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Poetry Slam zu 125 Jahre VDW

Juli 2016
01
Autor: Manuel Löhmann (VDW Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)
Firma: Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V.
Poetry Slam zu 125 Jahre VDW

Dichterwettstreit, Neudeutsch Poetry Slam, ist eine Stilform des literarischen Vortrages, der in einer vorgegebenen Zeit in humoriger Form einen Sachverhalt oder Gegenstand darstellt und gerne auch einmal überzeichnet. Die 125 Jahrfeier des VDW bot den geradezu idealen Anlass die Verbandsgeschichte einmal literatisch aufs Korn zu nehmen. Auf einmalige Art und Weise gelang es dem bekannten Poetry Slammer Christan Ritter den VDW im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten Mitte Juni in Frankfurt am Main treffsicher und stilvoll in Szene zu setzen. Doch schauen Sie selbst und lassen sich von seinem Text unterhalten!

 

Ein Fest

Ein Fest, meine Damen und Herren, ein Fest. Eine Feier der Freude, eine Gala der Gemeinschaftlichkeit, eine Zelebration des Zusammenhalts, eine Party der People. Das Jubiläum des Jubilars wird jubelnderweise begangen. Der heutige Jubilar ist, da muss man sich nichts vormachen, ziemlich betagt. Auf 125sten Geburtstagen ist es normalerweise nicht das Geburtskind, das auf den Tischen tanzt. Da steht der Gemeindepfarrer gleichsam zum Gratulieren und für die letzte Ölung bereit und bei den Geschenken muss man nicht mehr so sehr darauf achten, ein möglichst langes Mindesthaltbarkeitsdatum auszuwählen.

125 Jahre bedeuten normalerweise „kurz vor vorbei“. Heute verhält sich das ein wenig anders. Das Geburtstagskind strotzt vor Kraft, steht mitten im Leben und trägt feinen Businesszwirn, der die breiten Schultern umhüllt. Die paar Falten zeigen Lebenserfahrung und stehen ihm gut zu Gesicht, der Händedruck ist kräftig. Gut gehalten, mag man da ausrufen. Grade wenn man das bedenkliche Alter bedenkt. 125 Jahre zurück … Im Jahr 1891 … wurde der Österreichische Ruderverband gegründet. Ebenso der FC Brügge, und das Robert Koch-Institut. Was damals begann und heute immer noch Bestand hat, muss irgendwie eine gute Idee sein. Der Österreichische Ruderverband etwa hat in den letzten 125 Jahren schon eine Bronzemedaille gewonnen. Ein exzellentes Abschneiden im Vergleich etwa zum österreichischen Fußballverband im gleichen Zeitraum.

Im Jahr 1891 begann in Wladiwostock der Bau der transsibirischen Eisenbahn – Erfolgsgeschichte. Bismarck führte die gesetzliche Rentenversicherung ein – Erfolgsgeschichte. Auf Hawaii wurde erstmals eine Frau Königin – Erfolgsgeschichte, die sich nur knapp mehr als ein Jahrhundert später ähnlich in Deutschland zutragen sollte. Und dann trafen sich 1891 auch elf feine Herren mit Zylindern und Schnurrbärten in einem Hotel in Hannover, um einen Verein zu gründen. 125 Jahre später ist der Dresscode nicht mehr Schnurrbart und Zylinder, sondern „dunkler Anzug, kurzes Kleid“, der Anlass ist der gleiche: Der VDW. Es gibt ihn immer noch, muss also irgendwie ne gute Idee gewesen sein. Erfolg und Misserfolg, sich halten und vergehen, gehen über einen solch langen Zeitraum Hand in Hand. Beispiel: Als sich 1835 die Jungfernfahrt des Adlers von Nürnberg nach Fürth ereignete, war Jacob Grimm persönlich anwesend und beschrieb Fürth als „eine neue, aufblühende Stadt“. Gleiches Prinzip: Die Eisenbahn hat sich durchgesetzt, Fürth eher nicht so. Im Jahr 1891 waren die richtig heißen Eisen im gesellschaftlichen Diskurs „Monarchie – geil oder sehr geil?“ und „Wie kann ich mein Pferd auf 2 PS aufrüsten?“ Top-Themen der heutigen Zeit sind es etwa, Speicherkarten immer kleiner und Telefone jetzt doch wieder viel größer zu kriegen, oder auch: „Demokratie - naja, bis uns was Besseres einfällt“.

Seit 1891 hat sich ein wenig was getan und die Welt hat sich ein bisschen verändert. Allein, dass ich diesen Text von einem iPad ablese, das aussieht wie fünf Blätter Papier, zeigt, was die Industrie zu leisten in der Lage ist, zeigt den rasanten Fortschritt, inmitten dessen wir uns stetig befinden. Ja, die Welt hat sich verändert, und wie! Für ein Geschäftsmeeting mit einer amerikanischen Firma war man im 19. Jahrhundert ein halbes Jahr lang unterwegs, um mit dem Schiff hin und zurückzukommen. „Schatz, ich fahr mal eben für ein Geschäftsessen nach New York, ne. Wir sehen uns so im Juni wieder. Frohe Weihnachten!“ Und jetzt? Skype aufmachen, Pling-Pling, in 2 Sekunden sitzt man sich gegenüber. Oder halt doch mal ein paar Stunden opfern, um hinzufliegen. Ist doch irgendwie angenehmer.

