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Umformen mit Hochleistungsbeton

August 2021
24
Autor: Katja Holzer
Firma: Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen utg, TU München
Umformen mit Hochleistungsbeton

Der Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen (utg) der Technischen Universität München entwickelt zusammen mit Projektpartnern aus der Industrie Strategien zur Herstellung und Anwendung von Werkzeugaktivelementen aus Hochleistungsbeton (engl. Ultra High Performance Concrete, UHPC) zur Blechumformung.

Hochleistungsbeton unterscheidet sich von Normalbeton, den man als Baustoff kennt, in der Art und Feinheit seiner Bestandteile und seiner Zusatzstoffe zur Beschleunigung des Abbindevorgangs. Dadurch können mit Hochleistungsbeton höhere mechanische Festigkeiten bei verkürzter Aushärtezeit (2 statt 28 Tage) erreicht werden. Da es sich bei Betonen um künstlich hergestellte, gesteinsartige Verbundwerkstoffe handelt, können diese in Form gegossen und damit erstmals ein anwendungsnaher Rapid Tooling Ansatz im Tiefziehprozess realisiert werden.

Mit Hochleistungsbeton kann dem Kundenwunsch nach einer kurzen Lieferzeit von Werkzeugaktivelementen entsprochen werden. Dies ermöglicht bereits in der Entwicklung auf Prototypenteile und Vorserienteile zurückgreifen zu können. Außerdem ist die direkte Integration von Sensorik in die Aktivwerkzeuge zur Überwachung einzelner Prozessparameter und weitere Potentiale zu erforschen.

Typische Bauteile, die in der Blechumformung hergestellt werden, finden sich beispielsweise im Automobilbau als Karosserieteile oder im Haushaltsgerätebau wieder. Dabei wird im klassischen Tiefziehen ein ebener Blechzuschnitt mittels der Werkzeugaktivelemente aus Stahlwerkstoffen in einer Presse zu einem einseitig geöffneten Hohlkörper umgeformt.

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekts, wird am utg ein endkonturnahes Gießverfahren entwickelt. Die Gießformen werden dabei in einem additiven Verfahren hergestellt. Mit diesem Indirect Rapid Tooling Verfahren können Werkzeugaktivelemente innerhalb von wenigen Tagen hergestellt werden. Durch die hohe Maßhaltigkeit des Verfahrens kann der Nachbearbeitungsbedarf verringert und somit kurze Lieferzeiten realisiert werden.

Die simulative Abbildung des gesamten Prozesses ermöglicht einen Blick in das Werkzeug. Durch eine FEM-Simulation kann besonders im Bereich der Einspannung der Spannungs- und Dehnungszustand sichtbar gemacht werden und eine Optimierung der Lastverteilung möglich machen. Hochleistungsbeton reagiert sensibel auf Zug- und Biegespannungen. Aus diesem Grund sollen Vor- oder Einspannvorrichtungen ausgelegt werden, um den Werkstoff Hochleistungsbeton optimal auszunutzen.

Bei der Entwicklung arbeitet das utg eng mit dem Betonhersteller Transportbeton Traunstein GmbH und dem Werkzeughersteller BINDER tecsys GmbH aus Pforzheim zusammen. Erste Versuche am utg unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Wolfram Volk zeigten bereits die Umsetzbarkeit des Vorhabens und liefern die Grundlage für das spannende Forschungsprojekt. Aktuell wird eine erste prototypische Ziehanlage aufgebaut, um die Tiefziehparameter sowie die Reibeigenschaften zwischen Hochleistungsbeton und Blechwerkstoff zu untersuchen. Das Projekt soll im Dezember 2023 abgeschlossen werden mit dem Ziel, Bauteile mittlerer Komplexität in hoher Bauteilqualität mit Werkzeugaktivelementen aus Hochleistungsbeton herstellen zu können.