Michael Auer

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Schnelle Lieferung ist der Schlüssel zum Erfolg

Die erste automatisierte Steuerung für Metallbiegemaschinen kam von Hurco Werkzeugmaschinen. Das Unternehmen wurde 1968 im US-Staat Indiana mit dem Ziel gegründet, die Produktivität in der Werkstattfertigung, insbesondere bei Kleinserien und Einzelteilfertigung, zu erhöhen. Seit 1988 gibt es die Hurco Werkzeugmaschinen GmbH Deutschland mit Sitz in Pliening bei München. Geschäftsführer Michael Auer erläutert im Interview mit dem IndustryArena eMagazine die Lage der Branche und des Unternehmens nach fünf Jahren Krisenmodus, der schon fast zum Dauerzustand geworden ist.

Wie wirkt sich die politische Lage auf die Jahresplanung in der Werkzeugmaschinenbranche aus?

Auer: Für Hurco ändert sich durch den Krieg in der Ukraine an der Jahresplanung nichts. Die politische Lage ist brisant, allerdings haben wir schon seit mehreren Jahren das Russland-Geschäft aufgrund der Exportkontrollbestimmungen heruntergefahren. Unsere Maschinen fallen unter die Dual-Use-Bestimmungen. Wir haben in der letzten Zeit so gut wie keine Exportgenehmigung für Russland bekommen. Deshalb haben weder Russland noch die Ukraine eine Rolle in unserer Jahresplanung gespielt. Im Gegenzug sehen wir sogar neues Geschäft, weil Produktion, die in der Ukraine angesiedelt war, wieder nach Deutschland oder in osteuropäische Länder zurückgeholt wird. Wir kommen aus einer langen Krise, zuletzt durch die Covid-Pandemie. Deshalb haben wir schon sehr vorsichtig prognostiziert. Zum aktuellen Zeitpunkt ist alles berücksichtigt.

Die Lieferketten sind gestört, Rohstoffe fehlen. Welche Auswirkungen sehen Sie auf die weitere Entwicklung?

Auer: Natürlich haben wir diese Entwicklungen nicht im Griff, weil wir nur bedingt auf sie Einfluss nehmen können. Wir haben Vorräte angeschafft, und wir versuchen, unsere Lieferketten aufrechtzuerhalten, aber in einer Maschine sind viele Bauteile enthalten, und wie es der Zufall will, ist immer eines dabei und bildet den Flaschenhals. Dafür haben wir das Lager vergrößert. Wo sich die Produktionszeiten schlicht und einfach verdoppelt haben, ist schnelle Lieferung der Schlüssel zum Erfolg – und natürlich gute Vorratshaltung.

Wirkt sich die Entwicklung auch auf die technologische Innovation aus?

Auer: Wir sind alle damit beschäftigt, die bestehenden Konzepte in ausreichender Stückzahl auf den Markt zu bringen. Aus meiner Sicht wird die Entwicklung mit zweiter Priorität vorangetrieben.

Also geht es darum, erst einmal das Tagesgeschäft abzuwickeln. Was sind dafür die wichtigsten Ziele?

Auer: Für die Kunden ist Lieferfähigkeit ein wichtiges Thema. Wir sind in der glücklichen Situation, dass im Moment in der Industrie eine gute Auftragslage herrscht. Einige unserer Kunden haben – auf Grund der unterbrochenen Lieferketten – den höchsten Auftragsbestand seit 20 Jahren. Der muss abgearbeitet werden. Auch beim Auftragseingang sehe ich keinen großen Rückgang, sondern ein stabiles Niveau. Das wichtigste ist im Moment, die Bestellungen abzuarbeiten.

Wie lang ist die Lieferzeit?

Auer: Wir können bestimmte Maschinenmodelle innerhalb von vier Wochen liefern. Das liegt an unserer Firmenphilosophie. Wir haben die Produkte weitestgehend standardisiert und arbeiten nicht auf Bestellung, sondern auf Vorrat. Das ist unser unternehmerisches Risiko. Wir wenden relativ viel Kapital dafür auf, aber dafür haben wir standardisierte Maschinen lieferbereit innerhalb von vier bis sechs Wochen. Wenn besondere Features verlangt werden, machen wir auch Einzelbestellungen, die durchaus sechs bis acht Monate dauern.

Woraus resultiert diese Besonderheit?

Auer: Wir sind gut aufgestellt und haben sehr viel Energie in die Produktion wie auch in Standardisierung und Sourcing gesteckt.

