Nikolaus Fecht

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Grüner Laser schließt
Lücke der Kupferbearbeitung

Additive Fertigung von Kupferwerkstoffen ermöglicht Selective Laser Melting mit grünem Licht. Diese für die Industrie wichtige Innovation stellt das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT aus Aachen bei der Formnext vom 14. bis zum 17. November vor. Während der Fachmesse für die Kombination von additiver Fertigung mit konventionellen Fertigungstechnologien in Frankfurt am Main präsentieren die Aachener erstmals ein Verfahren zur wirtschaftlichen, additiven Fertigung von großen Bauteilen aus reinem, extrem leitfähigem Kupfer.

Industrieller 3D-Druck beschleunigt Innovationszyklen und ermöglicht oft technische Produkte, die konventionell nicht herstellbar sind. Das Selective Laser Melting (SLM), bekannt als Laserstrahlschmelzen oder Laser-Powder-Bed-Fusion (L-PBF), hat sich in vielen Branchen einen Namen gemacht.

Es hat sich unter anderem beim wirtschaftlichen 3D-Metalldruck von Bauteilen aller Art aus Stählen, Titan- und Aluminiumlegierungen sowie aus Nickel- und Kobaltlegierungen bewährt. Vor allem haben Anwender bisher den wirtschaftlichen 3D-Druck von Bauteilen aus Kupfer vermisst. Interessant ist insbesondere Reinkupfer, weil es im Vergleich zu Kupferlegierungen eine sehr hohe elektrische und thermische Leitfähigkeit besitzt.

SLM für 3D-Kupferdruck

Die speziellen Materialeigenschaften ließen einen wirtschaftlichen 3D-Druck von reinem Kupfer bislang aussichtslos erscheinen. „Reines Kupfer reflektiert bei der sonst üblichen Wellenlänge von etwa einem Mikrometer je nach Oberflächeneigenschaften den überwiegenden Teil der Laserstrahlung“, berichtet Daniel Heußen, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gruppe Rapid Manufacturing am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik (ILT), „es wird daher nur ein sehr geringer Teil der eingestrahlten Energie in den Werkstoff eingekoppelt, und damit steht wenig Energie für den Schmelzprozess zur Verfügung.“ Die reflektierte Laserstrahlung kann sogar die SLM-Prozesskammer schädigen. Darüber hinaus steigt der Absorptionsgrad bei infrarotem Licht beim Übergang des Werkstoffs vom festen in den flüssigen Zustand sprunghaft an und sorgt für einen instabilen und diskontinuierlichen Umschmelzprozess.

Wesentlich besser sieht es dagegen bei einer deutlich geringeren Wellenlänge aus: Bei grünem Laserlicht mit der Wellenlänge von 515 Nanometern liegt der Absorptionsgrad von Kupfer um ein Vielfaches höher. Vorteilhaft beim grünen Laser ist zudem, dass eine deutlich niedrigere Ausgangsleistung genügt. Auch lässt sich der Laserstrahl schärfer bündeln, so dass sich mit dem neuen SLM-Verfahren wesentlich filigranere Bauteile herstellen lassen. „Wir hoffen auf eine gleichmäßigere Schmelzbaddynamik, um dichte Bauteile aufbauen zu können, sowie auf weitere positive Effekte wie eine hohe Detailauflösung“, erläutert Heußen.

Die Aachener entwickeln SLM nun im Rahmen eines Forschungsprojekts weiter, das von der AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ gefördert wird. Am Fraunhofer ILT entsteht bis Ende dieses Jahres eine eigens entwickelte Laserstrahlquelle, die nicht mehr mit infrarotem, sondern mit grünem Licht arbeitet.

In eigener Regie: Bau eines grünen SLM-Lasers

Die Abteilung Strahlquellenentwicklung des Fraunhofer ILT baut den Laser für „SLM in Grün“, so der interne Begriff für das Projekt, in eigener Regie, weil es am Markt bisher keine entsprechende „grüne“ Strahlquelle gibt, die den Randbedingungen für den SLM-Prozess genügt. Geplant ist ein Laser für den sogenannten Singlemode-Betrieb, der mit einer maximalen Leistung von 400 Watt im kontinuierlichen Betrieb (cw) mit grüner Wellenlänge (515 Nanometer) in sehr guter Strahlqualität arbeitet. Bis Jahresende entsteht ein Laboraufbau, mit dem die Aachener einen stabilen Prozess entwickeln.

Eine für die Industrie wichtige Innovation stellt das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT aus Aachen bei der Formnext vom 14. bis zum 17. November in Frankfurt vor: Details zum Forschungsprojekt „SLM in Grün“ erfahren Interessenten am Fraunhofer-Stand (Halle 3.0, Stand F50). Das Fraunhofer ILT präsentiert das Projekt und erklärt die Funktionsweise anhand eines Modellaufbaus und von Prozessvideos.

Die Innovation soll industrielle Anwender in die Lage versetzen, aus Reinkupfer komplexe Geometrien mit Hohlstrukturen und Hinterschnitten additiv herzustellen. »SLM in Grün« wird sich voraussichtlich für die Herstellung hocheffizienter Wärmetauscher und Kühlkörper eignen oder für die Kleinserienproduktion von filigranen, komplexen elektrischen Bauteilen. „In der industriellen Fertigung bieten sich Induktoren für die induktive Wärmebehandlung besonders an“, sagt Heußen, „und weil sie meist in geringer Stückzahl mit hoher Komplexität und Variantenvielfalt hergestellt werden, sind es Paradebeispiele für die additive Fertigung.“

3D-Druck von Metallschmuck

»SLM in Grün« ist auch für Schmuckdesigner interessant, denn sie können damit komplexe Strukturen wesentlich effizienter als mit konventionellen Techniken und zudem reproduzierbar herstellen. Das neue Verfahren ist vielversprechend: Die Wissenschaftler erhoffen sich eine wesentlich höhere Detailauflösung und eine höhere Wirtschaftlichkeit in der Fertigung im Vergleich zu anderen additiven Verfahren wie etwa dem Elektronenstrahlschmelzen (EBM).

Der grüne Laser kommt nicht nur für Kupfer in Frage, sondern auch für die Verarbeitung von Bunt- und Edelmetallen in der Schmuckindustrie. „Jedoch müssen noch einige Hürden in der Prozess- und Anlagenentwicklung überwunden werden“, sagt Heußen, „und ein tieferes Prozessverständnis für die Verwendung der neuen Wellenlänge muss entwickelt werden.“ Dies ist das Ziel des aktuellen Projekts, das bis Mitte 2019 läuft.

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