Jonas Matthies

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Forschung

Der Leistungshunger der Maschinen

Die Entwicklung von Werkzeugmaschinen und Fertigungsverfahren zielt im Wesentlichen auf die Erhöhung der Fertigungsgenauigkeit, der Produktivität und damit der Gesamtkosten pro Teil ab. Daher konzentrieren sich die Forschungsarbeiten auf primäre Einflussfaktoren wie die Schneidwerkzeuge sowie die Prozess- oder Maschinendynamik. In den vergangenen Jahren hat jedoch die Erforschung der sekundären Einflussfaktoren auf die Kosteneffizienz einer Werkzeugmaschine ein wachsendes Interesse erfahren. Dabei haben die kontinuierlich steigenden Energiekosten mittlerweile ihren Anteil an den Gesamtproduktionskosten teilweise auf 40 Prozent erhöht.

Nicht nur wirtschaftliche Aspekte, sondern mitunter auch Vorschriften über CO2-Emissionen und das Unternehmensimage stehen zunehmend im Fokus der Hersteller und Anwender. Bislang lassen sich Energieeinsparungen durch sorgfältige Auswahl effizienter Teilsysteme erzielen. Beispiele dafür sind verlustarme Lager oder Motoren. Um einen Einblick in die Energieverteilung von Werkzeugmaschinen zu bekommen, wurde am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Universität Hannover der Leistungsbedarf eines Bearbeitungszentrums des Herstellers Deckel Maho Pfronten GmbH untersucht.

Der untersuchte industrielle Serienprozess dauert rund fünf Stunden, wobei sowohl Bohr- als auch Fräsoperationen durchgeführt werden. Während der Bearbeitung wurde die elektrische Leistungsaufnahme der einzelnen Maschinenkomponenten erfasst. Die durchschnittliche Gesamtleistung beträgt 9,1 Kilowatt.

Bohr- und Fräsoperationen wurden untersucht, um die elektrische Leistungsaufnahme der einzelnen Maschinenkomponenten zu erfassen. Foto: IFW Hannover

In diesem Fall ist die Motorspindel, die essenziell für den eigentlichen Prozess ist, einer der Hauptverbraucher. Im Vergleich dazu verbrauchen die Antriebe der Vorschubachsen einen vergleichsweise geringen Anteil an Energie.

Ein großer Teil der Energie wird für die Kühlung verschiedener Komponenten wie Hauptspindeln, Vorschubachsen, Schaltschränke und Kühlschmierstoff aufgewendet. Insbesondere das Kühlschmierstoffaggregat macht 24 Prozent aus, wobei der größte Teil auf die Hochdruckpumpe der inneren Kühlmittelzufuhr entfällt. Die Leistungsaufnahme des Hydraulikaggregats ist dagegen mit einem Prozent gering.

Diese Messungen zeigen einen Effekt, der prinzipiell für fast alle Werkzeugmaschinen gilt. Die Nebenaggregate, die vor allem für die Kühlschmierung des Bearbeitungsprozesses zuständig sind, beziehen einen großen Teil der Gesamtenergie. Die direkt wertschöpfenden Komponenten sind die Hauptspindel- und Vorschubantriebe. Sie verbrauchen in beiden Messungen nur etwa ein Drittel der Gesamtenergie.

Drehzahlgeregelt und adaptiv

Die meisten Flüssigkeitspumpen sind gegen Aufpreis mit Frequenzumrichtern ausgestattet, damit sie mit variabler Drehzahl arbeiten können. Da diese somit gezielt an die Prozesse und den jeweiligen Bedarf der einzelnen Werkzeuge im Prozess angepasst werden können, bietet die adaptive Kühlschmierstoffversorgung das Potenzial für erhebliche Energieeinsparungen.

Der Grund liegt in der Menge an Kühlschmierstoff, der durch das Werkzeug geleitet werden kann. Oftmals werden nicht frequenzgeregelte Pumpen verwendet und der bei kleineren Werkzeugen entstehende überschüssige Durchfluss zum Druckbegrenzungsventil umgeleitet. Hieraus resultiert ein geringer Wirkungsgrad der Hochleistungspumpe. Zudem führt die hohe Komprimierung der Flüssigkeit zu einer Erwärmung der Pumpe und des Kühlschmierstoffs, der für eine präzise Bearbeitung wiederum heruntergekühlt werden muss.

Derzeit bestehen Bestrebungen als Regelgröße nicht mehr den Druck, sondern den Durchfluss zu definieren, da dies die relevante physikalische Einheit ist, um die drei Hauptaufgaben Kühlen, Schmieren und Abführen von Spänen zu erfüllen. Diese Änderung bietet somit großes Potenzial, den umwelttechnischen und energetischen Belangen der modernen Industrie gerecht zu werden. Besonders ist hierbei, dass der Volumenstrom für verschiedene Werkstück-Werkstoff-Kombinationen sowie dem zerspanten Volumen angepasst werden kann. In ersten Effizienzanalysen zeigt sich das bedeutende Einsparpotential von 41 Prozent der Gesamtenergie mit adaptiver Kühlschmerstoffversorgung im Referenzprozess.

Derzeit versucht das IFW, bei Maschinen- und Werkzeugherstellern ein breiteres Bewusstsein für das große Potenzial einer prozessangepassten Kühlschmierung zu schaffen. Die Vision der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es, die Verfügbarkeit von Werkzeugmaschinen mit adaptiver Volumenstromregelung sowie das Portfolio der Werkzeughersteller mit Volumenstromrichtwerten für bestimmte Anwendungen zu erweitern. Damit hätten auch kleinere Betriebe die Möglichkeit, sehr viel Energie zu sparen.

Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP) hat während ihrer Frühjahrstagung im Mai mit Blick auf die Energiekrise entschieden, ihr in 40 Forschungsinstituten über viele Jahre gesammeltes Know-how in Sachen Energieeffizienz den deutschen Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Damit wollen sie der hiesigen Industrie zum Teil enorme und auch kurzfristig umsetzbare Einsparmöglichkeiten aufzeigen.

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Jonas Matthies

Wissenschaftlicher Mitarbeiter
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