Till Pfeifer

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Bildung

Studenten trainieren
am praktischen Objekt

Freitagnachmittag in einem Konferenzraum der Bosch Rexroth Group in Witten. Um den Tisch sitzen vier junge Männer eines international zusammengesetzten Projektteams sowie drei Herren der Unternehmensleitung. Der Anzug sitzt, die Präsentation ist vorbereitet und der Abschlussordner liegt auf dem Tisch. Die Studenten, zwei deutsche und zwei chinesische der Fachrichtung Maschinenbau der RWTH Aachen, sind sichtlich etwas nervös. Hinter ihnen liegt eine sechsmonatige, anspruchsvolle Projektarbeit mit längerem Aufenthalt in China und vor ihnen die Präsentation der Ergebnisse. Die Anspannung hat ihre Berechtigung: Wann hat man als Student schon mal die Gelegenheit, dem Vorstand des Unternehmens seine Ergebnisse selbst vorzutragen? Bei den Junior-Ingenieur-Projekten der ING2BIZ gehört es mitunter zur Aufgabe. Die Projekte stammen aus einer Initiative der RWTH Aachen.

Rückblende: sechs Monate vorher. Die Bosch Rexroth Group vertreibt ihre Großgetriebe weltweit. Fällt ein Getriebe in den USA oder China aus, muss es nach Deutschland verschifft und hier überholt werden. Allein der Transport dauert mehrere Wochen. Bei der hohen Kapitalbindung solcher Großgetriebe ist diese Prozessorganisation ab einer bestimmten installierten Kapazität nicht mehr wirtschaftlich. Daher hat sich das Unternehmen entschlossen, den Reparaturservice für Großgetriebe sowohl in China als auch in den USA vor Ort durchzuführen. Daraus ergab sich folgende Aufgabenstellung: „Internationalisierung des Service für Windenergieanlagenkomponenten und Großgetriebe“. Und zwar untergliedert in zwei Teilprojekte: „Analyse, Dokumentation und Optimierung“ sowie „Implementierung und Umsetzungsbegleitung in China“.

Die Projektidee

Junior-Ingenieur-Projekte? Die Initiative wurde vor einem Jahrzehnt an der RWTH Aachen entwickelt. Ausgehend von der Fragestellung, wie das weitgehend wissenschaftlich-theoretische Studium der Ingenieurwissenschaften besser den Anforderungen der Industrie als auch den Erwartungen der Studenten an eine praxisorientierte Ausbildung angepasst werden kann, war nach einigen Gesprächen mit Studenten und Unternehmen schnell klar, was gefordert und bisher nicht ausreichend im Studium berücksichtigt wurde: Teamorientierte Projektarbeiten anhand konkreter, zeitlich begrenzter industrieller Aufgabenstellungen sowie internationale Kultur- und Praxiserfahrung.

Pilot Partner für das erste studentische Ingenieurprojekt war 2005 die ZF Sachs AG mit dem Thema „Spare Part Management Germany versus Brazil“. Das Fazit des Pilotprojekts: Die Erwartungen des Auftraggebers wie auch der Studenten wurden übertroffen. Im eng gesteckten Zeitrahmen konnten diverse Lösungsalternativen entwickelt und teilweise sogar während der Projektlaufzeit umgesetzt werden.

Folgende Erfolgsfaktoren wurden identifiziert:

  • Auswahl und Zusammensetzung des Projektteams entsprechend der Aufgabenstellung.
  • Klar definierter Projektauftrag und zielgerichteter Einsatz der Studenten stellt Ergebniserreichung im vorgegebenen Zeitraum sicher.
  • Beauftragung und Abnahme der Projektergebnisse durch die Management Ebene, um Akzeptanz des Studententeams im Unternehmen sicherzustellen


Nach weiteren, ebenfalls sehr erfolgreich durchgeführten Projekten übernimmt seit 2007 ein Spin-Off der RWTH die Durchführung: Das Unternehmen ING2BIZ sorgt für die Projekt-Akquisition, die Auswahl der Studenten im Rahmen eines Assessments, die Projektstrukturierung und -Organisation sowie die fachliche Betreuung und das Backup der Studenten während der Projektlaufzeit.