Natürlich halten sich über eine solche Zeit Dinge, die einfach sinnvoll sind. Bohrmaschinen zum Beispiel. Gebohrt wird immer. Irgendwo Löcher reinmachen ist eine sinnvolle Angewohnheit der Menschheit. Ob man jetzt ein Loch in die Wand bohrt, um da nen Dübel reinzustecken oder den Gotthart-Tunnel. Prinzipiell nimmt man zu beidem ne Bohrmaschine. Bohren, ein Erfolgsmodell, das sich noch ein bisschen halten wird. So einfach und doch so spektakulär. Spektakulär ist aber auch, was in den letzten 125 Jahren so alles erfunden wurde und sich NICHT gehalten hat.

Hier nur mal drei Beispiele:

  • Ein Vogelkäfig zum Umhängen in Form eines Rucksacks
  • Ein Krabbelanzug mit Swiffer-Aufsatz, damit das Baby beim Herumkrabbeln nebenher die Wohnung saubermachen kann
  • Ein sogenannter Kettenraucher in Form einer Flöte, durch die man zehn Zigaretten auf einmal rauchen kann.

Wir alle sind in der Frage vereint: Warum gibt es das bloß nicht mehr? Weitere drei Beispiele

aus der Welt des Maschinenbaus:

  • Ein kombiniertes Flug-Automobil mit Flügel- und Propelleraufsatz - das allerdings nur seinen

kurzen Jungfernflug 1947 erlebte

  • Eine motorisierte Eistüte, die die Eiskugel von selbst dreht und einem so die Arbeit

abnimmt, umständlich selbst schlecken und die Zunge bewegen zu müssen

  • Ein Automat, aus dem man auf der Straße Whisky zapfen kann.

All die klugen Geister, die sich diese bahnbrechenden Neuerungen ausgedacht haben, sind heute leider nicht hier. Und zwar mit dem größten, vorstellbaren Recht. Hier sind Vertreter von Firmen, die wirklich etwas bewegt haben, die die Industrie vorangetrieben haben, die auf der ganzen Welt aktiv sind, das Label „Made in Germany“ ausmachen, die … aber das wissen Sie ja selbst, ich bin nicht hier, um Sie zu loben, also hängen wir das alles mal eine Ebene tiefer …

Hier sind Vertreter von Firmen, die sich, unter dem behütenden Mantel des VDW, zum gemeinsamen Freudentaumel und Alkoholgenuss zusammengefunden haben – und dazu, gemeinschaftlich zu verdrängen, dass wir alle gerade ein Deutschlandspiel verpassen. Wenn das nicht zusammenschweißt! Da trifft man sich mal in großer Runde und bekommt statt einer Video-Leinwand mit Fußball einen Poetry Slammer vorgesetzt. Na vielen Dank auch! Wenn man sich denn schon mal über den Weg läuft … passiert ja auch nicht jeden Tag. Wo trifft man sich denn sonst? Auf Messen. Messen. Die überdimensionierte Weiterentwicklung des beliebten Kindergartenspiels „Zeigst du mir deines, zeig ich dir meines“. „Ja, du hast da schon ne ordentliche Maschine. Willst du mal meine sehen? Du darfst sie sogar anfassen.“

Ich selbst bin berufsbedingt eher auf Buchmessen anzutreffen, die sich ja vornehmlich dadurch auszeichnen, dass auf ihnen absolut gar nichts passiert. Einquadratmeterbreite Stände in langen, langen, langen Reihen, alle paar Meter liest ein sogenannter Schriftsteller sein Buch in die Luft und die meisten Zuschauer sind eh nur dafür da, um Bücher zu klauen und Gratis-Kugelschreiber einzustecken.

Erste goldene Messeregel: Es gibt alles umsonst – man muss nur wissen, an welchem Stand. Leichtes Frühstück, Mittagessen, Abendsnack. Zwischendurch ein paar Gummibärchen. Lust auf einen Kaffee? Heute Sektempfang in Halle 3, an Stand 14.B12 wird ein Spanferkel gegrillt,

Zerteilung und Ausgabe ab 13 Uhr. Darf ich Ihnen einen Jutebeutel von uns mitgeben, mit wenigen Dutzend Infobroschüren? Mal am Glücksrad drehen? Gewinne, Gewinne, Gewinne. Und wie wäre es mit einem gratis Kugelschreiber? – Ein Kugelschreiber, ja natürlich, gern!

Lassen Sie es mich so sagen: Wer über eine beliebige Messe geht und mit weniger als 15 neuen Kugelschreibern nach Hause kommt, der hat nicht gelebt! Industriemessen haben gegenüber Buchmessen einen entscheidenden Vorteil: Es gibt etwas, das man sich anschauen kann. Greifarme greifen, Rechner rechnen, Pumpen pumpen, Roboter bringen einem ein Bier. Mächtige Zahnräder greifen goldglänzend ineinander, riesige Maschinen, die zerteilt auf 20 LKW angekarrt werden mussten, bauen nebenan neue Roboter, die Bier bringen. Es wird gescannt, gelasert, geschliffen und 3D-gedruckt, was das Zeug hält. Die Maschine ist der Star, die Show ist die Show. Ja, man kann ohne Übertreibung sagen: Die Industriemesse an sich ist das Helene-Fischer-Konzert unter den Messen.

Wenn ich das nächste Mal auf einer Buchmesse in Leipzig oder Frankfurt sein werde, um vorzulesen und anderer Leute Bücher zu klauen, werde ich mit mindestens einem weinenden Auge an die EMO Hannover denken und ausrufen: „Installiert hier gefälligst mal was mit Greifarmen! Und mehr Dinge, die blinken! Das ist das einzig Wahre!“ Wie gut, wie passend, wie unumgänglich, dass wir auch heute auf einem Messegelände sind, um den VDW ordentlich abzufeiern. Schön, dass wir uns treffen.

Alles Gute zur großen 125! Prost!

 

Bildquelle: VDW

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