Lieferzeit ist ein Merkmal. Was sind weitere Besonderheiten von Hurco?

Auer: Zunächst einmal die Nähe zum Kunden. Das ist unser Fokus auf den Direktvertrieb. Wir bieten den eigenen Service an und arbeiten nicht mit einem Fremddienstleister, höchstens in Spitzenauslastungszeiten. Deshalb ist das Personal auch sehr gut auf unseren Produkten geschult. Dadurch kennen wir die Nöte unserer Kunden. Wenn ein Auftrag kommt, dann müssen sie schnell Kapazität schaffen.

Was sind ihre Zielbranchen?

Auer: Eigentlich alle Sektoren, die mit Maschinen zu tun haben. Von normalen Maschinenbauern über Verpackung, Automotive, auch ein bisschen Luft- und Raumfahrttechnik. In erster Linie sind unsere Kunden Lohnfertiger, Prototypenbauer oder Engineering-Firmen, die mit kleinen Stückzahlen arbeiten.

Worauf legen die Kunden Wert?

Auer: Im Vordergrund steht in erster Linie die einfache Bedienbarkeit der Maschinen, natürlich neben der allgemeinen Verfügbarkeit.

Die intuitive Bedienung hat in fast allen Bereichen Einzug gehalten. Hilft es auch mit dem Blick auf den Fachkräftemangel?

Auer: Der Fachkräftemangel ist ein wichtiger Punkt. Die Lage wird immer brennender. Dabei hilft die Dialogprogrammierung. Jeder will am liebsten einen CNC-Fräser oder -Dreher haben, der komplett ausgebildet ist, das duale Ausbildungssystem durchlaufen hat und ein Profi auf seinem Gebiet ist. Solche Mitarbeiter sind im Moment schwer zu finden. Deswegen müssen unsere Kunden ausweichen und links und rechts von diesem Ideal suchen. Dabei ist die intuitive Steuerung der Maschine sehr hilfreich. Der Bediener verliert die Berührungsangst mit der Maschine schnell und kann produktiv sein, ohne dass drei Jahre Ausbildung vorangehen müssen. Schon nach sechs Wochen können produktive Teile von der Maschine kommen.

Was war der Leitgedanke bei der Entwicklung der Steuerung?

Auer: Die Steuerung der Maschine ist unsere Kernkompetenz. Wir sind eigentlich ein Software-Unternehmen. Wir haben vor 50 Jahren begonnen, diese Steuerung zu entwickeln. Der Fokus ist, so schnell wie möglich ein gutes Teil von der Maschine zu bekommen. Unser Konzept ist: All in One. Das bedeutet, ein Mitarbeiter kann sowohl programmieren als auch die Maschine bedienen und die Qualitätsprüfung durchführen. Wir brauchen nicht verschiedene Abteilungen, die durchlaufen werden müssen, bis das Bauteil fertig ist. Der Mitarbeiter ist von Anfang bis Ende mit dem Produkt in Berührung.

Was war die neueste Entwicklung bei der Steuerung?

Auer: : Im Vordergrund steht in erster Linie die einfache Bedienbarkeit der Maschinen, natürlich neben der allgemeinen Verfügbarkeit.

Worauf legen die Kunden Wert?

Auer: Die letzte Entwicklung ist die Solid-Model-Import-Option. Unsere Kunden bekommen inzwischen in der Regel Volumenmodelle als Auftrag. Diese können in unsere Steuerung importiert und daraus ein Programm kreiert werden. Damit sind wir fast allein in der Maschinenbranche. Unserer Steuerung ist es egal, wie die Daten eintreffen. Man kann G-Code eingeben, DXF importieren, natürlich auch CAD/CAM oder ein Solid-Model. Der Bediener hat die volle Freiheit. Wir geben ihm dafür alle Werkzeuge an die Hand. Das hilft demjenigen, der das umsetzen soll, und macht den Job auch interessant.

Was steht als nächste Herausforderung, die Sie lösen wollen, auf dem Plan?

Auer: Ein großes Thema ist Automatisierung. Jeder weiß, dass er automatisieren muss, aber die Hemmschwelle ist relativ hoch. Es ist unsere Aufgabe, die Kunden davon zu überzeugen, dass es ein gutes Investment ist zu automatisieren. Es handelt sich auch um eine Ergänzung zu bestehenden Maschinen, und die Schlagkraft des Kunden wird erhöht. Dann können sich die Mitarbeiter um komplexe Aufgaben kümmern, anstatt Teile einzulegen.

