Raffi Beglarian

HP 3D Printing

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3D-Druck dient der Nachhaltigkeit

Getestet von ausgewählten Kunden ist der additive Metalldruck von HP jetzt verfügbar. Viele hoffen bei der Maschine Metal Jet S100 auf die gleichen Ergebnisse, wie sie die Multi-Jet-Fusion-Technologie für die Kunststofffertigung ermöglicht. Laut einem von Allied Market Research veröffentlichten Bericht beträgt der Markt für industriell genutzte additive Fertigung derzeit mehr als 50 Milliarden US-Dollar. Bis 2031 wächst der Markt nach dieser Einschätzung auf 105 Milliarden Dollar, was einer jährlichen Wachstumsrate von 21,9 Prozent entspricht. Die Einführung der schlüsselfertigen Lösung von HP wird zu diesem Wachstum beitragen und es den Anwendern ermöglichen, Teile schneller und wiederholbar zu produzieren. Raffi Beglarian, 3D Printing Market Manager für den Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika bei HP, gibt dem IndustryArena eMagazine exklusive Eindrücke in Trends und die neue Technologie von HP.

Die betriebswirtschaftliche und die technische Steuerung der Unternehmen laufen wie in zwei getrennten Welten. Wie sehen Sie den aktuellen Stand der Durchgängigkeit zwischen beiden Silos?

Diesner: Grundsätzlich gilt, ERP ist am Markt etabliert. Wer bisher kein ERP hat, braucht auch in Zukunft kein ERP, vermutlich weil das Unternehmen zu klein ist. Beim MES sehe ich das etwas anders. Wir stoßen immer noch auf Unternehmen, die behaupten, ein MES nicht zu benötigen, weil sie mit Excel arbeiten. Die Buchstaben MES für My Excel Sheet höre ich häufig. Excel, Wandstecktafel, eigens entwickelte Datenbankanwendungen – es gibt da sehr kreative Ansätze. Der Markt ist noch lange nicht gesättigt, es gibt für uns MES-Anbieter noch genug Potenzial.

Wo steht die größte Hürde?

Diesner: Leider verweigern sich noch viele Unternehmen der konsequenten Digitalisierung und sagen, wir nutzen gar nichts außer Papier oder Excel. Die Verbindung zwischen MES und ERP, die ein Stück weit aus der klassischen Automatisierungspyramide stammt, halte ich für enorm wichtig. Allerdings sehe ich die Automatisierungspyramide nicht mehr als Hierarchie, wie sie früher gesehen wurde, sondern mehr als Sichtweise. Wir nutzen immer häufiger eine Darstellung von Schnittmengen. Das MES ist ein Kreis, der eine Schnittmenge mit dem ERP besitzt – genau da, wo die Aufträge und die Qualitätsdaten übergeben werden oder das Personal eingesetzt wird. Es gibt auch eine Überschneidung vom MES zum IIoT über den Shopfloor mit den technischen Daten.

Die HP Metal Jet S100 Lösung öffnet die Türen für eine digitale Neuerung des Metallherstellungssektors. Die modulare Lösung bietet Produktionskapazitäten, integrierte Arbeitsabläufe, Abonnement- und Serviceangebote, die es den Anwendern insgesamt ermöglichen, eine kontinuierliche Produktion in großem Maßstab für die Massenproduktion durchzuführen. Foto: HP

Die Steigerung der Produktivität ist eine Hauptforderung an den Metalldruck. Massenfertigung individualisierter Produkte – welches Ziel hat HP erreicht?

Beglarian: HP hat die Metall-Technologie vor zwei Jahren vorgestellt und deren Zuverlässigkeit in einer Reihe von konkreten Kundenprojekten unter Beweis gestellt – auch in relevanten Stückzahlen. Wir haben nun ein marktreifes Herstellungsverfahren für Metallteile vorgestellt, das beim finanziellen Break-Even auch die Produktion von größeren Stückzahlen ermöglicht. Umso mehr, wenn man die Vorteile der additiven Fertigung nutzt – beispielsweise um in der Simulation optimierte Bauteile mit ungewöhnlichen Geometrien oder komplette Baugruppen herzustellen. Der Vorteil von HP ist, dass wir Lösungen für die additive Fertigung von Metall- ebenso wie von Bauteilen aus Kunststoff aus einer Hand bieten. Der Kunde entscheidet, das beste Material für die jeweilige Anwendung.

Automatisierung gilt als Voraussetzung für den industriellen Erfolg. Ist die Prozesskette jetzt vollständig?

Beglarian: Gemeinsam mit Siemens haben wir in den letzten Jahren im Kunststoffbereich die Rahmenbedingungen für eine automatisierte Produktion bereits geschaffen und vielfach unter Beweis gestellt. Das lässt sich auf den Metallbereich übertragen. Durch eine Trennung der Produktionsschritte wie Druck und Kühlung beispielsweise sind zudem eine unterbrechungsfreie Produktion und ein optimierter Einsatz der Drucker einfach möglich.

