Markus Diesner

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Auf dem Weg zum neuen MES

Mit der Manufacturing Integration Platform (MIP) hat MPDV einen wichtigen Schritt für die Fertigungs-IT geliefert. Befindet sich die Industrie bereits auf dem Weg zu MES 5.0? Markus Diesner, Senior Marketing Specialist Products bei der MPDV Mikrolab GmbH, bevorzugt den Begriff „Beyond MES“, um zu verdeutlichen, dass die Durchgängigkeit zwischen den beiden Teilen der Unternehmenssteuerung MES (Manufacturing Execution System) und ERP (Enterprise Resource Planning) verbessert werden muss. Dazu muss sich seiner Ansicht nach die Sichtweise auf die Produktion ändern. Statt der Automatisierungspyramide spricht Diesner von Schnittmengen. Den Ansatz dazu bildet die offene MIP-Integrationsplattform, mit deren Hilfe bereits jetzt Anwendungen verschiedener Anbieter kombiniert werden können.

Die betriebswirtschaftliche und die technische Steuerung der Unternehmen laufen wie in zwei getrennten Welten. Wie sehen Sie den aktuellen Stand der Durchgängigkeit zwischen beiden Silos?

Diesner: Grundsätzlich gilt, ERP ist am Markt etabliert. Wer bisher kein ERP hat, braucht auch in Zukunft kein ERP, vermutlich weil das Unternehmen zu klein ist. Beim MES sehe ich das etwas anders. Wir stoßen immer noch auf Unternehmen, die behaupten, ein MES nicht zu benötigen, weil sie mit Excel arbeiten. Die Buchstaben MES für My Excel Sheet höre ich häufig. Excel, Wandstecktafel, eigens entwickelte Datenbankanwendungen – es gibt da sehr kreative Ansätze. Der Markt ist noch lange nicht gesättigt, es gibt für uns MES-Anbieter noch genug Potenzial.

Wo steht die größte Hürde?

Diesner: Leider verweigern sich noch viele Unternehmen der konsequenten Digitalisierung und sagen, wir nutzen gar nichts außer Papier oder Excel. Die Verbindung zwischen MES und ERP, die ein Stück weit aus der klassischen Automatisierungspyramide stammt, halte ich für enorm wichtig. Allerdings sehe ich die Automatisierungspyramide nicht mehr als Hierarchie, wie sie früher gesehen wurde, sondern mehr als Sichtweise. Wir nutzen immer häufiger eine Darstellung von Schnittmengen. Das MES ist ein Kreis, der eine Schnittmenge mit dem ERP besitzt – genau da, wo die Aufträge und die Qualitätsdaten übergeben werden oder das Personal eingesetzt wird. Es gibt auch eine Überschneidung vom MES zum IIoT über den Shopfloor mit den technischen Daten.

Von der Pyramide zum Kreis: Was ist die Lösung der Aufgabe?

Diesner: Deswegen nutze ich lieber drei andere Begriffe. Das ERP kümmert sich um die betriebswirtschaftliche Sichtweise. Das IIoT umfasst die technische Sichtweise wie Druck und Geschwindigkeiten. Das MES bildet dann die organisatorische Sichtweise als Schnittstelle für diese beiden ab. Damit haben wir drei verschiedene Sichtweisen auf die Produktion. Die können sich ergänzen. Dadurch haben wir keinen Wettbewerb mehr zwischen ERP und IIoT, sondern nur unterschiedliche Sichtweisen, die sich gegenseitig helfen. Was ich im MES als Auftrag habe, wird im IIoT durch technische Daten untermauert. Wenn ich im IIoT rein mit technischen Daten arbeite, um beispielsweise Predictive Maintenance zu betreiben, kann es auch helfen, organisatorische Daten zu nutzen. Bei der Einordnung helfen Fragen wie welcher Auftrag ist gelaufen, für welchen Kunden habe ich produziert.

Das MES ist inzwischen erwachsen geworden. Es hat sich zwar erst nach dem ERP entwickelt, aber inzwischen verselbstständigt. Welche Lücke hat es gefüllt?

Diesner: Ja, auch wenn der ERP-Begriff schon etwas älter ist, ist das MES mittlerweile etabliert. Das war auch notwendig, weil das ERP nicht feingranular schaut, sondern Tage oder maximal eine Arbeitsschicht betrachtet. Jedoch gibt es deutlich kleinere Zeiteinheiten bis hin zur Millisekunde. Wenn ich mit diesen Daten in ein ERP-System reinginge, dann würde ich es sprengen. Allein schon dieser zeitliche Horizont schreit nach einem Zwischending.

Gehört dazu auch die Planung mit unbegrenzten Kapazitäten?

Diesner: Das ist der nächste Punkt. Das MES hat eine realistische Sicht auf die Dinge, nicht so eine idealistische, wie es viele ERP-Systeme haben. Diese Krücke könnte man dem ERP-System am ehesten nehmen, indem man mehr Echtzeitdaten aus dem Shopfloor verwendet. Aber mit vollumfänglichen Informationen wären viele ERP-Systeme überfordert.

