Hallo Bavella!
Sie sprechen hier eine Grauzone an, von der eigentlich niemand weiß, ob sie nun noch zu
CAD oder schon mehr zur Maschine gehört. Es ist das Bindeglied.
Zwischen AutoCAD und realer, effizienter Inventor-Nutzung liegen Welten. Rupfen wir das Ganze mal auseinander.
Fangen wir in Ihrer Welt an, AutoCAD ist in aller Regel 2d, alles spielt sich auf z=0 in der Draufsicht aufs Zeichnungsblatt ab, obwohl man mit ACAD auch schon 3d machen kann. Basiselement ist Punkt und Linie, diese sind unabhängig voneinander, wenn Sie also in einer Ansicht Änderungen vornehmen, wird eine andere Ansicht davon nichts erfahren. Sie erstellen also Ihre Zeichnung, machen auch einen schönen Rahmen drumherum, Schriftfeld mit Attributen darf nicht fehlen.
Für Ihre CAM-Anwendung exportieren Sie diese Linien, meist aber alle, diese sind in der DXF-Datei die Entities ganz hinten, vorn ist nur Stilkram und Blöcke. Diese Linien, Bögen, Kreise und vor allem auch Polylinien lesen Sie dann für die CAM-Programmierung ein. Hier ist die Layertechnik im Vorteil, man kann gut selektieren. Wenn Sie genau hinschauen, wie kriegen Sie eigentlich die Passungsinfos ins
CAM?
Schauen Sie sich mal gelegentlich die
DXF mit Wordpad an, DXF12, dann auch neuere Versionen, die Variablennamen ändern sich häufig. Für ein CAM kann so was sehr ärgerlich werden, wenn es die Datei dann nicht mehr einlesen kann.
Nun kommt eine Änderung, also vorn beim ACAD ändern, DWG speichern, DXF auch, wieder rüber zur Maschine und dort das Programm je nach Aufwand neu machen oder mit der neuen Geometrie ändern. Naja.
Dann ist im ACAD in aller Regel immer alles in einer Datei, nur wenige Leute nutzen die externen Referenzen. Die DXF enthält jedoch bei ACAD auch alle Bemaßungs- und Linienstile und jede Menge Infos, die man für die CAM-Bearbeitung nicht braucht, sie blähen die Datei auf, man sollte sie also soweit wie möglich bereinigen (BEREINIG, sehr gut auch WBLOCK). Schriftfeld braucht man für CAM nicht.
Hierzu reicht Ihnen AutoCAD-LT allemal.
Das ist durchaus gängige Praxis. Nächster Schritt.
Sie kaufen sich Inventor, der Konstrukteur arbeitet damit, für Schulanwendung kostet Inventor keine 7500 Euros, sondern nur rund 250, sollten Sie evtl. Ihren Schülern sagen, 2 Jahre läuft die Schülerversion.
In Inventor arbeiten Sie mit 3d-Volumenmodellen, jedes Teil ist eine Datei. Die Teile behalten ihre Erinnerung, wie sie aufgebaut sind, Sie können also im sog. Historienbaum Bearbeitungen ändern, löschen, mit Gleichungen verknüpfen und damit Ihr Teil steuerbar machen. Sie können es sich aber auch derart dämlich verkünsteln, dass Sie nicht mehr froh damit werden, Fluch und Segen der Parametrik. Ihr Konstrukteur wird also Strategieen für den Modellaufbau lernen müssen, braucht er bei ACAD nicht.
Teile können Sie zusammenbauen, die sog. Zusammenbaudateien, hier können Sie Inventor sagen, wie die Teile zueinander gehören, können aber auch Freiheitsgrade offen lassen und damit Bewegungen ? wenn?s nicht zuviel wird ? mit der Maus simulieren. Für Kollisionsuntersuchungen sehr wertvoll, es gibt noch weitere Funktionen. Hier heisst es aufpassen, man darf nunmehr die Einzelteildateien nicht mehr einfach rumkopieren und umbenennen, sonst findet die Zusammenbaudatei sie nicht mehr.