Welche Schritte ermöglicht die neue Technologie von HP?

Beglarian: Eine abnehmbare Baueinheit, die das Pulverbett und die Pulvervorräte enthält, wird zur Herstellung des Bauteils in den HP Metal Jet Drucker gerollt. Das Pulverbett kann während des Druckvorgangs erhitzt werden, um flüchtige Bestandteile des HP Metal Jet Bindemittels zu verdampfen.

Pulver verteilen
Der Prozess beginnt damit, dass ein Recoater eine gleichmäßige, dünne Schicht Metallpulver auf den Arbeitsbereich aufträgt. Der Recoater wird aus mit Metallpulver gefüllten Behältern aufgefüllt, die sich an beiden Enden des Scans befinden. Dies ermöglicht eine bidirektionale Wiederbeschichtung für erhöhte Produktivität.

Druckmittel
Druckköpfe spritzen Metal-Jet-Bindemittel an bestimmten Stellen präzise auf das Pulverbett, um die Geometrie einzelner oder mehrerer Teile zu definieren. An einem Ende des Scans befindet sich die Druckkopf-Servicestation, die die Druckköpfe für einen zuverlässigen Betrieb testet, reinigt und wartet.

Verdampfung
Die flüssigen Komponenten des Bindemittels verdampfen. Das Pulverbett wird zurückgezogen und anschließend die nächste Schicht gedruckt. Das Pulverbett wird immer um die Dicke der gedruckten Schicht zurückgezogen. Der Vorgang wiederholt sich, bis der Aufbau des Bauteils abgeschlossen ist.

Aushärten des Bettes
Das Pulverbett mit den gedruckten Teilen wird erhitzt, um die Verdunstung der flüssigen Bestandteile des Bindemittels abzuschließen und die Polymere auszuhärten. So ist eine hohe Festigkeit des Teils gewährleistet.

Entpulvern
Ist das Pulverbett abgekühlt, lassen sich die Teile entnehmen. Beim Entpulvern wird das lose Pulver um die Teile herum und von den Oberflächen der Teile abgelöst. Sobald das lose Pulver von den Teilen entfernt ist, kann das verbleibende Pulver verarbeitet und wiederverwendet werden. Das Ergebnis ist ein wirtschaftliches Verbrauchsmaterialmanagement.

Sintern
Anschließend gehen die Teile in einen Ofen. Bei Sintertemperaturen werden die Metallteilchen durch atomare Diffusion an der Oberfläche in einer Matrix gebunden, die eine Feststoffdichte von über 96 Prozent erreichen kann. Das Polymer im Bindemittel zersetzt sich.

Finale Bearbeitung
Das Bauteil lässt sich nachbearbeiten, um die Anforderungen hinsichtlich Abmessungen und Oberflächengüte zu erfüllen.

Welche Beispiele für innovative Metall-Anwendungen gibt es bereits?

Beglarian: In vielen Branchen gibt es bereits ein großes Interesse am Metall-3D-Druck. Dazu gehört die Automobilindustrie. So integriert beispielsweise Volkswagen den HP Metal Jet in seine langfristigen Design- und Produktionspläne. In der Anwendung neuer Technologien entstehen allerdings auch völlig neue – unerwartete Anwendungsbeispiele. So setzt einer der größten Kunden für den 3D-Druck von HP, SmileDirectClub aus den USA, die Technologie im Rahmen der Herstellung von Zahnschienen zur Gebisskorrektur ein. Neben Kunden aus der Medizintechnik gibt es eine Vielzahl von Anwendungen aus Branchen wie der Sportindustrie, der Architektur oder dem Möbeldesign.

Wie weit ist die Qualitätssicherung gekommen?

Beglarian: Während der 3D Druck im Kunststoffumfeld ja bereits sehr etabliert ist, haben wir in den letzten beiden Jahren den Metalldruck an konkreten Kundenprojekten perfektioniert. Mit der Zertifizierung unserer Bauteile für die Automobilindustrie zeigt sich, dass die Teile selbst höchsten – sicherheitskritischen – Qualitätskriterien entsprechen. Zudem ist einer der wesentlichen Vorteile der HP-Technologie, bei additiven Verfahren die Isotropie der Bauteile – insbesondere in die Z-Richtung. Ein großer Unterschied zu anderen Verfahren am Markt.

Kontakt

Raffi Beglarian

3D Printing Market Manager für den Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika
HP 3D Printing
HP Deutschland GmbH


Heiko Witzke

Kommunikationsmanager und Unternehmenssprecher
HP Deutschland GmbH
Böblingen
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Die Fragen stellte Georg Dlugosch, Chefredakteur des IndustryArena eMagazines.