Stephan Barg

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Drahterodieren für die Luftfahrt

Mit großer Fertigungstiefe hat sich SACS Aerospace in Empfingen innerhalb von zwei Jahrzehnten zu einem international renommierten Zulieferbetrieb für die Luftfahrt entwickelt. Neben der Reputation der vier Gründungsmitglieder in der Branche hat exzellente Fertigungstechnik zu diesem Erfolg beigetragen. Die Techniker in Empfingen schätzen die Flexibilität, die Präzision und die Zuverlässigkeit der Drahterodiermaschine MV1200S NewGen von Mitsubishi Electric, mit der sie seit einem halben Jahr Bauteile für den Werkzeugbau und die Produktion fertigen.

Eine tiefgreifende Begeisterung für die Luftfahrt strahlt Rolf Kuhm aus. Er ist Vice President Engineering. Zusammen mit Oliver Dratius, Achim Mayenberger und Steffen Grunert hat er die SACS Aerospace GmbH gegründet. Seine Kollegen und er haben bereits vor der Unternehmensgründung für die Luftfahrt gearbeitet. Allerdings konnten sie in ihren ehemaligen Positionen ihre zukunftsgerichteten Ideen und Pläne nicht verwirklichen.

Sie schwärmten seinerzeit für optimierte Fertigungstechnologien, für durchdachtes Bauteildesign und eine flexible Produktion. Seit sie ihr eigenes Unternehmen betreiben, können sie diese Vorstellungen verwirklichen. Der Erfolg gibt ihnen Recht. Im Jahr 2015 bezogen sie ein repräsentatives Verwaltungs- und Produktionsgebäude in Empfingen, Kreis Freudenstadt. Aktuell beschäftigt das Unternehmen 170 Mitarbeitende.

Große Fertigungstiefe

Als einen wesentlichen Faktor für die erfolgreiche Geschäftsentwicklung sieht Kuhm die große Fertigungstiefe des Unternehmens: „Wir nutzen sämtliche spanenden und umformenden Fertigungs- und Bearbeitungsverfahren für Metalle. Das betrifft Drehen, Fräsen, Schleifen, Tiefziehen und Stanzen. Unsere Fachkräfte verfügen über umfangreiches luftfahrtspezifisches Fachwissen in der Baugruppenmontage. So können wir von der Konstruktion bis zum Bereitstellen der einbaufertigen Bauteile und Komponenten alles aus einer Hand bieten. Da wir für die Luftfahrt zertifiziert und unsere Prozesse validiert sind, übernehmen wir flexibel Aufträge von Luftfahrtbetrieben in aller Welt.“

Zu den Kunden der SACS Aerospace zählen beispielsweise Flugzeughersteller, wie Boeing, Airbus, Bombardier, Embraer und Dassault, ebenso wie die Luftfahrtgesellschaften Lufthansa, SAS Scandinavian Airlines oder Swiss. Für diese produziert SACS Aeorospace zum einen Bauteile für Verkehrs-, Cargo- und Geschäftsreiseflugzeuge. Zum anderen fertigen die Empfinger Ersatzteile für die Instandsetzung einer Vielzahl unterschiedlicher Flugzeugtypen.

Entsprechend umfangreich ist das Produktspektrum, das die Luftfahrtspezialisten produzieren. Es reicht von kleinen Scharnieren und einfach lösbaren Verschlüssen für Inspektionsklappen – so genannten Vierteldrehern –über Bauteile für Turbinenantriebe, beispielsweise Ventile und Schraubverbindungen für Treibstoffpumpen, bis zu kompletten Einbauten für das Flugzeuginterieur wie klappbare Tische und Halterungen mit integrierten Stromversorgungen für Laptop-Computer.

Wegen der hohen Zuverlässigkeit bei unbeaufsichtigtem Betrieb kann man die MV1200S NewGen auch in der Produktion für kleine Losgrößen effizient nutzen. – Rolf Kuhm, Vice President Engineering, SACS Aerospace

Drahterodieren für Werkzeugbau

Für die Fertigung zahlreicher Bauteile und Komponenten für Baugruppen per Umformung konstruieren und fertigen die Luftfahrtspezialisten in Empfingen auch Stanz- und Umformwerkzeuge selbst. „Wir wollen immer wieder innovative Bauteile verwirklichen. Dafür benötigen wir spezielle Blechteile, die sich allein mit besonders ausgefuchsten Werkzeugen, meist Folgeverbundwerkzeugen, fertigen lassen. Deshalb verfügen wir über einen eigenen Werkzeug- und Formenbau. Nur unsere Spezialisten im Haus können ausreichend kurzfristig und flexibel die für unsere innovativen Blechteile erforderlichen Werkzeuge erstellen“, erläutert Kuhm.

Im Werkzeug- und Formenbau ist Drahterodieren unverzichtbar. Deshalb arbeiten die Werkzeugbauer seit der Unternehmensgründung mit dieser Fertigungstechnologie. Allerdings erwies sich die anfangs genutzte Maschine als nicht mehr zeitgemäß. Im Jahr 2022 investierten sie deshalb in die Drahterodiermaschine MV1200S NewGen von Mitsubishi Electric.

„Nach nur wenigen Monaten hat sich diese Drahterodiermaschine als deutlich besser und effizienter erwiesen“, berichtet Kuhm. Die Maschine arbeitet bis zu dreimal schneller als die ehemalige Maschine. Zu schneidende Werkstücke programmieren die Spezialisten bei SACS auf einem gängigen CAD/CAM-System. Letzteres ist in der Werkstatt nahe der Drahterodiermaschine an einem PC-Arbeitsplatz installiert.

