„Wir benötigen für die Fertigung des Gewindes nur noch rund dreizehn Sekunden“, so Ben Broekhuis. Broekhuis verantwortet die spanende Fertigung der Firma Vremac aus Apeldoorn in der niederländischen Provinz Gelderland. Das Unternehmen gilt als Spezialist für die Entwicklung und Fertigung von Hydraulikzylindern. Für das Fräsen eines Außengewindes an einem Zylinder stellte Vremac den Fertigungsprozess auf ein spezielles Frässystem der Paul Horn GmbH um. Das Ergebnis: rund dreimal schneller als zuvor, erhebliche Steigerung der Standzeit sowie die Prozesssicherheit für die mannlose Fertigung.
Vremac Cylinders beschäftigt sich seit der Gründung des Unternehmens vor über 60 Jahren mit der Entwicklung und Herstellung von Zylindern, Druckspeichern und Drehgelenken. Neben dem Standardsortiment an Zylindern liefert das Unternehmen auch kundenspezifische Zylinder. Im Laufe der letzten 20 Jahre hat Vremac seinen Schwerpunkt immer mehr auf die Produktion von kundenspezifischen Hydraulikzylindern verlagert. Vremac ist spezialisiert auf Bohrungen bis zu 1000 mm, Kolbenstangen bis zu 700 mm und Zylinder mit einem Hub bis zu 15.000 mm. Auch der Service und die Reparatur gehören zum Leistungsspektrum des Unternehmens. Mit der langjährigen Erfahrung zeigt sich Vremac als Spezialist für Hydraulikzylinder für nahezu alle Anwendungsbereiche. Dazu zählt die vorbeugende Wartung, Ersatzteilmanagement und Reparatur vor Ort oder im Werk in Apeldoorn.
Hydraulische Schubbodensysteme
Auch eigene Produkte gehören zum Leistungsspektrum von Vremac. So entstand mit einer Kooperation mit einem anderen niederländischen Unternehmen die Entwicklung einer hydraulisch betriebenen Ladeplattform. Verbaut sind diese Schubbodensysteme auf Anhängern, Aufliegern und anderen Ladefahrzeugen. Zum Einsatz kommt das System beispielsweise zum Entladen von Silagen, Schüttgut und Hackschnitzeln in der Landwirtschaft oder für Palettengüter. Der Vorteil dieser Systeme ist die horizontale Entladung, ohne den Auflieger kippen zu müssen. Feste Güter wie beispielsweise Paletten können einfach über das Heck und ohne einen Hubwagen oder Gabelstapler über die Ladefläche hydraulisch verschoben werden. Für die verschiedenen Schubböden kommen immer jeweils drei Hydraulikzylinder zum Einsatz. Ein Zylinder hebt den Boden an, die anderen zwei Zylinder bewegen die Bodenschienen in horizontaler Richtung. Eine Verfahrgeschwindigkeit von bis zu 2,5 m pro Minute lässt sich so realisieren.
Zur Fertigung der Zylinderkomponenten setzt man bei Vremac auf einen modernen Maschinenpark mit einem hohen Automatisierungsgrad. „Durch die hohen Stückzahlen der Serienbauteile laufen einige Maschinen in personenloser Fertigung“, erklärt Broekhuis und fährt fort: „Die Prozesssicherheit der eingesetzten Fertigungsschritte ist für uns ein sehr wichtiger Aspekt in unserer täglichen Arbeit.“ Ein großes Problem war die Fertigung des Außengewindes am Zylindergehäuse. Das M120-x-2-Gewinde hat eine Länge von 40 mm und dient zur späteren Verschraubung des Zylinderdeckels. Beim Drehen des Gewindes entstanden lange Wirrspäne, welche entweder den Späneförderer verstopften oder den Spankübel an der Maschine zu schnell füllten. Für prozesssichere personenlose Schichten verlangte dieser Zustand eine Optimierung der Fertigungsstrategie.
Erster Lösungsansatz
„Die erste Anfrage erhielten wir bei Horn, ob wir die Fertigung des Gewindes mit dem Wirbelprozess realisieren können. Jedoch eignet sich das Wirbeln eher für kleinere Werkstückdurchmesser“, erinnert sich der Horn-Anwendungstechniker Roger Kasper. Zusammen mit Joop Nijland und Roy Rademaker, den Außendienstmitarbeitern der niederländischen HORN-Vertretung Harry Hersbach Tools, machte er sich an die Lösung des Problems. Der erste Lösungsansatz für das Drehen war der Einsatz einer zweischneidigen Stechplatte des Typs S229. „Der Einsatz der Horn-Schneidplatte brachte schon einen ersten Erfolg. Das große Problem mit den langen Wirrspänen lösten wir, aber der Kunde war mit dieser Lösung noch nicht zu 100 Prozent zufrieden“, erzählt Roy Rademaker, Außendienstmitarbeiter der niederländischen Horn-Vertretung Harry Hersbach Tools. Eine neue Lösung musste her. Das Ziel: eine höhere Prozesssicherheit mit kleinen Bruchspänen sowie die Verkürzung der Prozesszeit.
