Volker Spanier

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Der Zweiarmroboter ist ein Technologieträger

Einen Blick in die Zukunft der Robotik gibt Volker Spanier, Leiter Robotic Solutions EMEAR, Epson. Neben der Mensch-Roboter-Kollaboration arbeitet Epson auch an einfacher Programmierung, integrierter Bildverarbeitung und Sensorik sowie flexibler Greiftechnik. Über den neuen Zweiarmroboter und die Strategie der Roboterentwicklung sprach Georg Dlugosch, der Chefredakteur des IndustryArena eMagazines, mit Volker Spanier.

Wo liegen die Stärken von Epson als Roboterhersteller?

Spanier: Epson baut seit fast 35 Jahren Roboter. Unsere Stärke liegt damit auch in der Erfahrung der eigenen Anwendung. Auch heute werden die Maschinen nicht nur gebaut, um verkauft zu werden, sondern sie werden in der eigenen Fertigung für Druckköpfe, Sensoren oder die Montage von kompletten kleinen Druckern verwendet. Da kommen die Anforderungen direkt aus dem eigenen Haus, und das sieht man auch an vielen speziellen Eigenheiten, welche die Nutzung so einfach machen. Ein Beispiel ist das „Palettenkommando“. Die Palette definieren wir in unserer Programmiersprache schon seit 25 Jahren nur über drei Eckpunkte. Deshalb muss auch nicht jeder Palettenpunkt geteacht werden. So werden viele Anforderungen aus der eigenen Fertigung nach und nach umgesetzt.

Welche Scara-Roboter werden gebaut?

Spanier: Unsere große Stärke ist das breite Portfolio besonders im Scara-Bereich. Das hat sich aus den eigenen Anforderungen ergeben. Unsere Roboter werden beispielsweise in der Uhrenfertigung, bei Seiko, eingesetzt und müssen daher sehr genau sein. Trotzdem gibt es Maschinen, die beispielsweise bis zu 20 Kilogramm Traglast bewältigen und eine große Reichweite haben. Insgesamt bieten wir für unsere Scaras viele verschiedene Varianten in der Länge der Arme, der Z-Achse, der Montagemöglichkeiten und auch der Nutzlast. Epson bietet Geräte für Einsteiger bis zu High-Performern.

Warum ist Epson als Roboterhersteller nicht so bekannt?

Spanier: Das kann man heute so nicht mehr stehen lassen. Vor rund 20 Jahren hatten wir dieses Problem aber tatsächlich – die Marke Epson wurde ausschließlich mit Druckern assoziiert. Damals wurden wir von Kunden gefragt, welche Drucker wir anbieten würden, obwohl wir wegen Roboterlösungen da waren. Aber inzwischen sind wir durchaus bekannt. Auch wenn heute noch die breite Masse den Namen Epson mit Druckern verbindet.

Mit dem Zweiarmroboter hat Epson jetzt eine Innovationen vorgestellt. Was sind die Hintergründe des neuen Roboterkonzepts?

Spanier: Wir mussten für den Zweiarmroboter als Technologieträger sehr viel Neues entwickeln. Und alles was speziell für ihn entwickelt wurde, kommt auch den Standardrobotern zugute. Es beginnt ganz profan mit den Trägerprofilen. Wenn wir ihn mit üblichen Teilen bauen würden, wären die Arme sehr schwer. Das wiederum hätte Auswirkungen auf die notwendige Motorenleistung, um eine gewisse Minimalgeschwindigkeit zu erreichen. Deshalb haben wir nach Wegen gesucht, wie man den Arm besonders leicht und doch steif machen kann. Auf diese Weise wurde der Zweiarmroboter auch zu einem Testfeld für interdisziplinäre Forschung und Entwicklung.

Wozu befähigt die besondere Sensorik den Roboter?

Spanier: Wir haben für den Zweiarmroboter eine von uns selbst entwickelte Sensorik benutzt. Zum Einsatz kommen unter anderem spezielle Gyrosensoren, sogenannte Q-Mems. Diese Sensoren haben wir in Form eines Drehgebers in die Arme eingebaut und messen so die Winkelbeschleunigung, deren Daten dann an die Steuereinheit gehen. Dadurch erhält man einen Regelkreis, sodass man den Arm leichter bauen kann, da Schwingungen, die sonst möglicherweise auftreten, durch Änderung der Motorströme eliminiert werden. Dies bedeutet auch eine nochmalige Steigerung der Präzision einer Trajektorie des Roboters. Die gleichen Sensoren sind auch in den traditionellen Sechsachsern und Scaras im Einsatz. Hier werden diese Bauteile genutzt, um aggressiver zu bremsen und so einen Geschwindigkeitsvorteil zu erhalten. Zudem braucht der Zweiarmroboter einen Kraftsensor in beiden Armen. Für diesen Zweck ist dieser Kraftsensor – wir nennen ihn Force-Guide – speziell entwickelt worden. Der Sensor gibt die Stelldaten zur Regelung des Roboters vor. Zunächst fährt der Roboter grob vor in Position. Ab dann übernimmt der Kraftsensor die Steuerung der Bewegung und damit die Kontrolle über den Roboter. So nimmt er beispielsweise in einem Fügeprozess die Kräfte an dem zu fügenden Teil auf und kann so steuern, ob die Fügung mit dem richtigen Kraftaufwand geschieht. Außerdem kann er den Verlauf der ausgeübten Kraft aufnehmen. Für unsere Standardroboter gibt es schon seit langem eine Bildverarbeitung. Der Zweiarmroboter hat zwei Stereokameras, mit der er 3D-Bilder verarbeitet.