Kern des Leistungsangebots von ING2BIZ ist die Förderung des ingenieurwissenschaftlichen Führungsnachwuchses im Rahmen internationaler Industrieberatungsprojekte. Beraterteams bestehen aus Studenten die durch das Management der ING2BIZ geführt und unterstützt werden. Sie lösen Problemstellungen international agierender Unternehmen. Geht es bei der Fragestellung um spezielle technische Anforderungen, können Experten aus dem Alumni-Netzwerk der ING2BIZ hinzugezogen werden. Mit einem überschaubaren Budget können über einen Projektzeitraum von maximal sechs Monaten mit hohem zeitlichen Einsatz der Teams am Kundenstandort sehr gute Ergebnisse erzielt werden. Projektstart: April oder Oktober | Teamgröße: 2 bis 6 Studenten | Kosten: 3000 Euro pro Person und Monat

Studenten springen in die Praxis

Zurück zur Abschlusspräsentation in Witten. Die Studenten referieren über den vorgefundenen Reparaturprozess und die vorgeschlagenen Verbesserungspotenziale. Nachfragen von Dr. Stefan Spindler, dem damaligen Vorstandsmitglied von Bosch Rexroth, zur Prozessoptimierung können mit der durch die Pareto-Analyse identifizierten Kernprobleme beantwortet werden. Es entsteht eine angeregte Diskussion, bei der deutlich wird, dass das Studententeam in den zurückliegenden sechs Monaten tief in die Prozesse des Unternehmens eingedrungen ist und durch die Unvoreingenommenheit einige Themen und Probleme aufdecken konnte, die bisher im Unternehmen nicht transparent waren.

Der zweite Teil der Präsentation, die Implementierung und Umsetzungsbegleitung, wird von einem der chinesischen Studenten präsentiert. Zu Projektbeginn noch etwas schüchtern und kantig im Umgang mit Softskills, zeigt er sich jetzt nach Projektdurchführung und dem Zugewinn an Erfahrungen selbstbewusst: „Wir haben 400 Prozessschritte analysiert, strukturiert und daraus einen klaren Handlungsleitfaden für die Umsetzung der Reparatur- beziehungsweise Servicemaßnahmen abgeleitet.“ Beispielhaft pickt er einen Prozessschritt heraus. Neben einem Bild, in dem die kritischen Arbeitsschritte farblich markiert sind, sind drei Textfelder mit der Arbeitsbeschreibung in den drei Sprachen Deutsch, Englisch und Chinesisch zu erkennen. Eine halbe Stunde später werden die erarbeiteten Ergebnisse durch die Experten des Unternehmens gewürdigt.

Zwei Jahre später läuft der Reparaturprozess eigenständig in China. Die englische Version des Handlungsleitfadens wird genutzt, um den Reparaturservice in den USA aufzubauen. Noch zu erwähnen: Einer der beiden teilnehmenden chinesischen Studenten ist mittlerweile für den Vertrieb des Unternehmens in China verantwortlich.

Fazit: Die von hochmotivierten und fachlich qualifizierten Ingenieurs-Studenten durchgeführten Beratungsprojekte erzielen deutliche Win-Win-Ergebnisse. Der Nutzen für Unternehmen liegt auf der Hand: Mit unvoreingenommenen Studenten lassen sich in mehrmonatigen Projekten vorzeigbare Ergebnisse erarbeiten, und „on the Job“ können zukünftige Führungs- und Nachwuchskräfte ohne langfristige Bindung identifiziert werden. Die Studenten erhalten eine wichtige Zusatzqualifikation in teamorientierter Projektarbeit und können vertieft im industriellen Umfeld Praxis- und Kulturerfahrung sammeln.

Kontakt

Dr. Till Pfeifer

Geschäftsführer
ING2BIZ – Progressive Teamwork
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