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Studienergebnisse zur Photonik in Asien rütteln auf

Juli 2015
29
Autor: Manuel Löhmann (Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)
Firma: Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V.
Studienergebnisse zur Photonik in Asien rütteln auf

Ende Juni stellte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) gemeinsam mit dem Branchenverband Spectaris die neue Strategiestudie auf der Laser-Messe in München vor. Die vom Bundesforschungsministerium (BMBF) unterstützte Untersuchung analysiert die auf Photonik abzielende Industriepolitik in Asien samt ihrer Durchsetzungsstrategien. Besonderer Fokus liegt dabei auf den Bereichen Optische Produktionstechnik, Bildverarbeitung und Medizintechnik. Die Ergebnisse rufen zu fortführender Diskussion und Handlungsbedarf in Industrie und Politik auf.

 

Die Botschaften, die den rund 50 Teilnehmern aus der Industrie, aber auch der politischen Ebene, vertreten durch Dr. Frank Schlie-Roosen, Referatsleiter Photonik im BMBF und Wolfgang Boch, Leiter der Photonics Unit/DG Connect in der Europäischen Kommission, präsentiert werden, rütteln auf. Die Studie „Politische Lenkungsprozesse in Asien mit Ausrichtung auf die Photonikindustrie“, durchgeführt von dem Beratungsunternehmen Euro Asia Consulting (EAC), deckt die Fördermechanismen und -strategien der drei asiatischen Länder – China, Südkorea und Japan – von heute bis zum Jahr 2020 auf. Dazu wurden mehr als 5 000 öffentliche Förderprogramme untersucht und zahlreiche Interviews mit den zuständigen öffentlichen Stellen und Verbänden sowie in Asien tätigen deutschen Unternehmen geführt.

 

Herausforderungen im Wettbewerb mit Asien

Die Ziele asiatischer Forschungs- und Innovationspolitik werden sich in den nächsten Jahren stark auf die heutige Domäne deutscher und europäischer Photonik-Anbieter fokussieren. Das betrifft vor allem die Lasermaterialbearbeitung, Lithografie, Bildverarbeitung und Medizintechnik. Das Fördervolumen der drei Länder wird sich von rd. 2,1 Mrd. Euro in 2014 auf 4,2 Mrd. Euro bis zum Jahr 2020 verdoppeln! Dabei ist noch kritischer zu sehen, dass es insbesondere in China einen Paradigmenwechsel geben wird. Ab 2017 folgt das Land dem Vorbild industriegetriebener Agenda-Prozesse für die Ausgestaltung staatlicher Fördermaßnahmen, so wie es in Deutschland und Europa üblich ist. Durch die intensivierte strategische Kooperation von Regierung und Industrie zielen alle drei Länder darauf ab, das so genannte „Valley of Death“ zu überbrücken und die Umsetzung von Forschungsergebnissen in marktfähige Produkte zu beschleunigen. Die Herausforderungen, die diese „Lernkurve“ der Asiaten mit sich bringt, werden zukünftig sicherlich nicht auf die betrachteten Photonik-Segmente beschränkt bleiben. Es ist zu vermuten, dass auch die Werkzeugmaschinenindustrie und der gesamte Maschinenbau davon betroffen sind.

„Wir sehen das Ganze aus einer derzeitigen Position der Stärke heraus als Signal an die Herstellerfirmen in Deutschland und Europa. Es ist sicherlich günstiger, auf Gefahrenpotenziale hinzuweisen, die seitens deutscher Industrie und BMBF bewusst auf das Radar gesetzt wurden, statt sich vor dem Hintergrund von aktuellem Know-how-Vorsprung und vorübergehend erhöhter Preiswettbewerbsfähigkeit zurückzulehnen“, erklärte Gerhard Hein, Geschäftsführer der VDMA AG Laser und Lasersysteme für die Materialbearbeitung anlässlich der Studienpräsentation.