Bezeichnend, dass viele Praktiker bei Inventor nicht am Modellieren, sondern an der Dateiverwaltung hängen bleiben und sich enorme Probleme einhandeln.
Üblich ist nunmehr, dass vom Teil und auch vom Zusammenbau Zeichnungen erstellt werden, dies macht Ihnen Inventor weitgehend automatisch, auch Schnitte, ist nicht alles Gold, was glänzt, so mit den 100%ig deutschen Normen hat er es ? wie viele andere CADs aus USA ? nicht.
Ändern Sie nun Ihr Teil, zieht Ihnen Inventor auch den Zusammenbau und die Zeichnungen nach, praktisch wenn erwünscht, aber übel, wenn es versehentlich unbemerkt passiert. Inventor kann zudem über die Adaptivität noch Bezüge ohne Gleichungen herstellen, eine sehr nützliche Funktion, mit Bedacht eingesetzt, kostet Rechenzeit.
Wenn Sie jetzt DXF aus Inventor abspeichern, werden Sie damit nicht glücklich. Layerzuordnung ist nach Lust und Laune, die Datei extrem groß (gleich mal 2MB aufwärts), mit den Linienstilen werden Sie auch nicht glücklich werden. Besonders nervig sind häufiger übereinander liegende deckungsgleiche Linien. Also lieber als DWG rausschreiben, in ACAD öffnen und dort dann alles löschen, was nicht gebraucht wird und als DXF rausschreiben. Es gibt auch ein paar tolle Tools wie DXF-Magic, man braucht sie aber nicht zwingend.
Bei einer Änderung lassen Sie sich also die Inventor-Zeichnung nachziehen, wieder raus nach ACAD, dort bereinigen, nach DXF, nach CAM, schöne Arbeit....
Verbreitet bei Inventor-Anwendern, die Zeichnungen an Fertigungen weitergeben.
Nächster Schritt: 3d-CAM, Insellösung
Was Sie machen, läuft als 2 1/2d, also Bohrungen, Falze, Taschen, auch verschiedener Tiefe. Dafür braucht man eigentlich noch kein 3d-CAM, aber es bewährt sich wegen der enorm sinkenden Fehlerrate, wir speichern also zusätzlich zur IPT-Teiledatei noch eine neutrale 3d-Datei (heute aktuell: STEP, SAT, STL, veraltet und noch gebräuchlich
IGES, VDAFS). Diese holen wir uns in das CAM-Programm und setzen damit das CNC-Programm auf. Wir greifen die Geometrien also direkt vom 3d-Modell ab.
Wenn nun eine Änderung kommt, ändert der Konstrukteur je nach Modellaufbau ein paar Parameter und lässt Inventor und evtl. auch das üblicherweise für Gewinde nötige Excel rechnen, meist muß er aber praxisgerechter schon etwas mehr Nacharbeit investieren, Inventor zieht die Zeichnungen nach, auch hier ist häufig manuelle Nacharbeit angesagt, die 3d-Datei muß er aber wieder manuell abspeichern und auch Sie müssen im CAM wieder alles manuell ändern. Kostet Zeit.
Auch das ist Stand der Technik. Nächster Schritt:
Es wäre nun sehr nützlich, wenn das CAM direkt die Inventor-Datei nutzen könnte und bei Änderungen am Modell auch Rohteil und CNC-Programm mitnehmen könnte. Das können die aktuellen CAM-Programme, wir sind jetzt in etwa bei
Mastercam oder
Solidcam, letzteres basiert auf dem Konkurrenzprodukt Solidworks. Schön auch, wenn die CAMs schon mal wissen, was eine Bohrung ist, die sog. Featureerkennung ist im Kommen, grade im Reifeprozess für praktische Brauchbarkeit.
Wenn nun sog. Teilefamilien kommen, sind Sie enorm im Vorteil, da Sie sich viel Programmierarbeit sparen können, einfach nur 1:1 skalieren geht nicht, manuell muß man schon noch ran und die eine oder andere Stelle nachbearbeiten, aber die Strategie steht.