Das Product Life Cycle Management war ursprünglich als übergreifendes System gedacht worden. Wo steht eigentlich das PLM?

Diesner: Ich stamme aus der Welt von PLM, weil ich früher mit Grafik-Workstations und CAD zu tun hatte. PLM hat sich sehr stark in die Produktentwicklung und Konstruktion hinein ausgebildet. Allerdings nur so lange, bis es an die Fertigung herangeht. Also maximal CAD/CAM gehören noch zu PLM. Die Entwicklung der NC-Programme befindet sich auf der Grenze, und die Verwendung von NC-Programmen liegt dann klar im MES. Den Rückweg der Daten, die beim Fräsen oder Drehen entstehen, zurück ins PLM ist allerdings noch offen.

Wäre das eine Aufgabe, die MES 5.0 leisten könnte?

Diesner: Von unserer Seite aus, ja. Wir können diese Daten aufnehmen und übergeben. Die Frage ist, wer nimmt sie ab und kann damit arbeiten? Und in welcher Form möchte er sie haben? Die Daten sind da, wir generieren und erfassen sie. Im Übrigen geht der Leistungsumfang unserer MES-Lösung deutlich über das hinaus, was ursprünglich in der VDI-Richtlinie 5600 definiert wurde. Einige meiner Kollegen nutzen daher den Begriff „Beyond MES“.

Das „Beyond“ signalisiert ja, dass man noch keinen neuen Begriff gefunden hat, sondern nur die Grenze sieht.

Diesner: Der Begriff MES hat sich endlich etabliert – immer mehr Menschen wissen, was damit gemeint ist und haben eine mehr oder weniger konkrete Vorstellung. Wir möchten hier gar keine neue Begrifflichkeit einführen, sondern lediglich darauf hinweisen, dass das bisherige Verständnis von MES aus unserer Sicht noch Potenzial hat. Wir haben bereits Entwicklungen und Lösungen im Haus, die über das klassische Verständnis des Begriffs hinaus gehen.

Die Daten sind vorhanden, aber sie werden immer noch vorwiegend isoliert in den Säulen genutzt. Wann gibt es endlich die durchgängige Datenverfügbarkeit?

Diesner: Das wird dann stattfinden, wenn wir das Denken in Silos komplett ablegen. Das wird also leider noch ein bisschen dauern. Die Beharrungskraft ist groß. Wir versuchen, das Umdenken auf der Produktseite dahingehend zu unterstützen, dass wir die aktuelle Version der Software HYDRA auf einer Plattform verankert haben. HYDRA hat keine eigene Datenbank mehr, sondern basiert auf der Manufacturing Integration Plattform. Auf dieser übergreifenden Plattform halte ich gewissermaßen den digitalen Zwilling der Fertigung vor. Darauf können unterschiedliche Anwendungen aufsetzen wie das Planungssystem FEDRA und viele weitere Einzelapplikationen. Einer unserer Partner führt beispielsweise Analysen durch, indem er aus bestehenden Daten auf die Ursache von Fehlern schließt. Das geht weit über MES hinaus, aber es setzt auf der gleichen Datenbasis auf. Das ist das erste Merkmal, wo das Silo aufgebrochen ist.

Wo bleibt dann das MES?

Diesner: Es ist nicht mehr ein Anbieter für MES, oder die Daten gehören dieser Anwendung. Nein. Es ist die Plattform – in unserem Fall die Manufacturing Integration Platform MIP, und jeder, der sich dieses gemeinsame Datenmodell aneignet, hat Zugriff auf die Daten.

Wie arbeitet dann beispielsweise das ERP damit?

Diesner: Die Schnittstelle, die wir früher vom MES zu ERP hatten, die haben wir jetzt von der MIP zum ERP. Ebenso in Richtung PLM oder zum Shopfloor. Das bedeutet, HYDRA erfasst nicht mehr die Daten, sondern nutzt die Daten der Plattform.

MPDV sieht die eigene Lösung als offene Plattform an?

Diesner: Definitiv. Wir haben mittlerweile mehr als 50 Partner, die eigene Anwendungen hinzufügen, teilweise sogar Wettbewerber.

Werfen wir einen Blick auf Deutschland. Wo steht die Industrie mit Blick auf Digitalisierung und Fertigungs-IT?

Diesner: Ich schätze, von den großen Leuchtturmprojekten gibt es etwa zwei bis drei Dutzend. Im Kleinen gibt es viele Use Cases, aber das Denken im großen Maßstab über die ganze Fabrik hinweg sehe ich noch viel zu selten. Hier wünsche ich mir noch mehr Mut – insbesondere aus dem Mittelstand. Wir als MPDV unterstützen dabei sehr gerne und haben Lösungen, die sich einfach in jeder Unternehmensgröße realisieren lassen.

Kontakt

Markus Diesner

Senior Marketing Specialist Products
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Mosbach


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Die Fragen stellte Georg Dlugosch, Chefredakteur des IndustryArena eMagazines.

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