 

China restrukturiert seine Förderstrategien grundlegend

Laut Studie erfährt die Photonik-Industrie in China enorm schnelles und konstantes Wachstum. Das gilt besonders aufgrund des großen Inlandsmarkts. Neben den bekanntermaßen starken Photonik-Segmenten Informationstechnologie und Photovoltaik gilt die größte Aufmerksamkeit der chinesischen Regierung aktuell und zukünftig der Produktionstechnik. Bildverarbeitung und Medizintechnik stehen bisher noch nicht explizit im Fokus, werden aber erwartungsgemäß in den nächsten Jahren verstärkte strategische Relevanz haben. In Sachen politischer Lenkungsprozesse wird sich der bisherige Top-down-Ansatz der chinesischen Regierung ab 2017 maßgeblich ändern. Zukünftig geht der Fokus über die reine Grundlagenforschung und Entwicklung hinaus hin zu einem marktgetriebenen Ansatz, bei dem der private Sektor aktiv als Mitgestalter und Empfänger staatlicher Forschungs- und Innovationsprogramme eingebunden werden soll. Innovations- und Prozessketten sollen erweitert werden, um den Technologietransfer und die Kommerzialisierung von Innovationen effizienter zu gestalten. Damit hat China die Fehler in seinen bisherigen staatlichen Lenkungsprozessen erkannt und reagiert mit alarmierenden neuen Strategien.

 

Japan auf Zukunftsthemen fokussiert

Japan, einst einer der stärksten Wettbewerber im globalen Photonikmarkt, bekommt mittlerweile auch verstärkt Konkurrenz aus kostengünstigeren Produktionsländern wie China oder Südkorea. Der zukünftige Strategie- und Forschungsfokus der japanischen Regierung verschiebt sich aufgrund von Marktverlusten in den vergangenen Jahren weg von der Produktionstechnik hin zu den Bereichen Medizintechnik und Bildverarbeitung. Starker Motivator hierfür ist Japans schnell alternde Bevölkerung bzw. der Schwerpunkt auf die Robotik-Industrie. Trotz hohen technologischen Niveaus ist bis 2020 kein signifikanter Fördermittelanstieg in den Photonik-Segmenten zu erwarten. Stattdessen wird sich wahrscheinlich die Verteilung ändern und die Fördermittel der Produktionstechnik zu Gunsten der Medizintechnik und Bildverarbeitung reduziert werden. Die politischen Lenkungsprozesse der japanischen Regierung sind markt- und industriegetrieben und entsprechen dem Bottom-up-Ansatz. Die besonders enge Kooperation von Regierung, Industrie und Forschungslandschaft spiegelt den effizienten Technologietransfer zur Kommerzialisierung wider, mit dem Japan den Wettbewerbern begegnet.

 

Südkorea hat die effektivste Industriepolitik

Südkorea hat traditionell einen hohen Marktanteil in den Bereichen Displays und Informationstechnologie mit hoher vertikaler Integration entlang der Wertschöpfungskette. Mit Blick auf die untersuchten Photonik-Segmente investiert Südkorea aktuell und zukünftig die höchsten Fördersummen von allen drei Ländern. Bis 2017 sollen die Forschungsaufwendungen um 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht und die staatlichen Förderprogramme noch marktorientierter gestaltet werden. Neben der aktiven Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen zielt die südkoreanische Regierung auf die Lokalisation von Kerntechnologien und die Steigerung der Exportkapazität ab. Ähnlich wie in Deutschland wird auch die Zusammenarbeit von Forschung und Industrie durch die Bildung von Konsortien und Clustern für gemeinsame Förderprojekte aktiv unterstützt. Mit einer Kombination von Top-down und Bottom-up-Ansatz hat das Land die effizientesten politischen Lenkungsmechanismen der untersuchten Länder. Auch der technologische Reifegrad ist hier am höchsten.

 

Studie soll zum Handeln animieren

Die Studie bildet einen wichtigen, aber sicherlich keinen abschließenden Baustein. Alle Beteiligten unterstrichen den kontinuierlichen Handlungsbedarf und eine möglichst breite Diffusion der Studienergebnisse innerhalb der Industrie. „Es geht um gesteigerte Aufmerksamkeit für die strategischen Ziele der Asiaten und um eine gemeinsame und rechtzeitige Positionierung in Deutschland und Europa“, schließt Gerhard Hein die Studienvorstellung ab. Basierend auf den Erkenntnissen werden das VDMA-Forum Photonik und die AG Laser und Lasersysteme die Diskussion über mögliche Chancen und Handlungsempfehlungen mit der deutschen Industrie und Politik vertiefend fortführen. Dabei steht auch die Frage im Vordergrund, in welchem Ausmaß sich ein europäisches/deutsches Unternehmen für die Kooperation mit asiatischen Partnern öffnen muss oder sollte, um Marktverluste vorzubeugen.

Weitere Informationen zur Studie finden Sie hier.

 

Bildquelle: Fotolia

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