Haben Sie Prioritäten, mit welchen Systemen automatisiert werden kann?

Auer: Wir bieten in unseren Maschinen eine Standardschnittstelle an, die mit allen am Markt üblichen Automatisierungssystemen korrespondiert. Die Kunden sagen uns, welches System sie bevorzugen. Wir sind für alle Systeme offen. Das ist Firmenphilosophie, dem Kunden die Wahl zulassen. Natürlich gibt es Präferenzen, beispielsweise weil wir mit einigen schon mehr Projekte haben. Hurco-Bearbeitungszentren sind voll automatisierbar. Integratoren können schnell ein System andocken.

Unterstützen Sie Ihre Kunden dabei, die Automatisierung umzusetzen?

Auer: Wir bieten Komplettlösungen an. In unserem Konzern haben wir auch eine eigene Automatisierungslösung für kleine Serien und kleine Bauteile. Unsere Kunden können somit alles aus einer Hand kaufen oder eine eigene Lösung wählen.

Aktuell Ist es in der Industrie schwierig, Experten für Software zu finden. Wie lösen Sie dieses Problem?

Auer: Die Software-Entwicklung findet in den USA statt. Die Kollegen dort tun alles, um die Mitarbeiter zu halten und neue frisch von den Universitäten in Kalifornien für Hurco zu gewinnen. Das Unternehmen ist interessant für Software-Entwickler, weil sie jeden Tag sehen können, was sie leisten. Sie arbeiten an einer Maschine und entwickeln nicht jahrelang einen Quellcode. So sehen sie den Effekt ihrer Arbeit sofort.

2015 wurde Takumi übernommen. Wie hat sich dieser Unternehmensteil seitdem entwickelt?

Auer: Takumi entwickelt sich sehr positiv. Wir haben das gesamte Personal in das Unternehmen integriert. Damit ist das Know-how erhalten geblieben. Wir steigern den Takumi-Umsatz um 15 bis 20 Prozent pro Jahr. Zwar ist es schwierig, in einem übersättigten Markt wie Deutschland eine neue Marke zu platzieren. Aber wir gehen die Politik der kleinen Schritte und haben auch die Ziele entsprechend realistisch gesetzt. Die Marke entwickelt sich gut.

Die Handhabung schwerer und großer Bauteile ist eine Spezialität von Takumi. Wie sieht die Strategie dazu aus?

Auer: Der Schlüssel unseres Erfolges sind die Mechanik und das perfekte Zusammenspiel mit der Maschinensteuerung. Unsere Bearbeitungszentren sind solide und Schwergewichte für ihre Klasse. Wir sparen weder am Guss noch an der Mechanik. Die Philosophie ist, die Maschinengenauigkeit aus der Mechanik heraus zu generieren, um so wenig wie eben möglich über die Steuerung kompensieren zu müssen. Für eine höhere Dynamik sind wir von entkoppelten auf Direktantriebe umgestiegen. Die 5-Achs-Maschinen sind, teils schon im Standard, mit Torque-Drive-Antrieben ausgestattet. Die Software ist sehr schnell, um komplexe Aufgaben bis hin zu Simultanbearbeitungen sicherzustellen.

Was ist der Fokus für dieses Jahr?

Auer: Wir fokussieren uns darauf, die Lieferkette aufrechtzuerhalten und die Bestellungen auszuliefern.

Vom Schweinezyklus zum Krisenmodus: Wo steht die Branche aktuell?

Auer: Wir sind im Krisenmodus – inzwischen seit fünf Jahren. Zuerst der Brexit, dann der Handelsstreit mit den USA, schließlich die Pandemie und jetzt der Ukraine-Krieg. Trotz der Krisen sollten die Investitionen nicht komplett zurückgestellt werden. Wir stehen vor einem überalterten Maschinenpark bei den meisten unserer Kunden. Wenn sie sich nur von Krise zu Krise hangeln, dann haben wir Deutschland bald große Probleme.

Und wie sieht es in den USA aus?

Auer: In den USA findet eindeutig ein Reshoring statt. Das I-Tüpfelchen war der Handelskrieg mit China. Seitdem sehen viele US-Unternehmen in Asien keinen Kostenvorteil mehr. Deshalb kommt Produktion, speziell Hightech, wieder zurück in die USA. Das sehen wir auch an den Umsatzzahlen dort.

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Michael Auer

Geschäftsführer
Hurco Deutschland GmbH
Pliening bei München
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Das Interview führte Georg Dlugosch, Chefredakteur des IndustryArena eMagazines.
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