Einen hab ich noch :
09.12.1999
Alterung von Polycarbonatscheiben
Grundsätzlich ist jeder Betreiber dafür verantwortlich, dass die eingesetzten Arbeitsmittel für die Beschäftigten nicht gefährlich sind.
Dies muss für die gesamte Lebensdauer des Arbeitsmittels gelten, so dass Alterungsaspekte zu berücksichtigen sind. In Forschungsvorhaben u. a. beim Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitssicherheit (BIA) wurde und wird auch die Problematik der Alterung von Polycarbonatscheiben, die als Sichtscheiben in Werkzeugmaschinen eingesetzt werden, untersucht.
Die in den Forschungsberichten angesprochenen Gefahren infolge möglicherweise nachlassender Rückhaltefähigkeit von Polycarbonatscheiben werden in der Fachwelt diskutiert, von einer gefestigten Überzeugung der Fachleute bzw. von einem ”Stand der Technik” im Hinblick auf Maßnahmen kann noch nicht gesprochen werden. Solange noch keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen, die ein flächendeckendes, standardisiertes Handeln nahelegen, besteht für den Betreiber zunächst Anlass, sich im Einzelfall von dem Gefahrenpotential bei seinen Maschinen zu überzeugen.
Wenn nämlich ein Betreiber ernst zu nehmende Hinweise auf eine Gefährdung hat, handelt er fahrlässig, wenn er sich diesen Erkenntnissen ohne jede Prüfung verschließt und darauf vertraut, es werde schon nichts passieren (sog. bewusste Fahrlässigkeit). Gesetzt den Fall, dass eine gealterte Polycarbonatscheibe ein herausgeschleudertes Teil nicht aufhält und dadurch jemand zu Schaden kommt, trifft den Betreiber dann sowohl zivilrechtlich (Schadenersatz / Regress) als auch strafrechtlich der Vorwurf fahrlässigen Handelns.Hinsichtlich der zivilrechtlichen Seite ist es denkbar, dass sich der Betreiber wegen der Haftung für den Schaden mit Erfolg an den Hersteller wenden kann, sei es auf Grund vertraglicher Vereinbarungen, sei es auf Grund der gesetzlichen Produkthaftpflicht. Diese Möglichkeiten der Weiterreichung des Schadens sind aber für die Berufsgenossenschaften nachrangig, weil sie deren Präventionsauftrag nicht berühren. Zu den Rechtsfragen der Produkthaftung wird sich der Fachausschuß daher nicht äußern.
Die derzeitigen Erkenntnisse über die Alterung von Polycarbonatscheiben unter Einwirkung von Kühlschmierstoffen erzwingen nicht in jedem Fall einen vorsorglichen Austausch der Scheiben. Vielmehr ist der Arbeitgeber / Betreiber nach § 3 S. 1 der Arbeitsmittelbenutzungsverordnung (AMBV) gehalten, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit nur Arbeitsmittel bereitgestellt werden, die Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten gewährleisten (ähnlich die Formulierung in § 3 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz). Erforderlich sind Vorkehrungen bei den Sichtscheiben aber nur, wenn im konkreten Einzelfall die Möglichkeit besteht, dass die Scheibe von wegfliegenden Teilen durchschlagen wird. Erforderlich im juristischen Sinne sind bei der Abwehr von Gefahren immer nur Maßnahmen, die einerseits geeignet sind, die Gefahr zu beseitigen, andererseits den Betroffenen – d. h. hier den Betreiber – so wenig wie möglich belasten. Bestimmte Austauschintervalle, wie sie im Merkblatt des
VDW genannt werden, sind aus diesen Gründen rechtlich nicht geboten. Zwar kann sich jeder Betreiber durch Einhaltung der dort empfohlenen Intervalle mit einer hohen Sicherheit vor Fahrlässigkeitsvorwürfen schützen. Aber dies ersetzt nicht die kontinuierliche, einzelfallbezogene Gefahrenanalyse im Betrieb. Die schematisierten Austauschfristen nach dem VDW-Merkblatt können im Einzelfall sogar zu lang sein, etwa wenn eine Sichtscheibe besonders stark beansprucht wird.
Was den Bestand an Altmaschinen betrifft, so mussten diese nach § 4 Abs. 2 bzw. Abs. 3 AMBV bis spätstens 30. 6. 1998 an die Anforderungen des Anhangs der AMBV angepasst werden und müssen nach § 4 Abs. 4 AMBV während der Benutzungsdauer auf diesem Niveau gehalten werden. Schutzvorrichtungen gegen herausschleudernde Gegenstände sind im Anhang unter 2.5 erwähnt. Eine versprö
dete Polycarbonatscheibe ist nicht mehr funktionstüchtig, also keine Schutzvorrichtung i.S. von 2.5 mehr, so dass in solchen Fällen die Maschine den Anforderungen der AMBV nicht mehr genügt. Daher ergibt sich hinsichtlich der Beobachtung der Polycarbonatscheiben keine Privilegierung für Altmaschinen.
Quelle: Homepage der Süddeutschen Metallberufsgenossenschaft
http.//www.smbg.polycarbpolycarbonat.html
Ist aber ja schon alt, nee.
DTE