Foto: Epson

Was unterscheidet den Zweiarmroboter von zwei Robotern mit einem Arm?

Spanier: Der große Vorteil des Zweiarmroboters ist die optimale Koordination beider Achsen. Oft handelt es sich bei Einzelrobotern um Maschinen, die teilweise auf einer zusätzlichen gemeinsamen Achse montiert sind. Aber dann muss der Programmierer beide Arme separat behandeln. Das ist bei dem Doppelarm erheblich einfacher und damit wird die Programmierung auch komplexer Abläufe möglich, weil die Maschine „weiß“, in welchem Zustand die anderen Achsen des Systems sind. Es ist der einfache Einsatz von Technologie, was Epson sich vorstellt.

Wofür ist der Zweiarmroboter entwickelt?

Spanier: Der Haupteinsatzzweck ist die Unterstützung menschlicher Arbeiter. Die Roboter sollen in dieser Kooperation die monotonen oder gefährlichen Arbeiten übernehmen. Deshalb ist es unser Ziel, Roboter mit einfachen Instruktionen zu steuern, die ähnlich denen für Menschen sind. Bis hin zu der Fähigkeit, dass der Roboter selbstständig zum Beispiel eine veränderte Lage von Teilen erkennt, die er greifen soll. Wenn der Roboter morgens eingeschaltet oder an eine andere Stelle gebracht wird, orientiert er sich zunächst räumlich um, damit die zu verarbeitenden Teile erkannt werden. Das Ziel ist, dass ein Roboter weitgehend autonom arbeitet. Das heißt, der Roboter sieht, fühlt und entscheidet. Dafür muss die benötigte Sensorik mit an Bord sein. Außerdem muss der Roboter ungefähr die Traglast bewältigen, die auch ein Mensch schaffen kann. Pro Hand sind dies in etwa drei Kilogramm. In diesem Jahr werden wir zwei Prototypenlinien aufbauen, eine in Asien und eine wahrscheinlich in Europa. 2017 soll das Gerät in der ersten Version verfügbar sein.

Welche Bedeutung hat Industrie 4.0 für Epson?

Spanier: Für uns gibt es zwei Hauptpunkte: Der eine betrifft die Standardrobotik mit den heute üblichen Maschinen. Hier sehen wir einen Ausbau der Datenverarbeitung, zum Beispiel für die Lifetime-Prediction, im Vordergrund. Diese Analyse zeigt beispielsweise, wie sich die aktuelle Nutzung einer Maschine auf deren Wartungszyklen auswirkt. Für die Automationsbranche bieten wir Teile dieser Industrie-4.0-Philosophie schon seit Jahren an, indem wir hier Daten zur Verfügung stellen und daher sehr flexibel auf Anforderungen reagieren. Neu ist, dass Industrie 4.0 bis auf den letzten Sensor runtergebrochen wird. Von jeder kleinen Komponente werden Zustandsdaten ermittelt, erfasst und verarbeitet. Die Vernetzung dieser Systeme kann so weit gehen, dass der Kunde die Produkte individuell konfigurieren und bestellen kann. Vor allem muss man auf die Anforderungen der Kunden deutlich schneller reagieren. Dabei hilft unter anderem der Zweiarmroboter, weil er besonders flexibel eingesetzt werden kann und teilweise sogar autonom agiert.

Sind die zwei Arme der Gipfel der Roboterevolution?

Spanier: Es geht hier zunächst um die Umsetzung der menschlichen Verhaltensweise. Im Moment ist die Flexibilität durch das menschliche Verhalten begrenzt. Durch den Einsatz traditioneller, weiterer Arme würde der Aufwand für die Programmierung deutlich steigen. Unser Ziel ist es, den Roboter so vorzubereiten, dass der Programmierer ihn ohne großen Aufwand in die Produktion übernehmen kann. Er soll ihm nur mitteilen, was zu tun ist, das Wie ist dann Sache des Roboters.

Welche Strategie verfolgt Epson?

Spanier: Es geht um die Kollaboration zwischen Mensch und Roboter. Allerdings hat das für den Zweiarm nicht oberste Priorität, denn die liegt in der dafür notwendigen einfachen Programmierung. Wir vertreten die Ansicht, dass es bei Kollaborationsaufgaben derzeit meistens sinnvoller ist, einen Schutzzaun aufzustellen, weil die Anforderungen und Einschränkungen bei kollaborativen Robotern erheblich sind. Aus Gesprächen mit Kunden wissen wir, dass der Schutzzaun zwar ein Ärgernis ist, dessen Entfernung aber zu teuer kommt, denn ein kollaborativer Roboter kostet leicht das Doppelte. Und was noch schlimmer ist: Die Produktivität darf bei all dem nicht sinken. Das geht zwar mit den Scararobotern, aber das ist dann nicht kollaborativ, sondern nur der Sicherheitszaun ersetzt durch modernere Sicherheitstechniken.

Wie wird das Programmieren eines Roboters leichter?

Spanier: Das Programmieren wird leichter werden. Allerdings wird die Programmierung über Hochsprachen bleiben, weil so bestimmte Dinge einfacher zu machen sind. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Anwender mit unserer Software sehr gut zurechtkommen.

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