Daniel Eckertz

Fraunhofer IEM

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Eine Plattform für
additive Fertigung

Schnell ein Ersatzteil nachdrucken oder ein kundenindividuelles Bauteil kostengünstig fertigen: Die Technologie der additiven Fertigung bietet der Industrie viele Möglichkeiten. Damit auch mittelständische Unternehmen ohne eigenes Expertenwissen im 3D-Druck davon profitieren, hat das Forschungsprojekt DigiKAM (Digitales Kollaborationsnetzwerk zur Erschließung von Additive Manufacturing) eine Plattform für die Zusammenarbeit von Technologieexperten und Anwendern aus der Industrie konzipiert. Die Projektergebnisse zeigen auch Lösungen für ein virtuelles, zuliefererunabhängiges Arbeiten auf, das insbesondere in Pandemiezeiten benötigt wird.

Der Fokus der DigiKAM-Plattform liegt auf der Entwicklungsphase von 3D-Bauteilen. Additive Fertigung bietet großes Potenzial in der industriellen Anwendung, setzt jedoch umfassendes Technologiewissen voraus. Speziell kleine und mittlere Unternehmen sind auf die Kooperation mit Experten angewiesen. Die Plattform soll dies ermöglichen und durch den Einsatz innovativer 3D-Technologien eine effiziente kollaborative Bauteil-Entwicklung auch über Distanzen hinweg unterstützen.

Der Anwendungspartner Remmert GmbH könnte seine Lagersysteme durch 3D-gedruckte Elemente kundenspezifisch gestalten, beispielsweise durch individuell angepasste ergonomische Griffe. Über die Plattform könnte er den passenden Entwicklungspartner dazu finden und mit ihm zusammenarbeiten. Für die anschließende Fertigung der additiv gedruckten Bauteile setzt die Plattform auf die Kooperation mit weiteren Projekten und Anbietern.

Kollaboration in der Entwicklung

Die Plattform fördert die Vernetzung und Zusammenarbeit von Technologieanbietern und Experten auf der einen sowie Anwendern von 3D-gedruckten Bauteilen auf der anderen Seite. Dabei greifen verschiedene Bausteine ineinander und ermöglichen eine effiziente digitale Kollaboration der einzelnen Akteure.

  • Referenzprozess für die Produktentwicklung 3D-gedruckter Bauteile: Von der Anforderungserhebung über den Bauteilentwurf hin zur finalen Abnahme durch den Kunden – der Entwicklungsprozess 3D-gedruckter Bauteile besteht aus vielen Prozessschritten. Die Plattform bildet ihn digital ab und führt die Akteure automatisch durch die einzelnen Stufen. Auch ein effizienter Informations- und Dokumentenaustausch wird ermöglicht.
  • Kommunikationstool für digitale und verteilte Zusammenarbeit: Die Plattform nutzt das Tool Unify Circuit, um die digitale Kommunikation zwischen Interessenten beziehungsweise Anwendern 3D-gedruckter Bauteile und Experten oder Anbietern der Technologie in Form von Audio- und Videokonferenzen zu ermöglichen. Alle Daten sind durch hohe Sicherheitsstandards und ein umfangreiches Zugriffsmanagement abgesichert.
  • 3D-Technologien für die digitale Kollaboration: Mittels 3D-Scanning lassen sich reale Objekte erfassen und digitalisieren, um sie im 3D-Druck zu reproduzieren. Auch die Umgebung eines Bauteils kann erfasst und bei der Entwicklung einbezogen werden, zum Beispiel um die maximale Bauraumgröße zu bestimmen. Die Technologie Augmented Reality dient der interaktiven Visualisierung und Validierung von Konstruktionsdaten. Entwicklerteams können das spätere Produkt auch ohne physikalische Prototypen realitätsnah erleben, prüfen und mit den späteren Anwendern abstimmen. Der Einsatz der Technologien ermöglicht eine effiziente Zusammenarbeit auch über Distanzen hinweg, spart Reisezeit und Kosten und beschleunigt so den Entwicklungsprozess.

Kleine und mittlere Unternehmen haben mit der Plattform die Möglichkeit, 3D-Bauteile auch ohne eigenes technologisches Know-how oder umfangreiches Wissen zum Produktentstehungsprozess zu entwickeln. Je nach Bedarf und Anwendungsfall können sie mit Entwicklungspartnern kooperieren und dafür auf die Werkzeuge der Kollaborationsplattform zugreifen. Ein zusätzliches Schulungs- und Beratungsangebot im Bereich Additive Manufacturing ermöglicht kleineren Betrieben darüber hinaus auch den langfristigen Aufbau von eigenem Wissen.

Partner von DigiKAM:
Das DigiKAM-Konsortium besteht aus dem Forschungsinstitut Fraunhofer IEM, dem IT-Dienstleister Atos, dem Entwicklungs- und Fertigungspartner Krause Dimatec sowie den Anwendern Miele und Remmert. Es bildet die gesamte Innovationskette für die Entwicklung additiv gefertigter Bauteile ab. Gefördert wurde das Projekt DigiKAM von 2017 bis 2020 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit zwei Millionen Euro im Programm PAiCE (Platforms | Additive Manufacturing | Imaging | Communication | Engineering – Digitale Technologien für die Wirtschaft).
www.digikam.info

Hilfe in Corona-Zeiten

Bereits im November 2019 führte das Projektkonsortium während der Fachmesse Formnext Tests und Evaluierungen durch. Besonders das Feedback potenzieller Plattformnutzer konnte auf diese Weise in der finalen Ausarbeitung berücksichtigt werden. Derzeit machen die Industriepartner Miele und Remmert den Praxistest anhand konkreter Anwendungsfälle: Miele testet die Entwicklung von 3D-gedruckten Ersatzteilen für Hausgeräte und Remmert konzipiert passgenaue und kundenindividuelle additiv gefertigte Gitternetzstrukturen für Greifer und Handlingsysteme im Bereich Logistik.

Nicht nur in Zeiten der Corona-Pandemie zeigen sich die Stärken sowohl der Technologie als auch der Plattform: Persönliche Treffen sind nicht zwingend notwendig. So können Betriebe auch in Zukunft Reisekosten und Aufwand sparen sowie ihre Entwicklung effizienter gestalten. Die Flexibilität der Fertigungstechnologie bietet zudem eine schnelle Lösung für zusammenbrechende Lieferketten. Da Konstruktionsdaten für konventionelle Fertigungsverfahren nicht eindeutig auf die additive Fertigung übertragbar sind, bietet die Plattform eine Umgebung für passgenaue Entwicklung.

Titelbild: Fraunhofer IEM

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Daniel Eckertz

Gruppenleiter Augmented und Virtual Reality
Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik (IEM)
Paderborn
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