunft gesagt, dass sie nicht mehr anders fahren wollen, nur noch mit diesem System“, berichtet Treutler. „Auch in der Kundenberatung merken wir, dass diese zusätzliche Sicherheitsfunktion verstanden wird und sehr gut ankommt. Für uns ist wichtig, dass wir uns als Firma und insbesondere unsere Mitarbeiter sich gut und sicher mit dieser Lösung fühlen. Also kommt bei kippgefährdeten Transporten mit hohem Schwerpunkt und großer Last nur noch das Neigungswinkelmesssystem von Althen zum Einsatz.“

Kontakt

Holger Piscator

Leiter Entwicklung und Fertigung
Althen GmbH Mess- und Sensortechnik
Kelkheim
Tel. +49 6195 7006 30
E-Mail senden

Autorin

Michaela Wassenberg

Wassenberg Public Relations für Industrie & Technologie GmbH
Nürnberg
Tel. +49 911 598 398 - 0
E-Mail senden

www.althensensors.com