Wie die beiden Fachkräfte für Drahterodieren Holger Pfrinder und Matthias Beckmann erläutern, lässt sich die MV1200S NewGen besonders einfach über das Touchscreen parametrieren und bedienen. „Das mit der Installation und der Inbetriebnahme der Maschine verbundene Training in Ratingen war sehr ausführlich und effektiv. Nach nur drei Tagen waren wir mit den Funktionen und der spezifischen Arbeitsweise der Maschine, dem Einstellen von Parametern und dem Einrichten soweit vertraut, dass wir in unserem Betrieb problemlos produktiv fertigen konnten“, berichten die beiden.

Somit können die Werkzeugbauer nunmehr Matrizen und Stempel aus den Werkzeugstählen 1.2379 und 1.2210 für Stanz- und Umformwerkzeuge fertigen. Natürlich können auch Sonderstähle verwendet werden. Wie Kuhm erläutert, ist das Drahterodieren häufig anderen Fertigungsverfahren vorzuziehen. Das betrifft zum einen spezielle Bauteilgeometrien, beispielsweise kleine Durchbrüche mit scharfen Ecken. Zum anderen hat es auch organisatorische, wirtschaftliche Vorteile.

„Die Drahterodiermaschine fertigt zuverlässig auch unbeaufsichtigt. Wir können sie in der beaufsichtigten Schicht programmieren und einrichten. Sie arbeitet über Nacht, anderntags können wir die fertigen Bauteile in Stanz- und Umformwerkzeuge einbauen“, berichtet Pfriender. Vor allem die zuverlässige Drahteinfädelung hat die Spezialisten überzeugt. „Wir können uns zu 100 Prozent darauf verlassen, dass aus den aufgespannten Platten die programmierten Bauteile geschnitten werden“, fasst er seine Erfahrungen zusammen.

Ausbaufähiges Fertigungsverfahren

Inzwischen nutzen die Fachkräfte bei SACS die Vorteile des Drahterodierens auch für die Produktion. „Aufgrund der Zuverlässigkeit der MV1200S NewGen fertigen wir problemlos auch kleine Werkstücke für die laufende Produktion auf der Maschine. Trotz des vordergründig langsamen Verfahrens gelingt das hoch produktiv. Dazu nutzen wir einige spezielle Tricks“, berichten die Spezialisten in Empfingen.

Um beispielsweise kleine, wenige Millimeter im Durchmesser messende Scheiben aus dünnen, hochfesten Stahlblechen zu fertigen, spannen die Spezialisten im Arbeitsraum der Maschine Stapel aus mehreren Dutzend Blechplatten auf. Die Besonderheit der auszuschneidenden Scheiben ist, dass sie abwechselnd innen und außen jeweils mehreckige Geometrien haben.

Auf einem Blechstapel werden im NC-Programm die zu schneidenden Scheiben geschickt geschachtelt. So wird eine außen runde und innen mehreckige Scheibe neben einer weiteren Scheibe mit gegensinnigen Geometrien, also innen rund und außen mehreckig, angeordnet. Die Maschine schneidet die Scheiben zuverlässig und hochgenau aus.

„Besonders in der Produktion profitieren wir von der zuverlässigen Drahteinfädelung“ erläutert Kuhm. „Beispielsweise beim Schneiden der Scheiben aus Blechstapeln können wir uns darauf verlassen, dass aus einem am Abend aufgespannten Blechstapel über Nacht einige hundert oder mehr als tausend Scheiben ausgeschnitten sind. Sollte die Drahteinfädelung mal den Schnittspalt an der Abbruchposition nicht finden und den Draht nicht einfädeln können, geht die Maschine einfach weiter zum nächsten Schneidjob, also zur folgenden, auf dem Blech angeordneten Scheibe.“

Zur besonders hohen Zuverlässigkeit trägt auch die Funktion der MV1200S NewGen bei, den bereits verbrauchten und noch vorhandenen Draht auf der Drahtrolle zu kennen und an der Steuerung anzugeben. So können die Programmierer und Maschineneinrichter abschätzen, ob die Drahtlänge auf einer installierten Drahtrolle für einen programmierten Schneidjob noch ausreicht. Ist das nicht gegeben, wechseln sie vorausschauend die Drahtrolle. Wie Pfriender erwähnt, gelingt das sehr einfach und schnell.

Zudem kann man die bereits teilweise genutzten Drahtrollen wiederholt einsetzen, da die noch vorhandenen Drahtlängen auf den jeweiligen Drahtrollen gespeichert sind und für folgende Schneidjobs wiederum ausgewertet werden kann. Die Techniker beabsichtigen, auf ihrer Maschine eine größere Drahtstation für bis zu 20 Kilogramm schwere Drahtrollen auszurüsten. „Damit können wir die Maschine über das gesamte Wochenende produktiv nutzen“, sagt dazu Beckmann.

Aufgrund dieser ausgeklügelten Funktionen erweist sich die MV1200S NewGen bereits nach wenigen Monaten als besonders effizient. Kuhm betont den doppelten Nutzen für einerseits den internen Werkzeug- und Formenbau und andererseits die Produktion. „In der Luftfahrt fertigen wir meist in kleineren Losen, oft nur wenige hundert Bauteile. Wenn man dafür die Funktionen der Drahterodiermaschine geschickt nutzt, kann man diese Anzahl an Bauteilen sehr effizient und wirtschaftlich auf der MV1200S NewGen direkt produzieren. Denn die Maschine bietet den unschlagbaren Vorteil, unbeaufsichtigt sehr prozesssicher und dabei hochgenau zu fertigen“, fasst er die Erfahrungen aus dem ersten halben Jahr zusammen.

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