Stand der Dinge bei mir, Durchschnittskonstrukteur und Nebenherfräser
Die technische Zeichnung gibt es schon länger nicht mehr, es geht direkt ins CAM, frühere Zeichnungsinfos (Form- und Lagetoleranzen) landen an anderer Stelle in der Datei, bei Inventor im Notizblock, der Rüstplan der Maschine ist im CAM hinterlegt. Alles passt heute in ein Notebook für gut 3000 Euros (Tip: Dell M70 ist für Inventor zertifiziert).
Das ist nicht ?fortschrittlich?, sondern andernorts bereits etablierter Stand der Technik, man spart damit also keine Zeit, sondern verliert nur den Anschluß nicht so schnell. Die Midrange-CADs wie Inventor fangen jetzt an, die Maschinenelementeberechnung zu integrieren, ich gebe also der Welle nicht mehr den berechneten und meist aufgerundeten Durchmesser, sondern ich gebe nur noch die Eckdaten (Lager, Kräfte, Momente) an und lasse das CAD und FEM für mich rechnen, 2-3 Versionen noch, dann ist es brauchbar.
Brauche ich Inventor (oder andere) überhaupt an der Maschine, muß ich das überhaupt können? Ich will die Teile ja nur
fräsen oder
drehen oder auch andersgeartet herstellen. Das andere ist doch Kram für den Konstrukteur!
Ja, man braucht es, und zwar spätestens, wenn das Teil nicht mehr gespannt werden kann, dann müssen Vorrichtungen her. Die können Sie jetzt in ACAD oder mit Bleistift zeichnen, dauert und bei Teileänderungen ist es nicht lustig, Sie können Inventor solo nutzen, müssen dann wieder zu Fuß programmieren, bei Vorrichungen häufig aufwendiger als das Teil selbst. Oder Sie lassen Inventor die Vorrichtung angepasst halten, stellen Flächen frei, machen sich Anschläge, das geht mit der Adaptivität recht gut. Aber aufpassen: Die Dateien wissen voneinander, die an sich so unscheinbare Projektverwaltung muß man sich mal vornehmen.
An dieser Stelle merkt man auch, wie gut das datenmäßige und auch kollegiale Zusammenspiel im Unternehmen funktioniert. Häufig eher ein Trauerspiel.
Nun zu ihren Schülern. Sie kommen nach 3 Jahren raus. Was erwartet sie?
Im Regelfall werden sie günstigstenfalls ACAD-Anwendung vorfinden, d. h. das sollten sie können, wobei die aktuellen ACAD-Versionen sich nur geringer Beliebtheit erfreuen. 3d-CAM werden sie relativ selten begegnen, zu konservativ die Haltung hierzulande, das Festhalten an etablierten Arbeitsmethoden. Den neuen Kram brauchen wir nicht, ging bisher auch so. Unbemerkt, weil stetig, geht der Anschluß verloren.
Alles andere, also Inventor, Solidworks und auch 3d-CAM bis hin zu 3d-Studio-MAX sind nach meiner Erfahrung viel zu wenig verbreitet, als dass man sie derzeit noch sinnvoll verwerten könnte, Tendenz weiter sinkend. Ich kann?s im aktuellen Job und hobbymäßig, aber sonst sind die topaktuellen Kenntnisse real auf längere Sicht völlig wertlos für ein berufliches Weiterkommen. Anders gesagt, wenn ich den aktuellen Job loswerde, kann ich zum Sozialamt gehen, kein Scherz!
Also, ACAD und 2d, ist eine gute und praxisgerechte Schiene, wird sie noch eine Weile bleiben.
Inventor umständlich? Mehr eine andere Welt. Ich kenn ihn schon seit V2, war einer der ersten User, da hat man dann eben auch Übung drauf. Aber mir ist das eigentlich egal, nur mit ProE und CATIA erreich nicht nicht den Speed im klassischen Maschinenbau und wenn man dann die Powersachen wie Mastersketching und kaskadiert abgeleitete Komponenten einsetzt, zusammen mit CAM, kriegt man eigentlich erst ein Feeling, was da an Effizienz flächendeckend verschenkt wird.
Ach, Mist, ich schreib ja im falschen Forum, was soll's, jetzt lass ich es aber stehen, vielleicht hilft es Euch ein wenig.