Die Idee zur Lösung der Aufgabe war, das Gewinde mit einem Glockenfräser zu fertigen. Das Problem war jedoch das Gewicht des Fräskörpers. „Auf der Maschine haben wir nur angetriebene Werkzeuge und keine richtige Frässpindel. Für einen massiven Fräskörper aus Stahl hätte die Leistung nicht ausgereicht“, so Kasper. Horn löste das Problem durch Aussparungen am Fräser zur Gewichtsreduzierung. Das Werkzeug hatte einen Durchmesser von 135 mm und war bestückt mit 16 dreischneidigen Wendeschneidplatten des Typs S302. Die ersten Versuche mit dem Werkzeug erbrachte schon die gewünschten Erfolge in Sachen Zeiteinsparung und Spanbruch. „Die Lösung hatten wir mit dem Glockenfräser gefunden. Es glich jedoch einer Gratwanderung, da wir uns mit dem Gewicht des Werkzeugs immer am maximal Machbaren für ein angetriebenes Werkzeug bewegten“, so Nijland.
Einsatz in der Serienfertigung
Wie der Name schon sagt, ähnelt der Fräskörper eines Glockenfräsers einer Glocke. Für die Bearbeitung fährt das Werkzeug über das Werkstück und startet in zirkularen Bewegungen den Bearbeitungsprozess. Mit solchen Werkzeugen lassen sich beispielsweise Gewinde, Nuten oder auch andere Formen am Bauteil herstellen. Große Vorteile von Glockenfräsern sind zum einen die kürzere Prozesszeit im Vergleich zum Drehen sowie der bessere Spanbruch. Zum Einsatz kommen solche Werkzeugsysteme hauptsächlich in der Serienfertigung.
Die Lösung des Problems war durch den Glockenfräser gefunden. Aber um materialschonender mit dem Werkzeugrevolver der Maschine zu arbeiten und die Prozesssicherheit noch weiter
zu steigern, mussten die Horn-Techniker nochmal ran. Darüber hinaus sollte für ein optimales Ergebnis beim Fräsen der Durchmesser des Werkzeugs zum Durchmesser des Werkstücks in ein bestimmtes Verhältnis gesetzt werden. „Das Ziel der Optimierung war, das Werkzeug noch leichter zu machen, aber im gleichen Schritt den Durchmesser zu vergrößern. Das war keine leichte Aufgabe, da wir schon an der Gewichtsgrenze waren“, erklärt Nijland.
Aluminiumfräskörper
Der Werkstoff Stahl schied für einen größeren Durchmesser des Fräskörpers aufgrund des Gewichts aus. Die Konstrukteure fanden in einer speziellen Aluminiumlegierung die Lösung des Gewichtsproblems. Die neue Variante hat nun mit einem größeren Durchmesser von 155 mm nur noch die Hälfte des Gewichts der Vorgängervariante. Die Zähnezahl erhöhten die Horn-Techniker auf 18. Alle Schneiden werden über eine innere Kühlmittelzufuhr direkt in die Scherzone gekühlt. Die Polygonschaft-Schnittstelle für den Werkzeugrevolver ist mit dem Grundkörper verschraubt.
Die ersten Tests der neuen Fräservariante waren auf Anhieb erfolgreich und erfüllten die Erwartungen von Broekhuis: „Unsere Probleme sind gelöst. Der Prozess läuft sicher und die Qualität des gefertigten Gewindes entspricht voll unseren Anforderungen.“ Die Bearbeitungszeit lag vor der Umstellung beim Drehen des Gewindes bei rund 30 Sekunden. Durch das Glockenfräsen reduzierte sich die Fertigungszeit auf nur noch 13 Sekunden. Des Weiteren löste das Werkzeug das Problem mit langen Wirrspänen durch kleine Bruchspäne. Dadurch konnte die Prozesssicherheit in personenlosen Schichten erhöht werden, da die Gefahr des verstopften Späneförderers und dem sich zu schnell füllenden Spänewagens beseitigt ist. Die Standzeit der Schneidplatten liegt bei 800 Gewinden pro Schneide.
Standzeitsteigerung
Mit einer neu entwickelten Werkzeugbeschichtung IG35 legte Horn noch einmal nach. Durch die HiPIMS-Beschichtungstechnologie weist die Schicht sehr glatte Eigenschaften und eine hohe Warmfestigkeit auf. Des Weiteren ist die Werkzeugschicht frei von Schichtdefekten wie beispielsweise Droplets oder anderen Schichtfehlern an der Schneidkante. Durch den Einsatz der neuen Schicht steigerte sich die Standzeit auf 1.200 Gewinde pro Schneid, also auf 3.600 gefertigte Gewinde pro Bestückung.