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3D in aller Munde

Zwei verschiedene additive Verfahren, um einen simplen Stahlstift herzustellen? Das hört sich übertrieben an, aber Klaus Eimann von Procter & Gamble löst mit der Kombination von 3D-Druck und Laserauftragsschweißen ein lästiges Produktionsproblem bei elektrischen Zahnbürsten. Der Zahnbürstenhersteller setzt in der Werkzeugfertigung und -instandhaltung seit 2006 sowohl das pulverbettbasierende Verfahren Laser Metal Fusion (LMF) als auch das Laserauftragsschweißen (LMD) von Trumpf ein.

Im Jahr 1890 ließ der Engländer Dr. George Scott die Idee für die erste elektrische Zahnbürste patentieren. Er hatte wenig davon: Das Gerät war zu umständlich und zu teuer für die meisten Leute. Das änderte sich 1960, als Oral B mit der Mayadent eine elektrische Zahnbürste auf den Markt brachte.

Heute gehört Oral B zum US-Konzern Procter & Gamble, und die elektrische Zahnbürste ist in jedem Drogeriemarkt erhältlich. Täglich verlassen 100.000 Stück das Werk des Zahnbürstenherstellers in Marktheidenfeld. Damit die Produktion diese Geschwindigkeit halten kann, müssen die Ingenieure viel Hightech selbst in kleine, vermeintlich simple Bauteile stecken.

Sprung ins kalte Wasser

Eine der wichtigsten Waffen von Procter & Gamble im Kampf um die Geschwindigkeit ist additives Fertigen. Als Trumpf 2003 die laserbasierende 3D-Druck-Maschine Truma-Form auf den Markt brachte, war Procter & Gamble einer der wenigen, die die Zeichen der Zeit erkannten. „Wir setzen in der Werkzeugfertigung und -instandhaltung seit 2006 sowohl das pulverbettbasierende Verfahren Laser Metal Fusion als auch das Laserauftragsschweißen ein“, berichtet Klaus Eimann, Leiter der Gruppe für additive Fertigungsverfahren in Marktheidenfeld.

Die Spezialtruppe konzentriert sich darauf, die additiven Fertigungsverfahren immer stärker zu nutzen. Eimann erzählt: „Die neue Technologie war und ist eine spannende Herausforderung. Nicht immer gelingt alles auf Anhieb. Zu Beginn mussten wir bei der Konstruktion komplett umdenken, viel ausprobieren und immer wieder Überzeugungsarbeit im eigenen Haus leisten. Aber wir haben an die Sache geglaubt und schließlich hat sich diese Hartnäckigkeit ausgezahlt. Mit unserem Wissensvorsprung nehmen wir heute auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle in unserer Branche ein.“

Kleine Ursache

Die hohe Expertise in LMF und LMD kam den Marktheidenfelder Werkzeugbauern bei der Fertigungsoptimierung der Oral-B-Zahnbürste zugute. Konkret geht es um einen acht Zentimeter langen Stahlstift, der im Spritzgusswerkzeug verbaut ist. Er formt das Kunststoffprofil, das später die Bürste trägt.

Eimann erklärt: „Wir hatten das Problem, dass der Stahlstift nur relativ langsam abkühlte. Sobald der Kunststoff den Stahl berührte, war eine ausreichende Wärmeabfuhr nicht gegeben. Die Folge: Der eingespritzte Kunststoff verformte sich, was zu Ausschuss führte.“

Dem Werkzeug mehr Zeit zum Abkühlen zu geben, entfiel als Option, denn die kurzen Taktzeiten waren nicht verhandelbar, im Gegenteil — die hohen Stückzahlen erfordern sogar ein noch schnelleres Fertigungstempo. „Unsere Aufgabe war es also, den Stahlstift so umzukonstruieren, dass er schneller kühlt“, sagt Eimann.

„Wir mussten komplett umdenken, viel ausprobieren und immer wieder Überzeugungsarbeit leisten.“ – Klaus Eimann, Leiter der Gruppe für additive Fertigungsverfahren

Clever kombiniert

Im ersten Schritt konzentrierten sich die Werkzeugprofis auf die Vorteile, die LMF bietet: aufwändige, innen liegende Konstruktionen. Sie bauten den Stahlstift im pulverbettbasierenden 3D-Druckverfahren auf und brachten eine hocheffiziente Spiralkühlung in das kleine, nur zwölf Millimeter durchmessende Teil ein. „Mit konventionellen Fertigungsmethoden wäre das nicht möglich gewesen“, erklärt Eimann. Tests zeigten, dass die mit Kühlwasser durchspülten Kanäle die Wärmeleitfähigkeit des Stahlstifts um das Zehnfache erhöhten. „Das war zwar gut, aber für uns noch immer zu wenig.“

Also dachten die Spezialisten über eine weitere Maßnahme nach. Ein wärmeleitfähigeres Material musste her: Kupfer. Berechnungen ergaben, dass die geforderte Abkühlzeit des Stahlstifts erreicht werden könnte, wenn es gelänge, ihn mit einem Kupferaufsatz zu kombinieren. Allerdings ist dieser Werkstoff weder stabil noch widerstandsfähig genug für die Hitze, der das Werkzeug beim Spritzgießen ausgesetzt ist. Ein aktiv gekühlter Bereich in einem Formstift von nur drei Millimetern Durchmesser ist jedoch unmöglich. Dennoch wollten die Spezialisten die Kupferidee noch nicht fallen lassen: Gab es eine Möglichkeit, das schnell kühlende Kupfer zu nutzen und es dabei stabil genug zu bekommen?

Der Durchbruch gelang, als das zweite additive Verfahren — Laserauftragsschweißen — ins Spiel kam. Die Experten steckten den Kupferstift in den 3D-gedruckten Formstift aus Stahl. Für eine stabile und nahtlose Verbindung ummantelten sie anschließend beides per Laserauftragsschweißen mit Werkzeugstahl. Das Ergebnis war eine stoffschlüssige Verbindung, die aussieht wie aus einem Guss.

Der neue Formstift des Werkzeugs verfügt nun über effiziente Kühlkanäle und über eine Kupferseele, die die beim Spritzguss entstehende Wärme schnell und gleichmäßig aus dem Kunststoff ableitet. Die Kollegen der verantwortlichen Produktionsabteilung sind zufrieden. „Mit unserem Know-how und unserer langjährigen Erfahrung im Bereich LMF und LMD sind wir einer ungewöhnlichen, aber effizienten Lösung auf die Spur gekommen: Die Taktzeit ließ sich um sieben Sekunden verringern und der Ausschuss liegt jetzt im Promillebereich.“

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